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Genossenschaften gestalten die Energiewende in Baden-Württemberg

Stuttgart. Genossenschaften sind die idealen Partner der Energiewende in Baden-Württemberg. Denn die seit mehr als 160 Jahren bewährte Unternehmensform verbindet Bürgerbeteiligung mit handfesten finanziellen Vorteilen für die Mitglieder. „Die Erfahrung zeigt, dass die Akzeptanz von regionalen Projekten steigt, wenn man die Bürger einbindet“, sagt Dr. Roman Glaser, Mitglied des Vorstands des Baden-Württembergischen Genossenschaftsverbands (BWGV), beim BWGV-Energietag in Stuttgart. Auch Landesumweltminister Franz Untersteller unterstreicht im GENO-Haus die enorme Bedeutung von Genossenschaften beim Jahrhundertprojekt Energiewende und deren Akzeptanz in der Bevölkerung. Schon heute gibt es gut 110 Energie-Genossenschaften im Südwesten – und es kommen stets weitere hinzu. 2011 gab es 39 Neugründungen im Land, 2012 sind es bisher 19. Aktuell gibt es vor allem neue Initiativen in den Bereichen Nahwärmenetze und Windkraft.

Der Energiemarkt ist im Umbruch – ganz besonders in Baden-Württemberg, wo Umweltminister Franz Untersteller bis zum Jahr 2020 rund 1000 Windräder errichten lassen will. Dank der genossenschaftlichen Rechtsform können auch die Bürger kräftig bei der Energiewende mitmischen. „Wir freuen uns über jede genossenschaftliche Initiative im Land und unterstützen diese umfassend“, sagt Glaser, der designierte Präsident des BWGV. Die Rechtsform ist gerade für regionale Lösungen ideal, da sie die Bürger vor Ort mit einbezieht. Sie erhöht so die Akzeptanz bei den Menschen, was bei den merklichen Eingriffen ins Landschaftsbild – insbesondere durch Windräder – von sehr großer Bedeutung ist. Entscheidend ist laut Glaser, dass die Projekte zur Erzeugung Erneuerbarer Energien sorgfältig geplant und mit wirtschaftlichem Sachverstand umgesetzt werden. Nur so ist nachhaltiger Erfolg gewährleistet.

Genossenschaftsverband verstärkt Gründungsbegleitung

Aus diesem Grund unterstützt der Baden-Württembergische Genossenschaftsverband die Gründung neuer Energie-Genossenschaften. Der BWGV verstärkt seine Gründungsberatung, um Neugründungen und bereits bestehende Energie-Genossenschaften intensiv und langfristig begleiten zu können. „Unsere jahrzehntelange Erfahrung in der Beratung und Prüfung genossenschaftlicher Unternehmen aller Branchen kommt den noch jungen Energie-Genossenschaften zugute“, verdeutlicht Glaser. Der Verband stellt interessierten Bürgern, Unternehmen und Kommunen umfangreiches Informationsmaterial zur Verfügung, wie etwa die neue Broschüre „Wie gründe ich eine Energie-Genossenschaft?“. Darüber hinaus hat der Genossenschaftsverband einen neuen Fachausschuss „Energie-Genossenschaften“ ins Leben gerufen, um einen intensiven Erfahrungsaustauch zu ermöglichen. Der überwiegende Teil der 110 Energie-Genossenschaften im Land wurde seit dem Jahr 2008 gegründet.

„Eine eG kann ihrer Natur nach keine reine Kapitalsammeleinrichtung – etwa für Offshore-Windparks außerhalb der Region – sein“, betont Glaser. „Aufgabe einer Genossenschaft ist es, durch einen gemeinschaftlichen Geschäftsbetrieb Vorteile für ihre Mitglieder zu schaffen.“ Die Mitbestimmung der Mitglieder muss ebenso gewahrt bleiben wie der regionale Charakter der Projekte. Die eG ist eine ganz besonders stabile und nachhaltige Unternehmensform, die zwar auf wirtschaftlichen Erfolg ausgerichtet ist, aber nicht dem Prinzip der Gewinnmaximierung folgt. „Genossenschaften als Rechtsform für Kooperationen sind in den schon bestehenden Energie-Genossenschaften bereits hundertfach erprobt“, erläutert BWGV-Experte Dr. Michael Roth, der gerade im Bereich Windkraft ein großes Wachstumspotenzial sieht.

„Die Energiewende ist ein Generationenprojekt, das nur durch eine gemeinsame Kraftanstrengung der gesamten Gesellschaft verwirklicht werden kann“, betont Landesumweltminister Untersteller beim BWGV-Energietag. „Die aktive Beteiligung von Bürgerinnen und Bürgern, wie sie in Bürger-Energiegenossenschaften möglich ist, sorgt für wirtschaftliche Teilhabe der Betroffenen und stärkt somit die unverzichtbare Akzeptanz vor Ort“, betont der Minister der Grünen.

Eine demokratische Energiewende

In die gleiche Kerbe schlägt Gisela Erler, Staatsrätin für Zivilgesellschaft und Bürgerbeteiligung: „Die Energiewende bietet eine große Chance für ein Mehr an aktiver Bürgerbeteiligung.“ Denn es sei wichtig, dass die Energiewende von unten wachse und dadurch demokratisiert werde. „Hierzu bieten Energie-Genossenschaften eine hervorragende Form“, betont Erler.

Deutlich mehr als ein bloßes Instrument, um Windräder zu finanzieren, sind Bürger-Energiegenossenschaften in den Augen von Hubert Rinklin. Der Vorstandsvorsitzende der Alb-Elektrizitätswerk Geislingen-Steige eG sieht ein enormes Potenzial in der Vermarktung von Energie und beim Umsetzen von Maßnahmen zur Steigerung der Energieeffizienz. Auch das Thema Energiespeicherung ist laut Rinklin interessant für Genossenschaften. „Bürger-Energiegenossenschaften stellen eine regionale Lösung dar – mit einer hohen Identifikation zwischen der eG und ihren Mitgliedern“, so Rinklin abschließend.

Der Baden-Württembergische Genossenschaftsverband vertritt rund 900 Genossenschaften mit fast 3,6 Millionen Mitgliedern im Südwesten. Damit ist jeder dritte Baden-Württemberger Mitglied einer Genossenschaft. An den aktuell 110 Energie-Genossenschaften im Land sind mehr als 15.000 Mitglieder beteiligt – Tendenz steigend. Den Großteil bilden Photovoltaik-Genossenschaften, doch gibt es auch immer mehr Projekte in den Bereichen Nahwärmenetze und Windkraft. Deutschlandweit existieren mehr als 600 Bürger-Energiegenossenschaften.

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