Zum einen fehlen für den weiteren Ausbau der Erneuerbaren Energien die notwendigen Flächen, zum anderen sehen viele Energiegenossenschaften einen Hebel im Bereich des Energy Sharings.
Forderung: verpflichtende Flächenausweisung für Bürgerenergiegesellschaften durch die Kommunen
Bei der Flächenverfügbarkeit für neue EE-Projekte herrschte große Einigkeit zwischen der Politik und den Energiegenossenschaften. Um zum Beispiel bei Photovoltaik die angestrebte Ausbaurate von jährlich 20.000 Megawatt zu erreichen, sind weitere Flächen unerlässlich. Zudem muss auch in der Genehmigung der Projekte der bürokratische Aufwand verringert werden.
Armin Komenda, Vorstandsmitglied der Elektrizitätswerke Schönau eG (EWS), sprach sich dabei für eine verpflichtende Flächenausweisung für Bürgerenergiegesellschaften durch die Kommunen aus, um der Bürgerenergie eine Chance gegenüber den „großen Playern“ zu geben. Auch für Staatssekretär Patrick Graichen stellt die Verfügbarkeit von Flächen für Erneuerbare-Energie-Anlagen in diesem Jahr den entscheidenden Engpass dar. Hier schaut das Bundeswirtschaftsministerium gegenwärtig, was sich kurzfristig noch machen lässt, sagte er auf dem Kongress. Um genossenschaftliche Solarprojekte besser zu unterstützen, wäre die Ausweitung des vor Kurzem vorgestellten 200.000-Euro-Zuschussprogramms für Bürger-Windprojekte auf PV-Projekte denkbar.
Energy Sharing thematisiert
Beim Thema Energy Sharing zeigte sich das Bundeswirtschaftsministerium eher zurückhaltend. Für Staatssekretär Graichen fehlt bei der nachbarschaftlichen Versorgung das dazugehörige technische und wirtschaftliche Gesamtkonzept. Dagegen sehen allerdings nahezu alle Energiegenossenschaften hier einen deutlichen Mehrwert, sodass auch Dr. Eckhard Ott, Vorstandsvorsitzender des Deutschen Genossenschafts- und Raiffeisenverbandes (DGRV), darauf pocht, auch in Deutschland das sogenannte Energy Sharing endlich „zügig“ einzuführen. Energy Sharing birgt viele Potenziale. So stiftet es Akzeptanz für EE-Anlagen, denn es verknüpft wirtschaftliche Vorteile mit der regionalen Erneuerbare-Energien-Stromerzeugung und deren gemeinsamer Nutzung. Zusätzlich trägt es zum Zubau von EE-Anlagen bei. Die gemeinsame Nutzung der Anlagen führt dabei dazu, dass vorhandene Dachflächen komplett genutzt werden, statt dass für die Optimierung der individuellen Eigenversorgung Dachflächen ungenutzt bleiben. Letztlich schafft Energy Sharing auch Anreize, die regionale Stromnachfrage in ihrer zeitlichen Struktur netzdienlich an die regionale erneuerbare Stromerzeugung anzupassen. Somit wird sich auch der Baden-Württembergische Genossenschaftsverband gemeinsam mit der Bundesgeschäftsstelle Energiegenossenschaften weiterhin für das Thema Energy Sharing einsetzen.
Bundesgeschäftsstelle Energiegenossenschaft mit Jubiläum
Vor zehn Jahren wurde die Bundesgeschäftsstelle Energiegenossenschaften ins Leben gerufen. Schon damals positionierten sich die Regionalverbände gemeinsam mit dem DGRV klar für eine bürgernahe Energiewende. „Wir können heute mit Stolz auf das zurückblicken, was wir zusammen mit den Genossenschaften für den Ausbau und die Akzeptanz von erneuerbaren Energien erreicht haben“, sagt Dr. Eckhard Ott, Vorsitzender des Vorstands des DGRV, anlässlich des Jubiläums der Bundesgeschäftsstelle Energiegenossenschaften in diesem Jahr. Zum Jubiläum gratulieren viele Wegbegleiterinnen und Wegbegleiter aus Politik, Energiewirtschaft und genossenschaftlichem Verbund.
Jahresempfang mit Justizminister Buschmann
Seit über 150 Jahren zeigen die Genossenschaften, dass es nicht Wirtschaft oder Gesellschaft heißen muss, sondern Wirtschaft und Gesellschaft“, sagte Bundesjustizminister Dr. Marco Buschmann auf dem Jahreempfang der deutschen Genossenschaften am 28. Februar 2023 in Berlin „Selbstverantwortung, Selbsthilfe und Selbstverwaltung sind Prinzipien von allgemeiner Bedeutung und allgemeinem Nutzen. Über 20 Millionen Bürgerinnen und Bürger haben das erkannt und sind genossenschaftlich organisiert und engagiert: ein großer Gewinn für die Gesellschaft, ein großes Glück für die Wirtschaft“, so Buschmann weiter.
Trotz aller Tradition müsse die Rechtsform der Genossenschaften aber auch in einer zunehmend digitalisierten Wirtschaft funktionieren. Dies stellte der Vorstandsvorsitzende des DGRV Dr. Eckhard Ott heraus. „Es ist kaum noch vermittelbar, warum man heutzutage einen Antrag in Papierform für die Mitgliedschaft in einer Genossenschaft stellen muss,“ so Ott. Positiv hervorgehoben wurden die neuen Regelungen zu virtuellen General- und Vertreterversammlungen im Genossenschaftsgesetz. Sie ermöglichen die Nutzung digitaler Formate auch nach dem Auslauf der Corona-Sonderregelungen. Mit dem novellierten Gesetz wurde ein wichtiger Schritt zu mehr Digitalisierung gemacht. „Solche zeitgemäßen Rechtsgrundlagen benötigen wir auch zur Mitgliedschaft, damit wir insbesondere junge Menschen für die Genossenschaften begeistern können“, so Ott weiter. Der Präsident des Spitzenverbandes der Wohnungswirtschaft GdW, Axel Gedaschko, wies auf die aktuelle Baukrise hin, die den akuten Wohnungsmangel weiter deutlich verschlimmert. Er gab mit Blick auf eine langfristige Versorgungskrise bei Wohnraum und gleichzeitig anstehende Vorhaben aus dem Koalitionsvertrag zu Änderungen im Mietrecht zu bedenken: „Wenn die Politik von dem im Koalitionsvertrag selbst verankerten Ziel, 400.000 Wohnungen pro Jahr zu bauen, Abstand nimmt, kann sie nicht zeitgleich im Mietrecht ihre Vorhaben einfach so weiterverfolgen wie vor der Zeitenwende, die wir gerade erleben. Stattdessen muss sie klug prüfen, ob die ursprünglichen Vereinbarungen zu möglichen Änderungen im Mietrecht überhaupt noch zeitgemäß sind.“