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Finanzpunkt in blau und rot

VB Main-Tauber eG gemeinsame Filiale mit der Sparkasse
VB Main-Tauber eG

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Die anhaltende Nullzinsphase, ausufernde Regulatorik, zunehmende Konkurrenz durch Online-Banken, die Digitalisierung sämtlicher Lebensbereiche und ein sich grundsätzlich änderndes Kundenverhalten sind Herausforderungen, denen sich Banken hierzulande stellen müssen. Und sie haben eines gemeinsam: Sie treffen gerade traditionelle regionale Filialbanken wie Volksbanken und Raiffeisenbanken sowie Sparkassen mit voller Wucht.

War es früher völlig normal, dass selbst die kleinste Gemeinde in Baden-Württemberg über mindestens eine Bankfiliale verfügte, machen die oben genannten Einflussfaktoren eine solche flächendeckende Versorgung heute eben nahezu unmöglich. So auch im ländlich geprägten Main-Tauber-Kreis hoch im Norden des Ländles. „Der zunehmende Kostendruck durch den Wegfall traditioneller Grundpfeiler unseres Geschäftsmodells und die Tatsache, dass immer weniger Kunden den Weg in die örtliche Filiale antreten, um ihre alltäglichen Bankgeschäfte zu erledigen, zwingen uns zu neuen Wegen“, erklärt der Vorstandsvorsitzende der Volksbank Main-Tauber eG, Michael Schneider, deren Geschäftsgebiet annähernd den gesamten Landkreis umfasst.

Pandemie als Katalysator für Kundenverhalten

Die derzeitige Pandemie habe den ohnehin seit längerem bestehenden Trend zur Digitalisierung im Bankengeschäft nochmals deutlich verstärkt. „Corona wirkt hier wie ein Katalysator“ so Schneider. Durch die Kontaktbeschränkungen greifen immer mehr Kundinnen und Kunden zu digitalen Zugangswegen und Online-Banking und verzichten so weitestgehend auf die Nutzung von Filialen. Dadurch werde es immer schwieriger, die Filialpräsenz vor Ort in wirtschaftlich vertretbarem Rahmen aufrecht zu erhalten. „Die Schere zwischen der Forderung nach lokaler Präsenz und dem tatsächlichen Kundenverhalten geht immer weiter auseinander.“ Hinzu komme das Dilemma, dass die lokale Präsenz, also die Filiale vor Ort, auch ein ganz entscheidendes Alleinstellungsmerkmal der regionalen Volksbank oder Raiffeisenbanken darstellt, welches man im Kampf gegen die zunehmende Konkurrenz durch Online-Banken nicht außer Acht lassen dürfe.

Filiale als Träger der Markenidentität

Die Präsenz in der Fläche, verbunden mit der Integration der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in das örtliche soziokulturelle Umfeld, stellt ein gewichtiges Argument in der Markenidentität der Genossenschaftsbanken dar, welches man mit den betriebswirtschaftlichen Herausforderungen in Einklang bringen muss. Der Spagat ist offensichtlich: Einerseits kann sich keine Bank auf Dauer leisten, kaum frequentierte Filialen mit nur einer Hand voll Kunden am Tag zu unterhalten. Andererseits ist man darauf angewiesen, den engen Kontakt zur Bevölkerung und die persönliche Erreichbarkeit in der jeweiligen Raumschaft aufrecht zu erhalten. Keine geringe Herausforderung. Und sicher eine, die neue Herangehensweisen und innovative Konzepte verlangt.

Finanzpunkt als Lösung

Eingedenk der Tatsache, dass die geschilderte Problematik Genossenschaftsbanken und Sparkassen gleichermaßen hart trifft, entstand im Frühjahr 2019 das Konzept „Finanzpunkt“ aus einer Kooperation der Taunus Sparkasse und der Frankfurter Volksbank. Eigentlich ist die Überlegung dahinter ebenso einfach, wie bestechend: Beide Banken sahen sich dem genannten Problem gegenüber. Filialen in kleineren Ortschaften, die hohe Kosten verursachten und kaum Erträge generierten. Hohe Personalkosten und gravierende Aufwendungen für den Erhalt der Immobilien und die Anbindung an die Bank-Infrastruktur bei gleichzeitigem Erfordernis, die Präsenz in den Ortschaften aufrecht zu erhalten. Die Lösung: der Finanzpunkt. Die gemeinsame Nutzung bestehender Infrastruktur in einem Timesharing-Modell. Ein Konzept, das jetzt erstmals auch in Baden-Württemberg umgesetzt wird. Die Protagonisten: die Volksbank Main-Tauber eG und die Sparkasse Tauberfranken. Man ist sich sowohl bei der örtlichen Sparkasse als auch bei der regionalen Genossenschaftsbank seiner sozialen Verantwortung im ländlich geprägten Main-Tauber Kreis bewusst. Auch deshalb hat man sich entschlossen, in Zukunft zum Wohle der Kundinnen und Kunden im Geschäftsgebiet zu kooperieren.

Synergien nutzen – Wettbewerb erhalten

Bestehende Räumlichkeiten der beiden Banken in bestimmten Ortschaften sollen zukünftig wechselseitig gemeinsam und unter einem eigenen Label „Finanzpunkt“ genutzt werden. Basis dieses Modells ist, dass sämtliche FinanzPunkte grundsätzlich denselben technischen Ausstattungsstandards entsprechen, dieselbe personelle Besetzung haben – nämlich jeweils einen Berater und eine Servicekraft – und es feste Präsenzzeiten für jedes Institut gibt, also keine gemeinsame Präsenz vorgesehen ist. Es werden grundsätzlich nur Privatkunden im Finanzpunkt beraten und es gibt vor Ort keine Produkt- oder Institutswerbung. Volksbank und Sparkasse fungieren dabei wechselseitig jeweils als Hausherr und Betreiber oder als Nutzer, respektive Gast der betreffenden Räumlichkeiten. Es ist keine Bargeldkasse vor Ort und die Einrichtungen werden papierlos betrieben.

Filialsterben entgegenwirken

„Durch dieses Konzept ist es uns möglich, die Präsenz auch an Orten aufrecht zu erhalten, die ansonsten ohne Filiale auskommen müssten. Wir wollen so dem Filialsterben entgegenwirken und ein positives Zeichen für unsere Kunden setzen“, erklärt Michael Schneider. „Das Projekt Finanzpunkt ermöglicht es uns, Kostensynergien zu erzeugen und dadurch auch weiter für die Menschen vor Ort erreichbar zu bleiben, die digitale Zugangswege nicht nutzen können, oder wollen.“ Der notwendige Wettbewerb zwischen den beiden Instituten bleibe zudem durch die Kooperation unbeeinflusst und die Infrastruktur der Region werde nachhaltig gestärkt. Gestartet wurde das Projekt am 17. Mai mit dem ersten FinanzPunkt in der Gemeinde Großrinderfeld. Im ersten Quartal 2022 soll dann eine weitere Umsetzung in Werbach erfolgen. Für den Fall, dass sich das Projekt bewährt und entsprechend angenommen wird, sollen in der Folge weitere „Finanzpunkte“ hinzukommen.

Zielgerichtete Kooperation

Die Zusammenarbeit mit der Sparkasse Tauberfranken verlief im Vorfeld des Projekts ausgesprochen kooperativ, effizient und lösungsorientiert. „Alle Beteiligten glauben fest an eine Vision: Im Wandel der Zeit möchten wir weiterhin für unsere Kundinnen und Kunden persönlich vor Ort erreichbar bleiben. Aus dieser Überzeugung heraus bedeutet Zukunft gestalten für uns nicht nur, in Digitalisierung zu investieren, sondern auch für die Menschen in der Region da zu sein“, so der Vorstandsvorsitzende. Bei aller gesunden Konkurrenz haben die Volksbank Main-Tauber und die Sparkasse Tauberfranken mit dem Konzept „Finanzpunkt“ einen gemeinsamen Weg gefunden, der für alle Beteiligten von Vorteil sein kann. Für die Banken, aber in erster Linie für die Kunden, die so auch in Zukunft nicht auf ihre Filiale vor Ort verzichten müssen.

VB Main-Tauber eG
Gemeinsam mit Großrinderfelds Bürgermeister Johannes Leibold (Mitte) durchschnitten die Vorstände der Sparkasse  Tauberfranken und der Volksbank Main-Tauber das Absperrband und eröffneten damit den ersten gemeinsamen FinanzPunkt der beiden Regionalbanken. Im Vordergrund von links: Jürgen Fricke, Vorstandsmitglied Volksbank Main-Tauber eG, Michael Schneider, Vorstandsvorsitzender Volksbank Main-Tauber eG, Johannes Leibold, Bürgermeister Großrinderfeld, Peter Vogel, Vorstandsvorsitzender Sparkasse Tauberfranken, und Wolfgang Reiner, Mitglied des Vorstandes der Sparkasse Tauberfranken.

 

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