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Genossenschaftliche Konzepte für die Daten- und Plattformökonomie

Menschen im Business-Look stehen gut gelaunt beieinander und schauen gemeinsam auf ein Tablet
DG Nexolution

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Die Daten- und Plattformökonomie hat bereits tiefgreifende Auswirkungen auf die globale Arbeitsteilung, den Wettbewerb und die gesamte Gesellschaft. Bislang profitieren aber oftmals Großunternehmen von den verfügbaren Daten und entwickeln immer neue digitale Geschäftsmodelle. Auch der Einsatz Künstlicher Intelligenz (KI) spielt dabei eine immer wichtigere Rolle. Bei den kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) beschränkt sich die Digitalisierung bislang hauptsächlich auf die Verbesserung interner Prozesse. Dauerhafte Wettbewerbsvorteile und die daraus resultierende Wertschöpfung liegen aber vor allem in neuen Geschäftsmodellen.

Gerade die Vielzahl der mittelständischen Unternehmen, die die baden-württembergische Wirtschaft nach wie vor maßgeblich prägen, könnten in der Daten- und Plattformökonomie neue Wertschöpfungspotenziale erschließen. Viele Vorteile liegen darin, dieses Vorhaben gemeinsam anzugehen. Denn in Zeiten des Arbeitskräftemangels und der krisenbedingten Unsicherheiten wie Inflation und Unterbrechungen in den Lieferketten fällt es den KMU oftmals schwer, die notwendigen finanziellen und personellen Ressourcen für die Etablierung neuer, digitaler Geschäftsmodelle aufzubringen. Die Rechts- und Unternehmensform der eingetragenen Genossenschaft (eG) ermöglicht es auch dem Mittelstand, das große Thema Daten unbürokratisch anzugehen, ohne ein allzu großes finanzielles Risiko einzugehen oder die Selbstständigkeit aufzugeben.

Projekt „Datengenossenschaften“ bietet vielversprechende Lösungsansätze

Die Kooperation von Unternehmen im Rahmen einer sogenannten „Datengenossenschaft“ besitzt weitere deutliche Vorzüge, um KMU den Zugang zu neuen Leistungsangeboten zu ermöglichen. Bisher liegen Daten häufig bei einzelnen Maschinen, Systemen und Partnern in Datensilos vor. Für aussagekräftige Berichte und KI-Lösungen ist allerdings das Verknüpfen von Daten unterschiedlicher Partner – insbesondere entlang der Wertschöpfungskette – notwendig. Das Ausschöpfen der Potenziale erfordert daher das Zusammenführen von Daten unterschiedlicher Partner. Erst die kooperative Nutzung von Daten und der Einsatz von KI ermöglichen die Gestaltung von neuen Geschäftsmodellen. Um die wirtschaftlichen Potenziale der Daten zu nutzen, müssen sich unternehmensübergreifende Netzwerke – sogenannte Ökosysteme – bilden, in denen Daten geteilt werden. Die genossenschaftliche Rechts- und Unternehmensform schafft hierfür eine geeignete Grundlage, auf der Unternehmen vertrauenswürdig miteinander kooperieren können.

Dieses Konzept „Datengenossenschaft“ hat der BWGV gemeinsam mit dem Ferdinand-Steinbeis-Institut sowie den Lehrstühlen für Controlling und Wirtschaftsinformatik 1 der Universität Stuttgart in einem Projekt untersucht und anhand von Piloten erste Erkenntnisse über die reale Umsetzung gesammelt. Das erarbeitete Konzept eignet sich für Unternehmen jeder Branche und lässt sich durch die Flexibilität der eingetragenen Genossenschaft individuell auf die Bedürfnisse der jeweiligen Partner anpassen. Das Förderprojekt lief zwischen Juni 2020 und Dezember 2022 und wurde vom Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Tourismus Baden-Württemberg gefördert.

Digitale Plattformen und Online-Marktplätze ergänzen analoge Angebote

Während das Konzept „Datengenossenschaft“ auf den B2B-Bereich zugeschnitten ist, können digitale, kooperativ organisierte Geschäftsmodelle selbstverständlich auch im B2C-Bereich zum Tragen kommen. Durch die Vernetzung der lokalen Akteure (online und offline) können im Rahmen genossenschaftlicher Plattformen Handels-, Dienstleistungs- und Behördenangebote gebündelt werden. Das entlastet die Händler, Betriebe und Unternehmen vor Ort, schafft zusätzliche digitale Perspektiven und stärkt die Nahversorgung vor Ort. Solche Online-Portale stellen einen Marktplatz für lokale Geschäfte und regionale Produkte und Dienstleistungen zur Verfügung und eröffnen gleichzeitig die Möglichkeit, Kunden umfassend zu informieren und ihnen dieselben Annehmlichkeiten zu bieten wie große Plattform-Unternehmen. Gleichzeitig bleibt aber die Wertschöpfung in der Region. Idealerweise ist eine solche Plattform offen für den Anschluss weiterer Partner – etwa Vereine oder Verwaltung – oder gar weiterer Orte und Regionen. Über die Einbindung der Genossenschaftlichen FinanzGruppe können dabei sowohl technisches Know-how zum Aufbau von Plattformen eingebracht als auch Möglichkeiten für die sichere Zahlungsabwicklung angeboten werden. Ein Beispiel dafür ist etwa die LocalGenie eG, die einen digitalen Marktplatz in Oberndorf und Umgebung betreibt und die verschiedensten Angebote der regionalen Unternehmen auf einer Seite vereint.

Interview mit David Hermanns, Geschäftsführer CyberForum e.V.

Herr Hermanns, was treibt Sie an?
David Hermanns, Geschäftsführer, CyberForum e.V., Karlsruhe
David Hermanns, Geschäftsführer, CyberForum e.V., Karlsruhe

Als Geschäftsführer treibt mich an, einen erfolgreichen Beitrag zur digitalen Transformation von Gesellschaft und Wirtschaft leisten zu können. Hierbei versuchen wir im CyberForum auch dem Mittelstand und den Start-ups Chancen zu eröffnen, sichtbar und erfolgreich zu werden. Mich fasziniert die Innovationskraft und die Chance, die die Digitalisierung für unsere Gesellschaft und Wirtschaft bereithält.

Als Mensch ist es meine Motivation, ein guter Familienvater und ein guter Freund zu sein. Außerdem neugierig zu bleiben, mich positiv weiterzuentwickeln und einen Beitrag zur Verbesserung unserer Gesellschaft leisten zu können.

Welchen Bezug haben Sie zu Genossenschaften?

Seit ich Geschäftsführer im CyberForum bin und mich mit Clustermanagement und Clusterpolitik beschäftige, wurde auch immer wieder die Genossenschaft als attraktive Organisationsform für Netzwerke und Cluster diskutiert und benannt. Bereits vor 14 Jahren bei unserem Spitzencluster-Wettbewerbsantrag hatten wir hierfür eine Genossenschaft vorgesehen. Diese Gesellschaftsform haben wir nun für die KI-Allianz BW gewählt, in der ich mit meinem Kollegen Dr. Walter Rogg Vorstand bin.Unsere Erwartungshaltung ist, dass das genossenschaftliche Modell eine Plattform für die KI-Entwicklung des Landes Baden-Württemberg aufbauen kann, ohne dass es von einzelnen Unternehmen oder Organisationen dominiert wird. Denn wir sind der Meinung, dass für ein Gelingen der digitalen Transformation – insbesondere mit Bezug zu Künstlicher Intelligenz eine menschenzentrierte, nachvollziehbare und nach unseren ethischen Wertvorstellungen aufgebaute Künstliche Intelligenz zum Einsatz kommen muss. Mit monozentristischen, monopolitischen oder autokratischen Systemen kann das aus unserer Sicht nicht gelingen.

Was wünschen Sie sich von Genossenschaften?

Ich wünsche mir von Genossenschaften, dass sie wieder so eine attraktive Gesellschaftsform wie vor 100 Jahren werden.

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