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Genossenschaftsbanken und Sparkassen gegen Vergemeinschaftung der Einlagensicherung

DSGV-Präsident Georg Fahrenschon (links) und BVR-Präsident Uwe Fröhlich
DSGV/BVR

Die Genossenschaftliche Finanzgruppe und die Sparkassen-Finanzgruppe lehnen übereinstimmend jede Form der Vergemeinschaftung der Einlagensicherung in der Eurozone ab. Das haben der Bundesverband der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken (BVR) und der Deutsche Sparkassen- und Giroverband (DSGV) am Dienstag, 10. November, in Brüssel gegenüber der EU-Politik in einer gemeinsamen Erklärung deutlich gemacht.

"Es gilt, Fehlanreize in Europa zu vermeiden", sagt BVR-Präsident Uwe Fröhlich. Gerade einmal die Hälfte aller Länder habe die EU-Einlagensicherungsrichtlinie umgesetzt, obwohl dies bis Juli 2015 erfolgen musste. „Neue Vorschläge wirken sicherlich nicht anregend auf den Aufbau eigener Systeme in jenen Ländern, die bislang noch keine haben." Außerdem könne eine  Vergemeinschaftung der Einlagensicherung die Weiterentwicklung der Eurozone nicht ersetzen.

"Die Sparer haben hohes Vertrauen in die Sicherheit ihrer Einlagen. Denn sie wissen, dass die angesparten Sicherungsmittel im Ernstfall für ihr Institut bereitstehen. Transfers dieser Mittel in andere Länder lehnen wir daher ab", so Georg Fahrenschon, Präsident des Deutschen Sparkassen- und Giroverbandes. "Die Mehrheit der Bundesbürger fühlt sich mit der jetzigen Einlagensicherung sicherer als mit einer europäischen Lösung. Eine neue Diskussion über die Einlagensicherung würde neues Mistrauen der Sparer auslösen." Mögliche Krisen müssten regional begrenzt werden und dürften nicht durch Umverteilung auf andere Sicherungssysteme überspringen.

In ihrer gemeinsamen Erklärung lehnen BVR und DSGV alle Formen der Vergemeinschaftung der Einlagensicherung ab. Das gilt auch für  Rückversicherungen, die grenzüberschreitende Haftungsverpflichtungen ohne angemessene Möglichkeit der Risikokontrolle mit sich bringen würden. Das wäre ein weiterer, unerwünschter Schritt auf dem Weg zu einer ungesteuerten Transferunion.

Der EU-Gesetzgeber hat bei der Bankenunion eine Einlagensicherung integriert und schreibt harmonisierte Mindeststandards in allen EU-Ländern vor. Viele Länder müssen erstmalig eigene Einlagensicherungssysteme installieren, die den Schutz der Einleger bis 100.000 Euro garantieren. Es liegt bisher in der Verantwortung jedes einzelnen Mitgliedsstaates, seine Sicherungssysteme auf- und auszubauen.

Interview (Eine Kooperation von SparkassenZeitung und BankInformation)

Einlagensicherung: DSGV-Präsident Georg Fahrenschon und BVR-Präsident Uwe Fröhlich sind gegen Zentralisierungspläne der EU
  
Warum suchen die Spitzenverbände von Sparkassen und Genossenschaftsbanken den Schulterschluss zum Thema Einlagensicherung? 
Uwe Fröhlich: Die deutschen Genossenschaftsbanken und die deutschen Sparkassen sind traditionell eng miteinander verbunden, wenn es um die Wahrung der Interessen der Deutschen Kreditwirtschaft geht – insbesondere, weil ihre Strukturen relativ ähnlich sind. Wir sind beide subsidiär aufgestellt. Wir haben beide leistungsstarke Institutssicherungssysteme. Und auch das Ringen um unsere Interessen im Rahmen der europäischen Einlagensicherungsrichtlinie hat gezeigt, dass wir immer dann besonders durchsetzungsstark sind – auch im europäischen Umfeld –, wenn wir unsere Interessen gemeinsam formulieren. In Summe stehen wir für 70 Prozent des deutschen Bankenmarkts. Diese Stimmen muss die Politik in Brüssel hören. 

Was ist das politische Ziel des Schulterschlusses zwischen den Verbänden? 
Georg Fahrenschon: Wir machen gemeinsam deutlich, dass wir überzeugte Europäer sind und dass wir für stabile europäische Strukturen sind. Bei der Neuauflage der Einlagensicherung ist die EU-Kommission jedoch auf dem Holzweg. Denn eine weiter durchgreifende europäische Einlagensicherung brächte weniger Vertrauen der Bürger, weniger Stabilität und am Ende weniger Sicherheit. Deswegen machen wir in Brüssel gemeinsam deutlich: Wer an einer stabilen Einlagensicherung für alle Europäer Interesse hat, muss die dezentrale Verantwortung vor Ort stärken und darf gerade nicht auf Vereinheitlichung setzen. 

Die europäische Politik argumentiert, eine europäische Einlagensicherung sei die konsequente Fortführung der Bankenunion als dritte Säule. 
Fahrenschon: Wir haben eine bestehende Richtlinie zur Einlagensicherung. Sie sagt zu Recht jedem Bürger in Europa einen Mindeststandardschutz zu. Der wird noch nicht von allen europäischen Mitgliedstaaten eingehalten. Etwa die Hälfte der Staaten hat noch nicht einmal diese Richtlinie umgesetzt. Die Harmonisierung der Einlagensicherungssysteme muss abgeschlossen werden. Aber wir warnen ausdrücklich davor zu glauben, dass ein noch größeres, verzweigteres System wirklich ein Mehr an Sicherheit bringt. Das Gegenteil ist der Fall. Wir brauchen das Zusammenspiel von Risiko und Verantwortung für die Risiken vor Ort. Werden diese Risiken über viele Länder verteilt, setzt das falsche Anreize zum Trittbrettfahren. Das führt zu weniger Verantwortung, gebraucht wird aber mehr Verantwortung. Brüssel muss hier umdenken.

Warum ist eine dezentral organisierte Einlagensicherung einem zentralen System überlegen? Eine zentrale Einlagensicherung hat doch viel mehr Kapazität.
Fröhlich: Schön wäre es, wenn denn die Kapazitäten vorhanden wären, auch in anderen Ländern außerhalb Deutschlands. Tatsache ist aber, dass die Wirtschaftskraft der europäischen Länder sehr unterschiedlich ist. Auch die Leistungskraft der Bankenstrukturen in Europa ist sehr unterschiedlich. In Deutschland dürfen wir sehr stolz darauf sein, dass wir drei starke Säulen haben mit drei starken Einlagensicherungssystemen. Bei den Sparkassen und Genossenschaftsbanken wird das zusätzlich über ein Institutssicherungssystem verstärkt. Wenn in den Ländern, die heute noch gar kein Einlagensicherungssystem haben, diese Schritte bisher noch nicht eingeleitet worden sind, ist die Motivation ja auch nicht gerade groß, das noch zu tun. Folgt man den Vorschlägen der fünf Präsidenten, landen wir in puncto Einlagensicherung in einer Haftungs- und Transferunion, die aus deutscher Sicht nur als negativ beurteilt werden kann. 

Wie viel Rückendeckung sehen Sie auf europäischer Ebene für die deutsche Position dieser dezentralen Einlagensicherungssysteme? 
Fröhlich: Diejenigen Länder, die sich Vorteile erhoffen, insbesondere Vermögenshaftungs- und durchaus auch echten Kapitaltransfer, sind natürlich für eine Vergemeinschaftung. All diejenigen, die schon vorangegangen sind, die schon leistungsfähige Systeme haben, wehren sich. An dieser Stelle darf die Europäische Kommission, darf das Europäische Parlament den Willen der deutschen Bevölkerung nicht ignorieren, das deutsche Einlagensicherungssystem nicht zu vergemeinschaften, sondern in der derzeitigen Ausprägung zu erhalten. Sonst haben wir eine schwierige Diskussion auf europäischer Ebene: Was passiert mit meinem Guthaben, mit meinen Einlagen in der nächsten europäischen Krisensituation? Hafte ich als deutscher Sparer gegebenenfalls für Einlagen von Sparern in anderen Ländern? Das ist eine Situation, die wir Europa nicht zumuten sollten. 

Was wünschen Sie sich von der EU – auch abseits der Einlagensicherung? 
Fahrenschon: Wer die wirtschaftliche Entwicklung in Europa unterstützen will, muss wieder zurückkehren zu einer besseren Differenzierung, gerade in der Finanzmarktregulatorik, hinsichtlich der Komplexität, dem Risiko der Geschäftsmodelle, der internationalen Abhängigkeit. Hier wird noch zu vieles über einen Kamm geschoren. Wir setzen hier sehr viel Hoffnung auf die Initiativberichte des Europäischen Parlaments und auch auf die Ankündigungen des zuständigen Kommissars Jonathan Hill.

Doppelinterview von BVR-Präsident Uwe Fröhlich und DSGV-Präsident Georg Fahrenschon (Quelle: DSGVDE)

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