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Neues Weinbezeichnungsrecht: Je enger die Herkunft, desto höher das Qualitätsversprechen

Neues Weinbezeichnungsrecht
© uschi dreiucker / pixelio.de

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Am 27. Januar 2021 ist das Zehnte Gesetz zur Änderung des Weingesetzes in Kraft getreten. Einige Monate später folgte die Novelle der Weinverordnung, deren Kern eine stärkere Herkunftsprofilierung und das Bezeichnungsrecht bilden. Mit Einführung der neuen Qualitätspyramide gilt in Zukunft der Grundsatz: „Je kleiner die geografische Angabe, desto höher das Qualitätsversprechen.“ Mit den neuen gesetzlichen Regelungen erhofft sich die Weinbranche neue Vermarktungsperspektiven, eine bessere Wertschöpfung und einen wachsenden Marktanteil für deutschen Wein. 

Qualität spiegelt Herkunft wider

Mitentscheidend für die Qualität eines Weins ist in Deutschland bislang der Zuckergehalt der Trauben. Um entsprechende Qualitätsstufen zu erreichen, muss dabei jeweils ein Mindestmaß an Zuckergehalt  (entsprechende Mindestmostgewichte) überschritten werden. Die Mostgewichte werden hierbei in Öchslegraden (°Oe) gemessen. Mit der Reform des Weinrechts spielt nun die Herkunft eine noch größere Rolle, sodass der Wein ein geschmackliches Spiegelbild seiner Herkunft abgibt. Damit orientiert sich das deutsche Qualitätssystem an dem romanischen Modell, welches traditionell in anderen Weinbaunationen wie Frankreich, Italien oder Spanien zum Einsatz kommt.  Der Grundsatz des Modells „Je enger die Herkunft, desto höher die Qualität“ soll damit noch deutlicher auf die Herkunft des Weines abzielen. 

Neue Herkunftspyramiden

Mit der neuen Weingesetzgebung ändert sich die bisherige Qualitätspyramide in eine differenzierte Herkunftspyramide. Auf der niedrigsten Stufe setzt die neue Pyramide den „Deutschen Wein“ (ohne Herkunftsangabe). Darauf folgt auf der nächsten Stufe der Wein mit geschützter geographischer Angabe, (g.g.A.), der seither als Landwein bekannt ist und auf der letzten Stufe die Weine eines Anbaugebiets (geschützte Ursprungsbezeichnung, g.U.).

Innerhalb der letzten Stufe gibt es nun eine weitere vierstufig aufgebaute Herkunftspyramide. Die Basis bilden hier Weine, deren Trauben aus dem gesamten Anbaugebiet stammen können. Auf der nächsten Stufe stehen die Weine aus abgegrenzten Bereichen oder den früheren Großlagen, die neuerdings zusätzlich mit dem Begriff „Region“ gekennzeichnet werden müssen. Die zweitoberste Stufe umfasst die Weine, deren Trauben aus einer einzigen Gemeinde oder einem Ortsteil stammen und an der Spitze stehen die Lagenweine, die eng umfasst die entsprechenden Gegebenheiten (Klima, Boden, Lage) der jeweiligen Einzellage in besonderer Weise zum Ausdruck bringen. 

Einbezug der Weingärtner und Winzer

Mit der Einführung des neuen, romanischen Weinrechts verändert sich auf längere Sicht auch der weitere Einbezug der Weingärtner und Winzer. In den Anbaugebieten können in Zukunft die  Erzeuger in sogenannten Schutzgemeinschaften weitere Regelungen für Weine mit geschützter geografischer Angabe oder geschützter Ursprungsbezeichnung treffen. Damit kann das Profil des jeweiligen Weins geschärft werden. Dabei gibt es mehrere Möglichkeiten, entsprechende Profilierungen für die jeweiligen Stufen in der Qualitätspyramide vorzunehmen. Es besteht die Möglichkeit, für bestimmte Qualitätsstufen nur bestimmte Rebsorten festzulegen, die dann unter dieser Qualitätsstufe verkauft werden dürfen. Zudem können noch weitere Begrenzungen der Lesemengen beschlossen oder Vorgaben hinsichtlich der Vermarktung gemacht werden. Schon jetzt wurden dazu bundeseinheitliche Regelungen in der Weinverordnung getroffen. So dürfen in Zukunft Regional- und Ortsweine nicht vor dem 15. Dezember des Erntejahres verkauft werden. Noch weiter gehen hier die Regelungen für den Lagenwein: Hier ist eine Vermarktung vor dem 1. März des Folgejahres der Lese ausgeschlossen.

Fazit und Ausblick

Für die gesamte Weinbranche bedeuten die neuen Regelungen eine große Umstellung. Gerade unsere Winzer- und Weingärtnergenossenschaften vermarkten einen erheblichen Teil ihrer Produktion unter Bezeichnung der Großlagen, die durch ihren markenähnlichen Charakter bereits hohe Bekanntheitsgrade erreicht haben. Mit der neuen Gesetzgebung muss nun neben den innerbetrieblichen notwendigen Änderungen das neue Qualitätssystem auch den Kunden beziehungsweise den Verbrauchern nahegelegt und erklärt werden. Die Diskussionen über neue Profilweine und über weitere Qualitätskriterien in den höheren Qualitätsstufen laufen derzeit in den Schutzgemeinschaften der Anbaugebiete erst an. Für viele Regelungen gibt es längere Übergangsfristen. Die neuen Regelungen sind aber spätestens ab dem Erntejahrgang 2026 einzuhalten. Ob sich mit dem neuen Qualitätssystem der deutsche Wein auf dem nationalen und dem weltweiten Markt stärken kann und Umsatzanteile hinzugewinnt, wird sich erst noch zeigen müssen. Wie bei jeder Veränderung birgt das neue System Risiken. Allerdings liegt es in großen Teilen auch an den Weingärtnern und Winzern, jetzt die Chancen des Umbruchs zu nutzen.

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