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Praxisnah und unabhängig: die Forschungsstelle für Genossenschaftswesen

Forschungsstelle für Genossenschaftswesen
Forschungsstelle für Genossenschaftswesen

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Die Forschungsstelle ist zwar in den Räumen der Universität Hohenheim angesiedelt und wird als Abteilung der Universität geführt, aber ihre Finanzierung erfolgt durch einen Förderverein, in dem viele baden-württembergische Genossenschaften Mitglied sind. Dieser Förderverein bringt Forschungsfragen, Ideen und Anregungen in die Arbeit der Forschungsstelle ein.

Seit ihrer Gründung verfolgt die Forschungsstelle für Genossenschaftswesen einen interdisziplinären Forschungsansatz und setzt sich mit Fragestellungen aus allen genossenschaftlich Branchenfeldern auseinander. Auf diese Weise werden wissenschaftlich fundierte und gleichzeitig praxisorientierte Ergebnisse erarbeitet. Ziel dabei ist es, Genossenschaften durch die Fortschreibung von Grundlagenerkenntnissen und zukunftsorientierten Handlungsempfehlungen, beispielsweise zur strategischen Ausrichtung im Hinblick auf anstehende Herausforderungen, bestmöglich zu unterstützen.

Dabei ist die Forschungsstelle unabhängig und somit weder darauf angewiesen, auf Basis der Durchführung von Forschungsprojekten einen finanziellen Ertrag zu erwirtschaften, noch ist sie finanziell von einem einzelnen Gremium, Verband oder Förderprogramm abhängig. Die Auswahl von Forschungsthemen, mit denen sich die Forschungsstelle beschäftigt, obliegt der ehrenamtlich wirkenden wissenschaftlichen Leitung, welche die Themen in Abstimmung mit dem Förderverein auswählt. Aktuelle gesellschafts- und agrarpolitische Themenstellungen, wie zum Beispiel der Green Deal, die Nachhaltigkeit innerhalb von genossenschaftlich geprägten Unternehmen oder neue Herausforderungen bei Zertifizierungen und Vermarktung sind dabei Kern der täglichen Arbeit.

Forschungsschwerpunkte der Forschungsstelle

Gemeinsam mit dem Fachgebiet für Agrarmärkte der Universität Hohenheim arbeitet die Forschungsstelle für Genossenschaftswesen beispielsweise derzeit an einer Studie zur Bedeutung baden-württembergischer Genossenschaften für die Zukunft der Wertschöpfungsketten im Agrar- und Ernährungssektor. Im Fokus steht dabei, welchen Beitrag baden-württembergische Genossenschaften zu Nachhaltigkeit, Resilienz und Wettbewerbsfähigkeit bereits heute beziehungsweise zukünftig leisten können und wie regionale Genossenschaften nachhaltiger und wettbewerbsfähiger werden können. 

Kooperationspartner und Unterstützer dieser Studie sind das Ministerium für Ernährung, Ländlichen Raum und Verbraucherschutz Baden-Württemberg (MLR) und der BWGV. Grundlage dieser wissenschaftlichen und gleichzeitig praxisorientierten Arbeit bilden Expertengespräche mit Geschäftsführerinnen und Geschäftsführern von Genossenschaften. Ziel ist es, genossenschaftliche Strategien für mehr Nachhaltigkeit, Resilienz und Wettbewerbsfähigkeit abzuleiten und branchenspezifische Handlungsempfehlungen zu formulieren.

Ein weiteres Forschungsprojekt beschäftigt sich mit der Frage, welche Strategien zum Erhalt und zur Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit von Genossenschaften am besten dienen können. Der Schwerpunkt liegt dabei auf landwirtschaftlichen Vermarktungs- und Verarbeitungsgenossenschaften. Hierbei wird am Beispiel des Weinsektors untersucht, wie sich die Preisgestaltung genossenschaftlicher Weine im Vergleich zu den Erzeugnissen anderer Unternehmensformen bewerten und gegebenenfalls steigern lässt. Zudem werden Aspekte der Nachhaltigkeit untersucht, die im Zuge der Neuausrichtung der agrarpolitischen Rahmenbedingungen in Unternehmensabläufe und Unternehmensstrategien zu integrieren sind. Dabei geht es auch um die Frage, welche potenziellen Herausforderungen und Chancen sich hierbei im Wettbewerb mit anderen Rechtsformen ergeben können.

Weitere Forschungsarbeiten der Forschungsstelle für Genossenschaftswesen beschäftigen sich derzeit mit Fragestellungen zur Digitalisierung und möglichen Innovationen innerhalb von Genossenschaften entlang von Wertschöpfungsketten. Das Augenmerk liegt dabei auf der Regionalität und der Daseinsfürsorge im ländlichen Raum. Kooperationen und Fusionen, insbesondere im Bankensektor, aber auch im Bereich der Agrar- und Ernährungswirtschaft bilden ebenfalls Forschungsfelder an der Forschungsstelle.

Organisationsstruktur der Forschungsstelle 

Finanzieller Träger, Unterstützer und Ideengeber der Forschungsstelle für Genossenschaftswesen ist der Verein zur Förderung der Forschungsstelle für Genossenschaftswesen e.V. Der Förderverein besteht aus 160 Mitgliedern, die größtenteils aus Baden-Württemberg stammen. Zu den Mitgliedern gehören Genossenschaftsbanken, gewerbliche und ländliche Genossenschaften, Unternehmen der genossenschaftlichen Gruppe, Verbände und Kooperationspartner sowie Einzelpersonen. Vorsitzender des Fördervereins ist Dr. Roman Glaser, Präsident des BWGV.

Die finanzielle Grundlage der Forschungsstelle bilden die Beiträge der Mitglieder des Fördervereins. Diese Einnahmen sind zweckgebunden und ausschließlich für wissenschaftliches Arbeiten zu verwenden. Auf dieser Grundlage kann die Forschungsstelle für Genossenschaftswesen unabhängige Untersuchungen durchführen und gleichzeitig mitgliederorientierte sowie praxisrelevante Themenstellungen bearbeiten. Die Forschungsergebnisse werden den Fördermitgliedern zur Verfügung gestellt und zielgerichtet veröffentlicht. Die enge Zusammenarbeit zwischen dem Förderverein und der Forschungsstelle garantiert eine effiziente und praxisrelevante Genossenschaftsforschung.

Die Grundlage für die Vielzahl an abgeschlossenen und veröffentlichten Dissertationen und Forschungsarbeiten mit genossenschaftlichem Forschungsschwerpunkt ist bis heute die enge Zusammenarbeit zwischen dem BWGV und der Forschungsstelle für Genossenschaftswesen. Neben Beiträgen in wissenschaftlichen Fachzeitschriften wie zum Beispiel der Zeitschrift für das gesamte Genossenschaftswesen (ZfgG) werden Forschungsergebnisse über die eigene Schriftreihe „Hohenheimer Genossenschaftsforschung“ (HGF) publiziert. Die Forschungsstelle führt in ihren Räumlichkeiten eine eigene „GenoBibliothek“, also eine Fachbibliothek für genossenschaftliche Literatur. Sie bietet Zugriff auf über 3.000 Bücher und Veröffentlichungen zu Genossenschaftshemen. 

Die Geschichte der Forschungsstelle

Der Ursprung der Forschungsstelle für Genossenschaftswesen an der Universität Hohenheim geht auf einen intensiven Gedankenaustausch zwischen Vertretern der wissenschaftlichen Genossenschaftsforschung und der Genossenschaftspraxis zurück. 1971 wurde die Forschungsstelle für Genossenschaftswesen an der Universität Hohenheim durch den damaligen Lehrstuhlinhaber für Wirtschafts- und Agrarpolitik, Prof. Dr. Helmut Röhm, gegründet. In dieser Zeit existierte in mehreren Fachbereichen der Universi-tät wissenschaftliche Genossenschaftsforschung, die durch die Gründung der Forschungsstelle für Genossenschaftswesen in einem Fachbereich zusammengefasst wurde. In den darauffolgenden Jahrzehnten entstand ein weitreichendes internationales und nationales Netzwerk. Dieses Netzwerk prägt die Forschungsstelle bis heute. 

Zahlreiche wissenschaftliche Projekte zu genossenschaftlichen Themenstellungen konnten in diesem Rahmen im internationalen Kontext bearbeitet und veröffentlicht werden. Auf den Gründer Prof. Dr. Helmut Röhm folgte im Jahr 1982 Prof. Dr. Werner Grosskopf, der die Forschungsstelle 25 Jahre leitete. 2007 übergab er sie an seinen Nachfolger Prof. Dr. Reiner Doluschitz und im Jahr 2021 übernahm Prof. Dr. Sebastian Hess die Leitung.

Das Team der Forschungsstelle für Genossenschaftswesen

Die Forschungsstelle wird seit 2021 von Prof. Dr. Sebastian Hess geleitet, der gleichzeitig auch Leiter des Fachgebiets Agrarmärkte an der Universität Hohenheim ist. Das Team der Forschungsstelle besteht aus den beiden Geschäftsführerinnen Dr. Pamela Lavèn und Dr. Nicola Bühler (ihre Elternzeit-Vertretung: Michael Gscheidle). Die derzeitige Doktorandin an der Forschungsstelle für Genossenschaftswesen, Rebecca Hansen, beschäftigt sich in ihrer Doktorarbeit mit dem Thema Anreizsysteme und Strategiebildung in Genossenschaften.

Strategische Neuausrichtung der Forschungsstelle 

Der in den vergangenen Jahren verstärkt stattfindende Konsolidierungsprozess innerhalb der Genossenschaften hat auch die Reduktion der Mitgliedsbeiträge im Verein zur Förderung der Forschungsstelle für Genossenschaften e.V. zur Folge. Die zunehmende Fusion von Genossenschaften ist insbesondere im genossenschaftlich organisierten Bankensektor sichtbar. Um die empirische Qualität der Forschungsstelle auch zukünftig zu erhalten und weiter auszubauen, ist der Förderverein auf neue Mitglieder angewiesen. Um auch der Hochschulstrategie gerecht zu werden, zukünftig noch wettbewerbsfähigere Strukturen innerhalb der Genossenschaftsforschung aufzubauen und damit den Genossenschaften als attraktiver Partner weiter erhalten zu bleiben, wurde jüngst an einer strategischen Neuausrichtung gearbeitet.

In den vergangenen Jahren haben sich die Anforderungen an eine akademische Promotion dahingehend weiterentwickelt, dass ein immer stärkeres Gewicht auf Veröffentlichungen in internationalen Fachzeitschriften gelegt wird. Hierzu eignen sich insbesondere langfristige und grundsätzliche genossenschaftliche Fragestellungen. Aus dem Kreis der Mitglieder des Fördervereins werden jedoch immer wieder praxisrelevante und tagesaktuelle Themen an die Forschungsstelle herangetragen Diese Fragestellungen erfordern häufig eine schnellere Bearbeitungszeit, als es eine über mehrere Jahre angelegte Dissertation leisten kann.

Damit jedoch praxisnahe Fragestellungen noch enger an den Bedürfnissen der Mitglieder bearbeitet und auch bei den vielfältig vertretenen Branchen innerhalb des Fördervereins zielgerichteter platziert werden können, wird in Zukunft neben dem etablierten Format der Förderung von Promotionsvorhaben auch die Stelle eines wissenschaftlichen Referenten/in ohne unmittelbare Promotionsabsicht geschaffen. Diese Referentenstelle wird ihre Arbeit voraussichtlich im Herbst 2022 aufnehmen. Auf diese Weise entsteht vor allem für die Mitglieder des Fördervereins der attraktive Vorteil, dass die Forschungsstelle schneller und flexibler auf Themenanfragen reagieren kann. Beispielsweise können Ergebnisse aus Mitgliederbefragungen im Auftrag einzelner Genossenschaften damit schneller vorgelegt und Arbeitspapiere, Gutachten oder Stellungnahmen zu aktuellen Themenstellungen in kürzerer Zeit erarbeitet werden. 

Das Team der Forschungsstelle für Genossenschaftswesen freut sich daher über Anfragen und Themenvorschläge, um weitere aktuelle und praxisrelevante Forschungsprojekte zu initiieren und gemeinsam an praxisrelevanten Genossenschaftsthemen zu arbeiten.

Forschungsstelle für Genossenschaftswesen - Team
Das Team der Forschungsstelle für Genossenschaftswesen an der Universität Hohenheim (v.l.n.r.): Dr. Pamela Lavèn,  Dr. Nicola Bühler, Prof. Dr. Sebastian Hess und Rebecca Hansen. 

 

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