Die Bedeutung der erneuerbaren Energiequellen hat in den vergangenen Jahren, vor allem seit dem Reaktorunfall von Fukushima, einen ganz neuen Stellenwert erlangt. Zwar geht die Diskussion um Klimaveränderung und Endlichkeit fossiler Energieträger schon lange zurück, wurde aber nach den Reaktorunfällen von Tschernobyl im Jahr 1986 und Fukushima im Jahr 2011 auf eine neue Stufe gehoben. Vor allem „Fukushima“ führte den Menschen die Risiken der Nukleartechnologie deutlich vor Augen. Bundeskanzlerin Angela Merkel formulierte zur Einleitung der Energiewende in Deutschland: „Als Naturwissenschaftlerin war ich von der Beherrschbarkeit der Kernenergie überzeugt, aber jetzt weiß ich, dass die Restrisiken sehr groß sind.“ So hat die VR-Bank Aalen eG bereits im Jahr 2010, also vor „Fukushima“, im Rahmen einer Vortragsveranstaltung mit Professor Dr. Klaus Töpfer das Thema Nachhaltigkeit aufgegriffen. Und so lag es auch nahe, sich damit in unterschiedlicher Form zu beschäftigen.
Stiftungslehrstuhl für „Erneuerbare Energien“ an der Hochschule Aalen
An der Hochschule Aalen (HTW) studieren derzeit 6.000 junge Menschen. Für die Bank ist deshalb ein enger Kontakt zur Hochschule wichtig. So haben bereits im Jahr 2009 der örtliche Bundestagsabgeordnete Roderich Kiesewetter, der Vorstandssprecher der VR-Bank Hans-Peter Weber und Hochschulrektor Professor Dr. Gerhard Schneider die Installation eines Stiftungslehrstuhls für erneuerbare Energien angeregt. Der Lehrstuhl wird maßgeblich von der VR-Bank Aalen mit Unterstützung weiterer Genossengeförschaftsbanken aus der Region aus Mitteln des Gewinnsparvereins finanziert. Auf diesem Weg ergibt sich ein sehr enger Kontakt zur Hochschule und ihren Einrichtungen. Die Lehrstuhlinhaberin Professorin Dr. Martina Hofmann ist in der Region sehr aktiv und initiiert eine Vielzahl von Projekten. Auch das EU-Förderprojekt „Keff“ (Kompetenzstelle für Energieeffizienz) wurde an ihrem Lehrstuhl an der HTW Aalen angesiedelt. So unterstützt der Energiesparspezialist der Hochschule die Firmenkundenbetreuer der VR-Bank Aalen; er zeigt in Begleitung der Berater deren Kunden auf, wie sie Energie sparen können und wer die geeigneten Ansprechpartner sind. Der Keff-Berater ist für Bank und Kunden kostenlos, bietet aber einen beachtlichen Mehrwert. Auf diesem Weg kann die Bank ihre Kompetenz in Sachen „Energiesparen und Kostenoptimierung“ beim Kunden platzieren – ein echter genossenschaftlicher Mehrwert.
OstalbBürgerEnergie eG
In Zuge der Energiewende erlangten Windkraft und Solartechnologie einen enormen Aufschwung. In diesem Zusammenhang war es der Wunsch vieler Menschen, sich in die Energiegewinnung aus erneuerbaren Energiequellen einzubringen. Diesem Wunsch entsprechend haben die VR-Bank Aalen und die Stadtwerke Aalen die Gründung der „OstalbBürgerEnergie eG“ (kurz: OBE) initiiert. Auf diesem Wege sollten sich vor allem Bürger an Energieprojekten beteiligen können, die keine eigenen Dächer oder Freiflächen für Photovoltaikanlagen oder dafür nicht die erforderlichen Finanzmittel hatten.
Der Vorstand der Genossenschaft wird von der VR-Bank Aalen und den Stadtwerken gestellt; der Aufsichtsrat wird genossenschaftskonform aus den Mitgliedern rekrutiert, wobei der Oberbürgermeister der Stadt Aalen Thilo Rentschler den Vorsitz im Aufsichtsrat hat. VR-Bank und Stadtwerke verwalten die OBE. Es besteht eine rege Nachfrage nach Beitrittsmöglichkeiten. Die OBE betreibt Solaranlagen mit einer Leistung von 365 KWp. Des Weiteren besteht eine Beteiligung im Betrag von rund 1 Million Euro an einem Windpark südlich von Bremen. Aktuell wird die Beteiligung am WOS – Windpark Ohmenheim Sommerhof auf dem Härtsfeld in der Nähe von Neresheim realisiert. Weitere Beteiligungen an Windparks sind geplant. Für 2016 ist die Ausschüttung einer Dividende von 4,5 Prozent in Vorbereitung. An der OBE sind aktuell 350 Mitglieder mit einem Beteiligungskapital von 2 Millionen Euro beteiligt.
Finanzierung von Energieanlagen
Die VR-Bank Aalen hat sich im Bereich der Finanzierung von Energieanlagen entsprechendes Know-how angeeignet. Dies erstreckt sich auf die fachkundige Beratung von Solarenergieprojekten wie Photovoltaikanlagen auf Dächern, Freiflächenanlagen, aber auch Windkraftanlagen. Dazu wurden den Kunden in beachtlichem Umfang öffentliche Fördermittel vermittelt und die Zusammenarbeit mit regionalen Projektanten gefördert. Zuletzt konnte zusammen mit der DZ Bank die Finanzierung des Projekts WOS – Windpark Ohmenheim Sommerhof strukturiert und platziert werden. Hierbei wurde deutlich, dass die DZ Bank auf diesem Geschäftsfeld über beachtliches Know-how verfügt. So konnte man diese Finanzierung über rund 25 Millionen Euro gegen Wettbewerber gewinnen. Insgesamt beläuft sich das Portfolio der Bank in Sachen Finanzierung von Anlagen zur Nutzung erneuerbarer Energiequellen auf 50 Millionen Euro.
Photovoltaikanlagen im Eigenbetrieb
Im Rahmen der baulichen Möglichkeiten betreibt die VR-Bank Aalen Photovoltaikanlagen auf den Dächern der bankeigenen Gebäude. Diese umfassen derzeit eine Nennleistung von 96,25 KWp. Auf dem gerade im Bau befindlichen Bankneubau soll ebenso eine Photovoltaikanlage installiert werden, deren Stromproduktion vollständig dem Eigenverbrauch dienen soll. Hierzu ist auch die Installation von Stromspeichern geplant. Darüber hinaus soll diese Anlage für die Versorgung von Ladestationen für Elektromobile genutzt werden. Die Baufinanzierungsspezialisten der VR-Bank Aalen sind bei ihren Außendienstterminen auch mit Elektro-Mobilen, zwei E-Smarts, unterwegs. Deren Nutzung ist im Sommer absolut problemlos und die Reichweite ausreichend. In den Wintermonaten muss die Fahrtstrecke allerdings sehr sorgfältig geplant werden, da bedingt durch erhöhten Eigenenergiebedarf des Fahrzeugs (Heizung) und reduzierte Batteriekapazität die Reichweite halbiert ist. Die Fahrzeugbatterie ist über die Power-Ladestation in rund einer Stunde wieder aufgeladen. Und – nicht ganz unbeabsichtigt – die Elektro-Smarts sind ein „Hingucker“.
Geplanter Bau von energieautarken Häusern
Durch die Kontakte der Bank zur Hochschule kam man über einen Vortrag mit Professor Dr. Timo Leukefeld aus Freiberg, Sachsen, ins Gespräch. Professor Leukefeld ist Spezialist in Sachen „energieautarke Häuser“. Er realisiert Wohnhäuser, die weitgehend unabhängig von öffentlicher Energieversorgung sind. Durch Isolierung und Langzeitspeicherung von Wärme und Strom ist es möglich, Wohnhäuser energieautark zu erstellen. Professor Leukefeld hat in seinem Wohnort in Freiberg solche Häuser erstellt und bewohnt eines davon selbst. Zur Absicherung wird eine Gastherme oder ein Holzkachelofen eingebaut. Die VR-Bank Aalen plant derzeit die Erstellung zweier solcher Häuser auf einem bankeigenen Grundstück für den Eigenbestand zur Vermietung. Auch beim Vermietungsmodell gilt es neue Weg zu beschreiten: Vereinbarung einer „Komplettmiete“ inklusive Strom und Wärme. Professor Leukefeld spricht dabei von „Enttechnisierung“. Er konzipiert diese Häuser ohne aufwändige technische Anlagen. So weist er beispielsweise darauf hin, wie mit einfachsten Mitteln Energie gespart werden kann: „Schließen Sie Ihre Spülmaschine an die Warmwasserleitung an.“ Auf diese Weise nutzt man das bereits vorhandene Warmwasser und muss es nicht eigens zum Spülen erwärmen, während es im Warmwasserspeicher wieder abkühlt.
Das Energiethema hat viele Gesichter. Die Genossenschaftsbanken können viele davon nutzen und so dem Prinzip der genossenschaftlichen Nachhaltigkeit Rechnung tragen, zumal Nachhaltigkeit im genossenschaftlichen Code systemimmanent enthalten ist. Nachhaltigkeit prägt diese Organisation seit über 150 Jahren. So bleibt zu wünschen, mit Mut diese Nachhaltigkeit in aktuelle Themen und Modelle zu überführen.