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Schwarzwaldmilch stellt sich dem Markt

Andreas Schneider, Geschäftsführer der Schwarzwaldmilch in seiner Welt: zwischen Milchtanks.
Schwarzwaldmilch

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Ein süßlicher Geruch liegt in der Luft. Der Besucher steht auf einer Galerie, unter ihm fahren die Kartons auf Edelstahlrollen in mehreren Etagen um die Kurven. Um Platz zu sparen, heben kleine Aufzüge die Produkte in eine höhere Ebene. Der Raum ist begrenzt. „Die Verarbeitungs- und Verpackungsmaschinen wurden genau auf unseren Wunsch hin für diesen Raum angefertigt“, sagt Andreas Schneider, Geschäftsführer der Schwarzwaldmilch GmbH in genossenschaftlicher Hand im weißen Mantel und mit Haarnetz auf dem Kopf. Jeder Besucher muss diese Kluft tragen sowie Schuhe und Hände reinigen, um ins Herz der Molkerei zu gelangen. Fotografieren ist nicht erlaubt. „Hier sind sechs bis sieben Molkereien in einem Raum untergebracht“, sagt er und zeigt auf die Verarbeitungsstraßen, die abgefüllte Joghurtbecher ausspucken und die die Milch in die verschiedenen Verpackungen bringen. Die Produkte finden sich in Tetra- Paks, Joghurtbechern aus Plastik und aus Glas wieder. Sie heißen Jogi, Lac für laktosefrei oder Bio, und die täglich 600.000 Liter Milch, die hier verarbeitet werden, kommen von 1.100 Milchbauern aus der Region. „Erfrischend echt“, lautet der Slogan der Schwarzwaldmilch – nur original mit dem roten Bollenhut im Logo. Vom Werbeplakat lacht dazu eine blonde junge Frau. „Anna“ heißt sie und ist real, wie Geschäftsführer Schneider ganz unaufgeregt erwähnt, während er schnellen Schrittes eine Treppe hinabgeht: „Sie kommt von hier, studiert Agrarwissenschaften, ist Tochter einer unserer Milchbauern und passt gut zu unserem Konzept.“

Die Molkerei im Spannungsfeld zwischen Landwirt und Kunde

Das Betriebsgelände der Molkerei Schwarzwaldmilch.
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Geht Schneider durch die Verarbeitungs- und Verpackungshalle im Unternehmen, grüßt er die Mitarbeiter und macht dem Besucher den Weg frei. Im Büro entledigt er sich seines weißen Mantels mit dem Bollenhut-Logo und der dunkle Anzug mit der türkisfarbenen Krawatte kommt zum Vorschein. „Der deutsche Milchmarkt ist nicht impulsiv, es gibt kaum mehr Basisinnovationen, derzeit kommt es weltweit zu Nachfragerückgängen“, analysiert er. Molkereien stehen im Spannungsfeld zwischen Landwirten und Kunden. Die Auswirkungen des Endes der Milchquote, des russischen Importembargos und der chinesischen Kaufzurückhaltung drücken auf die Milchpreise. 2014 war ein Rekordjahr für die Molkerei gewesen, deren Eigentümer die genossenschaftliche Milcherzeugervereinigung Breisgau-Südschwarzwald (MEV) ist. „Unser Ziel ist es, einen absolut wettbewerbsfähigen Milchauszahlungspreis anzustreben“, sagt der Geschäftsführer. 2014 konnte das Unternehmen den höchsten Milchauszahlungspreis in Deutschland erzielen. Er sieht zwei Hauptaufgaben für die GmbH: Das Unternehmen weiterentwickeln und einen guten Auszahlungspreis erreichen. „Wir sind durch die Genossenschaft determiniert und müssen die Landwirtschaft, die im Schwarzwald häufig durch Hanglagen und kleine Höfe mit durchschnittlich 30 Milchkühen pro Hof geprägt ist, absichern, indem wir die Milch durch Veredelungstechniken absetzen.“ An zwei Standorten tut die Molkerei dies mit rund 340 Mitarbeitern: In Freiburg werden Frischprodukte wie Milch, Joghurt, Butter und Sahne hergestellt. In Offenburg wird Milch zu Milchpulver getrocknet und an Industriekunden weltweit verkauft. Ein Drittel des Gesamtumsatzes der Molkerei von 187 Millionen Euro im Jahr 2014 ist dem Standort Offenburg zuzuordnen.

Ausstieg der Milcherzeugergemeinschaft Ortenau eG

Den Ausstieg der Milcherzeugergemeinschaft Ortenau eG (MEG) zum Ende des Jahres 2014 hat die Molkerei gut verkraftet, wie Schneider sagt. Er verzieht auf die Frage danach keine Miene: „Wir haben eine einvernehmliche Regelung gefunden, seit 1.1.2015 sind die Verbindungen zur MEG aufgehoben, wir sind seitdem fokussierter und griffiger geworden und können schneller handeln.“ Der Streit dauerte schon Jahre an. Die MEG hielt – neben der MEV als Eigentümer – 19,7 Prozent am Grundkapital der Schwarzwaldmilch. Die Genossenschaft MEG wollte die Verträge über sie bündeln und keine Einzelverträge mit jedem Landwirt. Zudem gab es Diskussionen um die Auszahlungspreise. Andreas Schneider kam im Oktober 2013. Zuvor war der 51-Jährige acht Jahre Geschäftsführer der Hochwald Nahrungsmittel-Werke GmbH. Seit Anfang 2015 gehen Schwarzwaldmilch und MEG getrennte Wege. Das bedeutet: rund 200 Landwirte weniger. Doch die Milchmenge ist mit 212 Millionen Litern konstant geblieben. „Wir konnten neue Landwirte gewinnen“, sagt Schneider. Er forciere dies nicht, aber die Auszahlungspreise und das Konzept der Schwarzwaldmilch sprächen für sich. Schneider will, dass die Identifikation der Landwirte mit der Molkerei steigt. Sie werden nach Freiburg eingeladen, um sich selbst ein Bild vom Betrieb, geplanten Veränderungen etc. machen zu können. „In großen Genossenschaften ist die Identifikation schwierig“, sagt er.

Werksverkauf auf dem Betriebsgelände der Schwarzwaldmilch

Das Betriebsgelände der Schwarzwaldmilch liegt im Freiburger Stadtteil Haslach. Die LKW der Molkerei mit „Anna“ und dem Bollenhut ist omnipräsent. Die einen sagen, es sei ein nicht so gutes Viertel, andere – vor allem Studenten – wohnen dort und mögen die umliegenden Ausgehmöglichkeiten. Der Werksverkauf befindet sich auf dem Betriebsgelände. Die Kunden sind Studenten, die mit dem Fahrrad ankommen, sowie andere Freiburger, die mit dem Auto vorfahren. Die Öffnungszeiten des Ladens sind begrenzt, die Schlange an der Kasse lang, aber ein Probierjoghurt verkürzt die Wartezeit. Brotaufstriche, Joghurts, Milch und auch den Bio-Käse der Molkerei können die Kunden unter anderem hier kaufen. Der Bio-Käse sorgte für einiges Furore, denn er wird aus Kostengründen im Allgäu produziert – aber mit Schwarzwaldmilch. „Wo Schwarzwaldmilch drauf steht, muss auch Schwarzwaldmilch drin sein“, sagt Schneider unbeeindruckt, „wir sind der größte Biovermarkter für Milchprodukte in Baden-Württemberg. Der Bio-Käse hat sich schon gut etabliert, wir denken in kleinen Schritten und verkaufen ihn erst regional beschränkt, dann wollen wir alles Weitere angehen.“ An oberster Stelle steht für ihn die Konzentration und Weiterentwicklung des Markensortiments, das auf Regionalität und Qualität fußt. Zwei Drittel des Umsatzes an Frischprodukten kommen von den Markenprodukten wie Bio, Weidemilch und Lac – der laktosefreien Produktserie. Den Rest machen Handelsmarken aus. Die Marke LAC verkauft Schwarzwaldmilch deutschlandweit. „Hier sind wir die Nummer eins in Baden-Württemberg“, sagt Schneider. Diese stabilen Trend- und Nischenprodukte sind wichtig für die Differenzierung des Unternehmens in einem Markt, der kaum mehr Basisinnovationen hergibt. „Bio ist für uns ein stabiler Trend und keine Mode – ein zweistelliger Wachstumsmarkt“, analysiert der 51-Jährige. Seine Antworten kommen schnell und unaufgeregt.

Schwarzwälder Milch in China

Die Vermarktung der Schwarzwaldmilch auf einem chinesischen Onlineportal.
Die Vermarktung der Schwarzwaldmilch auf einem chinesischen Onlineportal.

„Unser Fokus in der Vermarktung liegt zuallererst auf Baden, dann Württemberg, Deutschland und dann über die Landesgrenzen hinaus. Wir wollen keinen Markt liegen lassen“, sagt er. In viele EU-Länder exportiert die Molkerei ihre Produkte schon. Die Milchkartons aus dem Schwarzwald werden auch nach China verschifft. 21.600 Milchpackungen passen in einen Container. Diese werden auf dem Betriebsgelände gefüllt – ohne Paletten. Auf einer Kunststoffbahn werden sie so gestapelt, dass sie im Container stabil bleiben, und dann hineingeschoben. Vier Wochen dauert die Reise der Milchkartons mit Bollenhut, deutscher Aufschrift und Aufkleber auf Chinesisch. Sie werden in China zum Großteil über das Internet verkauft – umgerechnet für rund 2,75 Euro für den Liter. „Das Produkt muss in China genauso aussehen wie hier“, sagt Schneider. Nach dem Melamin-Skandal 2008 sind die chinesischen Verbraucher vorsichtig geworden. Der Export-Anteil der Molkerei lag 2014 bei 12 Prozent des Gesamtumsatzes. Schneiders Ziel ist es, diesen innerhalb von fünf Jahren zu verdoppeln. Das ist ein sportliches Ziel angesichts der Marktentwicklungen. „Wir spüren weltweit Nachfragerückgänge“, sagt Schneider, seine blauen Augen ruhen auf dem Gesicht seines Gesprächspartners: Durch das Russlandembargo blieben rund 2 Milliarden Liter Milch außerhalb der Landesgrenzen, durch den Ebola-Ausbruch sei der Warenverkehr nach Afrika eingebrochen, in Libyen herrschten noch Krisen- und im Libanon Kriegszustände. Doch Schneider hat Ziele für das Unternehmen und einen Plan, wie er diese erreicht. Seit er bei Schwarzwaldmilch ist, habe er die Stärken und Schwächen des Unternehmens analysiert. In Zukunft werden die Leitlinien des Unternehmens in jedem Besprechungsraum hängen. An allererster Stelle stehen für ihn Herkunftsgarantie und Qualität („die nur hier so erlebbar ist“). In der Umsetzung steht für ihn die Markenorientierung ganz weit oben und dann kommt irgendwann der Export. Die Unruhen auf dem Milchmarkt und die volatilen Preise scheinen ihn unmerklich zu beeindrucken: „Wir müssen uns dem Markt stellen“, sagt er, „wir nehmen ihn an und versuchen uns zu optimieren.“

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