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Genossenschaftsporträt: Recht klein, aber fein - BürgerEnergieGenossenschaft Voralb-Schurwald

Photovoltaik BürgerEnergieGenossenschaft
Gunter Endres/BWGV

Dieter Nemec und Peter Rösler kommen von einem Notar-Termin zum Gespräch mit der Geno-Graph-Redaktion. Die beiden Vorstände der BürgerEnergieGenossenschaft Voralb-Schurwald bereiten ein 200.000 Euro schweres Engagement an einem Windpark bei Singen am Hohentwiel vor. Eine weitere Beteiligung andernorts ist in Planung.


Denn „Anfragen auf Erhöhung der Anteile sind bei uns reichlich vorhanden“, sagen sie im Geno- Graph-Gespräch in Heiningen bei Göppingen, dem Sitz der Energiegenossenschaft. Nemec und Rösler wollen nicht mit ins vielgehörte Jammerhorn stoßen, was das Thema Photovoltaik angeht. Der Anteil der erneuerbaren Energien an der Energieproduktion in Deutschland nimmt zu, doch das ist eine Entwicklung, an der die Photovoltaik so gut wie keinen Anteil hat. 33 Prozent der Energieproduktion entfallen derzeit auf die erneuerbaren Energien, bis 2025 soll der Anteil auf 45 Prozent steigen. Hauptsächlich verantwortlich für diesen Trend sind die Biomasse, die sich im Aufwind befindet, und die Windenergie, die – mit Ausnahme in Baden-Württemberg – exorbitante Steigerungsraten vorzuweisen hat. Wenig Veränderung gibt es bei der Wasserkraft. Die Photovoltaik stagniert bei sechs Prozent Anteil. Nichtsdestotrotz ist von Ernüchterung, wie andernorts zu beobachten, bei den ehrenamtlich tätigen Vorständen Nemec und Rösler nichts zu spüren.

Photovoltaik bleibt „Brot- und Buttergeschäft“

BürgerEnergieGenossenschaft
Das Feuerwehrhaus in Heiningen war das vierte Photovoltaik-Projekt der BürgerEnergieGenossenschaft Voralb-Schurwald eG mit den beiden Vorständen Dieter Nemec (rechts) und Peter Rösler.

Die Bürgergenossenschaft setzt unbeirrt auf Photovoltaik-Anlagen. „Ja, wir diversifizieren mit Beteiligungen an Windparks. Auch das Thema Wasserkraft verlieren wir nicht aus den Augen. Aber unser Brot- und Buttergeschäft sind und bleiben Photovoltaik-Anlagen“, sagt Nemec. Die Geschichte der Genossenschaft verdeutlicht dies. Gegründet als eine der vielen „EnBW“-Bürgerenergiegenossenschaften im Juli 2009, erfolgte der Einstieg ins aktive Geschäft zum Jahresbeginn 2010 mit der Übernahme einer EnBW-Photovoltaikanlage (PV) auf dem Dach der Grundschule in Eschenbach. Die „Gründungsväter“ der eG waren zehn Kommunen im Voralbgebiet von Aichelberg bis Schlat. Jedes Jahr kam eine PV-Anlage, ausschließlich auf öffentlichen Gebäuden wie Schulen oder Feuerwehrhäusern installiert, hinzu. „Wir beauftragen ausschließlich Handwerker aus unserer Gegend. Damit tragen wir zur regionalen Wertschöpfung bei“, bekräftigt das für die Öffentlichkeitsarbeit der eG zuständige Vorstandsmitglied Rösler. 2013 kam die erste PV-Anlage mit Stromverkauf an Dritte hinzu. Diese Praxis verfolgt die Kooperative seitdem bei allen nachfolgenden Anlagen. Die eG dehnt seit 2014 ihren Geschäftsbereich vom Gebiet Voralb über den Fluss Fils hinweg in den Bereich Schurwald mit weiteren fünf Gemeinden aus. Der Stand im Mai 2016: acht PV-Anlagen mit zusammen 242 kWp Generatorleistung.

Steter Mitgliederzuwachs der BürgerEnergieGenossenschaft

„Wir bekommen Mitgliederanfragen aus der gesamten Republik“, sagt Technik-Vorstand Nemec. Werbemaßnahmen sind nicht nötig. Zum Ende des Monats Mai 2016 zählte die Genossenschaft 302 Mitglieder – Tendenz weiter steigend. Dabei nimmt die eG nur Bürger aus dem Landkreis Göppingen auf. Einen Aufnahmestopp gibt es trotz des Zulaufs nicht. Aufnahmen sind auf die Mindesteinlage beschränkt. Diese beträgt 100 Euro. Bei Kapitalbedarf ist mit maximal 10.000 Euro pro Mitglied Schluss. Eigenkapitalprobleme hat die Kooperative mit über 423.000 Euro an Mitgliedergeldern im Köcher wahrlich nicht. „Unser Motto lautet: Auf dem Konto bringt uns unsere Liquidität wenig“, sagt Rösler. Abschreibungsbeträge aus Bestandsanlagen, die nicht an die Mitglieder ausschüttbar sind, werden schnellstmöglich in neue Anlagen investiert.

Begeisterung gepaart mit Sachverstand

„Mehr als eine neue Anlage pro Jahr stemmen wir aber nicht“, bekräftigt Nemec. „Mit ,wir‘ ist zuallererst mein Vorstandskollege gemeint, der mit großem persönlichem Einsatz und Begeisterung bei der Sache ist“, wirft Peter Rösler ein. Dieter Nemec ist in der Tat die treibende Kraft. Der ehemalige Bosch-Ingenieur rechnet nicht nur mit spitzem Bleistift und plant mit Akribie. Der Pensionär im Unruhestand fährt regelmäßig sämtliche PV-Anlagen der Genossenschaft mit dem Fahrrad ab, um zu kontrollieren, ob sie auch optimal funktionieren. Denn auch kleine Leistungsverluste fallen auf 20 Jahre Einspeisevergütung-Laufleistung gerechnet ins Gewicht. „Wir bauen nur dort, wo ich von Zuhause aus problemlos mit dem Drahtesel hinkomme“, bestätigt Nemec lachend. "Als meine Frau mich am Anfang fragte, wie viel Zeit mein ehrenamtliches Engagement denn so in Anspruch nehme, sagte ich: einen Tag pro Woche. Das war eine krasse Fehleinschätzung“, schmunzelt Nemec. Man merkt ihm aber den Spaß an. Sein Einsatz und das Engagement seines Vorstandskollegen Rösler sowie des Aufsichtsund auch des Beirats tragen die entsprechenden Früchte: klein, aber fein. Dieser Spruch passt auf die Bürgerenergiegenossenschaft. Sie trägt ihren Anteil an der Energiewende mit Bravour, wächst langsam, aber beständig, beteiligt sich zusätzlich an der Windkraft und schüttet zudem jedes Jahr 5 Prozent an ihre Mitglieder aus, die regelmäßig per E-Mail und am Telefon auf dem Laufenden gehalten werden. Mit der Unterstützungsleistung des BWGV sind die beiden Vorstandmitglieder zufrieden. „Rechtsfragen oder fachspezifische Energie-Themen bekommen wir von den Fachbereichen des Verbands beantwortet“, meint Dieter Nemec.

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