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Genossenschaftsbanken starke Partner der Landwirtschaft

Informationsveranstaltung Genossenschaftsbanken starke Partner der Landwirtschaft GENO-Haus Stuttgart
Daniel Haupt

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Aufgrund der meist global ausgerichteten Agrarmärkte mit Weltmarktpreisen kommt es oftmals zu großen wirtschaftlichen Schwankungen in den landwirtschaftlichen Betrieben. Die Volksbanken und Raiffeisenbanken müssen „ihre“ Landwirte als Kunden gut und länger kennen, damit sie sie mit genau zugeschnittenen bedarfsgerechten Konzepten unterstützen können. Unter Moderation der BWGV-Abteilungsleiterin Wein, Qualitätsmanagement, Betriebswirtschaft Ute Bader berichteten hierzu bei einer Informationsveranstaltung am 6. Oktober im Stuttgarter GENO-Haus hochkarätige Referenten aus verschiedenen Perspektiven über die aktuellen Entwicklungen und ihre Erfahrungen.

Landwirtschaft als klassische Genossenschaftsbank-Kunden

BWGV-Präsident Dr. Roman Glaser informierte die über 40 Teilnehmer über die aktuellen Kreditaktivitäten der Volksbanken und Raiffeisenbanken in der baden-württembergischen Landwirtschaft. Demnach wird jährlich ein Kreditvolumen von knapp 2,3 Milliarden Euro an landwirtschaftliche Betriebe vergeben, was rund 2,5 Prozent des gesamten Kreditvolumens aller Kunden entspricht. „Damit sind wir in der Land- und Forstwirtschaft mit Fischerei überdurchschnittlich repräsentiert“, hob Glaser hervor. In den stark landwirtschaftlich strukturierten Regionen am Bodensee, in  Hohenlohe, Oberschwaben und Ost-württemberg liege der Kreditanteil klassischerweise am höchsten. Als Trend sieht er auch weiterhin große Banken in Ballungsgebieten, kleine Banken in ländlichen Regionen, wenngleich es auch Ausnahmen gebe. Ebenso hätten ländliche Banken höhere Anteile an landwirtschaftlichen Krediten.

Ministerialdirigent Joachim Hauck vom Ministerium für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz informierte über wichtige Daten des landwirtschaftlichen Strukturwandels in den vergangenen 20 Jahren. So sei die Zahl der Einzelunternehmen insgesamt um über 60 Prozent zurückgegangen – davon auf 55 Prozent bei den Haupterwerbsbetrieben und auf 65 Prozent im Nebenerwerb. Die Betriebsgrößen seien aber relativ auf 131 Prozent gestiegen. Die Kleinstrukturen im Land sowie der technische Fortschritt bringen laut Hauck einen reduzierten Arbeitszeitbedarf mit sich. „Also stellt sich die Frage, wie die Landwirte dieses freigesetzte Zeitpotenzial gewinnbringend in anderen Bereichen einsetzen können“, so Hauck. Im vergangenen Wirtschaftsjahr seien nur in der Geflügelhaltung und bei Ackerbaugemischtbetrieben die Produktionsfaktoren Arbeit, Boden und Kapital voll entlohnt worden. In den vergangenen vier Jahren hätten die ökologisch wirtschaftenden Betriebe sehr gute Ergebnisse erzielt. „Häufig ist nicht die Größe entscheidend, sondern die Einkommenskombination, wie die Vermietung von Ferienwohnungen oder die Direktvermarktung“, analysierte der Ministerialbeamte und beleuchtete vor allem die wirtschaftliche Entwicklung in der Milchvieh- und Schweinehaltung.

Problem Konzentration im Lebensmittelhandel

„Während ein Landwirt im Jahr 1900 so viele Lebensmittel erzeugte, dass er etwa vier Personen ernähren konnte, sind dies heutzutage 155 Personen“, machte der Präsident des Badischen Landwirtschaftlichen Hauptverbandes  und selbst praktizierender Landwirt Werner Räpple den enormen Strukturwandel deutlich. Anhand des Beispiels der einerseits seit Jahrzehnten nahezu unveränderten Erlöspreise seines eigenen Leseguts und anderseits massiv gestiegenen Kosten erklärte er, dass dies nur aufgrund technischen Fortschritts stemmbar gewesen sei. Als schlecht für die landwirtschaftlichen Erzeugerpreise bezeichnete Räpple die enorme Konzentration im Lebensmitteleinzelhandel. Er sieht vielmehr eine Chance in der Stärkung der regionalen Vermarktung. Der mit rund 500.000 Euro hohe Kapitaleinsatz pro landwirtschaftlichen Arbeitsplatz macht dem Landwirtschafts-Präsidenten Sorgen. Er appellierte, alle Förderprogramme in Anspruch zu nehmen und voll auszuschöpfen.

Der Geschäftsführer des Badischen Landwirtschaftlichen Hauptverbandes, Benjamin Fiebig, wies darauf hin, dass sich das Unternehmensergebnis der Haupterwerbsbetriebe von 66.000 Euro im Wirtschaftsjahr 2013/14 auf nur noch knapp 40.000  Euro im Jahr 2015/2016 verringert habe. Er betonte, dass die Gemeinsame Agrarpolitik (GAP) der EU ein unverzichtbarer Stabilitätsfaktor sei, derzeit aber auch viele Unsicherheitsfaktoren bestünden. Fiebig forderte einen Systemwechsel beim gesamten landwirtschaftlichen bürokratischen Kontrollapparat und kritisierte konkret die seiner Meinung nach viel zu hohen Kontrollkosten, die in keiner Relation zu aufgedeckten  Überzahlungen  stehen  würden. Der Geschäftsführer kritisierte den hohen Flächenverbrauch bei landwirtschaftlichen Flächen sowie die steigenden Bodenpreise. „Aufgrund des hohen Pachtanteils mit rund 60 Prozent und des hohen Pachtpreisniveaus in Baden-Württemberg tun sich Landwirte in Konkurrenz zu anderen Pächtern schwer, genügend Flächen zu finden“, erklärte Fiebig. Für ihn sind die Kostentreiber in den landwirtschaftlichen Betrieben besonders Auflagen im Bereich Umwelt- und Klimaschutz und der Mindestlohn.

Michael Wehinger von der Landwirtschaftlichen Familienberatung im Verband Katholisches Landvolk  beurteilte Krisen in landwirtschaftlichen Betrieben auch als Chance. Wichtig als erster Schritt der Krisenbeseitigung sei dabei die Einsicht der Betroffenen, allein nicht mehr aus einer Notsituation herauszukommen. Gründe für Krisen sieht er in Überschuldung, Nachfolgeproblematik, Überlastung und psychischen Problemen. „Hier ist Wertschätzung, Würdigung und Kommunikation der Betroffenen sehr wichtig“, hob Wehinger hervor und schlug eine engere Zusammenarbeit in der Krisenerkennung gemeinsam mit Bauernverbänden und den Volksbanken und Raiffeisenbanken vor.

Wege der Zusammenarbeit zwischen Bank und Betrieb

Weitere Referenten berichteten über das Zusammenspiel zwischen Banken und landwirtschaftlichen Betrieben und zeigten die Anforderungen, Möglichkeiten und  Förderungsvarianten  auf. Ebenso wurde über Wege und  Ansatzpunkte für eine bessere Zusammenarbeit im Bereich landwirtschaftliche Betriebs- und Finanzplanung und Betriebsoptimierung referiert und diskutiert sowie das Qualifizierungsangebot der BWGV-Akademie in Karlsruhe vorgestellt. Nach der Schlussdiskussion zog Moderatorin Ute Bader eine positive Bilanz der Fachveranstaltung: „Alle Inhalte wurden mit der notwendigen Fachlichkeit, aber auch mit großer Verbindlichkeit und auch Emotionalität und Nähe vermittelt. Die Teilnehmer nehmen neben den rein fachlichen Themen viele Impulse mit, wie die Branche Landwirtschaft tickt und was die Besonderheiten sind. Zudem gibt es viele Möglichkeiten zum Networking und gemeinsamen Austausch“, resümierte die Abteilungsleiterin.

Bild oben:

Die Diskutanten (v.l.): Dr. Roman Glaser, Präsident des BWGV, Michael Feirle, Marktfolge Kredit der Raiffeisenbank Riss-Umlach eG, Michael Wehinger, Leiter Landwirtschaftliche Familienberatung, Verband Katholisches Landvolk, Michael Rieger, Regionalleiter Bürgschaftsbank Baden-Württemberg GmbH, Gabriel Baum, Leiter Abteilung Nachhaltige Unternehmensentwicklung, Landesanstalt für Entwicklung der Landwirtschaft und der ländlichen Räume, Werner Räpple, Präsident Badischer Landwirtschaftlicher Hauptverband e.V., und Gerhard Henninger, Geschäftsführer Landwirtschaftliche Unternehmensberatung GmbH.

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