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Zehn-Jahre-Jubiläum des P-Kontos: Reform steht an

Zehn-Jahre-Jubiläum des P-Kontos: Reform steht an
Thorben Wengert / pixelio.de

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Nach einem Schlussbericht des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz und vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend zur Evaluierung des P-Kontos („Das P-Konto auf dem Prüfstand“) hat sich dieses bewährt. Es bestünde jedoch in einzelnen Bereichen noch etwas Verbesserungsbedarf. Nun soll das Pfändungsschutzkonto nach zehn Jahren wesentlich reformiert werden. Die Bundesregierung verspricht sich davon Verbesserungen vor allem für die Schuldner.

Bei den kontoführenden Banken verursachen Kontopfändungen einen nicht unerheblichen Bearbeitungsaufwand. Eine Erstattung des Aufwands durch den eigentlichen Verursacher (den Vollstreckungsschuldner) ist ausgeschlossen, da Entgelte für den Aufwand der Pfändungsbearbeitung nach der Rechtsprechung nicht verlangt werden dürfen. Wenn das Konto als Basiskonto geführt wird, kann die kontoführende Bank auch bei besonders zahlreichen und bearbeitungsintensiven Pfändungen auf dem Konto die Kontobeziehung nicht einfach kündigen.

Kontoeinführung verringerte Aufwand

Die Einführung des Pfändungsschutzkontos 2010 schaffte für alle Beteiligten eine gewisse Erleichterung, da sich der Pfändungsschuldner bei einem P-Konto seither nicht mehr für jede Pfändung einen Beschluss des Vollstreckungsgerichts über die Freigabe eingegangener Leistungen auf dem Konto (zum Beispiel Gehaltseingängen) besorgen muss und die kontoführende Bank nicht mit entsprechend hohem Personalaufwand intern immer prüfen muss, ob die jeweilige Verfügung des Kunden erfolgen darf. Die Einführung von monatlichen Freibeträgen und die ausgereifte technische Umsetzung durch die Rechenzentralen ermöglicht es heute dem Vollstreckungsschuldner, am Zahlungsverkehr auch mit Kartenverfügungen teilzunehmen.

Andererseits fehlt manchem Pfändungsschuldner durch die Funktionalität des P-Kontos die Motivation, seine Angelegenheiten zu regeln und Pfändungen zur Erledigung zu bringen. Pfändungen verursachen auch bei einem P-Konto weiterhin zunächst beim Eingang der Pfändung (Datenpflege, Drittschuldnererklärung) und dann im weiteren Verlauf durch die Prüfung und Verwaltung von Bescheinigungen sowie die Verwaltung von Auskehrbeträgen erheblichen Aufwand. Hinzu kommen noch „Spezialfälle“ (Unterhaltspfändungen, besondere Beschlüsse der Vollstreckungsgerichte bei schwankenden Einkommen). Die quasi als „Bürgerpflicht“ unentgeltlich in Anspruch genommene Rolle der Bank als Drittschuldnerin ist risikobehaftet und erfordert spezielle Fachkenntnisse. Einige Mitgliedsbanken haben deshalb bereits einen wesentlichen Teil der Tätigkeiten bei der Pfändungsbearbeitung an einen externen Dienstleister ausgelagert.

Gesetzesentwurf eingebracht

Die Bundesregierung hat am 10. Juli 2020 einen Gesetzesentwurf zum Pfändungsschutzkonto-Fortentwicklungsgesetz (PKoFoG) in den Bundestag eingebracht.

Es folgt nun ein kurzer Überblick über die geplanten Neuregelungen (Stand 10. Juni 2020) in der Zivilprozessordnung (ZPO; ZPO-Entwurfsfassung im Folgenden: ZPO-E) und in der Insolvenzordnung (InsO; InsO-Entwurfsfassung im Folgenden: InsO-E). Der Gesetzesentwurf sieht insgesamt eine umfassende Neustrukturierung der Vorschriften zum Kontopfändungsschutz in der ZPO vor. In der ZPO gibt es künftig einen eigenen Abschnitt über die Wirkungen des P-Kontos.

Debitorisch geführte Konten

In § 850k Abs. 1 Satz 2 ZPO-E wird klargestellt, dass der Anspruch auf Umwandlung des Zahlungskontos in ein P-Konto auch bei einem Konto besteht, das einen negativen Saldo aufweist. Gleichzeitig wird in § 850k Abs. 1 Satz 3 ZPO-E festgelegt, dass das Pfändungsschutzkonto ausschließlich auf Guthabenbasis geführt werden darf. Nach der Gesetzesbegründung darf bei solchen Konten der negative Saldo nicht auf das P-Konto übertragen werden, sondern muss getrennt verbucht werden. Eine technische Umsetzung sei hierfür nicht vorgegeben; eine Möglichkeit der Umsetzung für Kreditinstitute dürfte das sogenannte „Zwei-Konten-Modell“ sein, von dem bereits umfangreich Gebrauch gemacht würde.

Umwandlung in ein P-Konto durch Bevollmächtigte oder Betreuer

Nach derzeitiger Rechtslage kann sich der Kunde bei der Umwandlung seines Kontos in ein P-Konto allenfalls durch seine gesetzlichen Vertreter vertreten lassen. Künftig kann die Umwandung auch durch einen bevollmächtigten Vertreter oder seinen Betreuer beantragt werden.

Regelungen zum Pfändungsschutz auf Gemeinschaftskonten

In § 850l ZPO-E werden jetzt erstmals Regelungen für die Pfändung von Oder-Konten getroffen: Nach wie vor kann ein Gemeinschaftskonto nicht als P-Konto geführt werden. Die kontoführende Bank darf künftig nicht vor Ablauf von zwei Monaten ab Zustellung des Überweisungsbeschlusses aus dem Guthaben, das auf dem Konto besteht oder in diesem Zeitraum eingeht, an den Gläubiger leisten oder den Betrag hinterlegen. Jeder Kontoinhaber, bei dem es sich um eine natürliche Person handelt, kann während des zweimonatigen Zeitraums verlangen, ein anteiliges Guthaben auf ein bei demselben Kreditinstitut allein auf seinen Namen lautendendes Zahlungskonto zu übertragen.

Der Übertragungsbetrag beläuft sich auf den Kopfteil des die Übertragung verlangenden Kontoinhabers an dem Guthaben, das heißt, bei zwei Kontoinhabern kann jeder die Hälfte des Kontoguthabens als Übertragungsbetrag beanspruchen. Damit kommt es nicht darauf an, wem die Zahlungseingänge im Innenverhältnis zustehen. Diese einfache Verteilungsregelung soll nach der Gesetzesbegründung der Rechtsklarheit dienen. Alternativ können sich sämtliche Kontoinhaber und der Gläubiger auf eine abweichende Verteilung einigen und die Einigung dem Kreditinstitut in Textform mitteilen.

Die Wirkungen des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses setzen sich an dem übertragenen Guthaben fort. Dies gilt auch für Kontoinhaber, gegen die kein Vollstreckungstitel vorliegt. Aus Sicht eines solchen mutmaßlich redlichen und solventen Kontoinhabers ist es schwer einzusehen, dass sein Anteil, der ihm unabhängig von der internen Vermögenszuordnung der Kontoinhaber untereinander nach seinem Kopfteil zugewiesen wird, der Pfändung unterliegt. Jeder Kontoinhaber kann dann dafür sorgen, dass das Einzelkonto, auf das das anteilige Guthaben übertragen wird, – sofern noch nicht geschehen – zum P-Konto umgewandelt wird. Auch der mutmaßlich redliche und solvente Nicht-Vollstreckungsschuldner erlangt über ein P-Konto Pfändungsschutz. Künftige Eingänge direkt auf dem neuen Einzelkonto unterliegen nicht einer Kontopfändung, die sich lediglich gegen Mitkontoinhaber des Gemeinschaftskontos richtet.

Aufrechnungs- und Verrechnungsverbot (§ 901 ZPO-E)

Bei einem P-Konto mit negativem Saldo darf das Kreditinstitut künftig nicht mit eigenen Forderungen aufrechnen oder eigene Forderungen mit einem Saldo zugunsten des Schuldners verrechnen, soweit die Gutschrift auf dem Zahlungskonto als Guthaben auf einem Pfändungsschutzkonto nicht von der Pfändung erfasst sein würde. Der bisherige zeitlich begrenzte Aufrechnungs- und Verrechnungsschutz (§ 850k Abs. 6 ZPO), der sich bisher nur auf Leistungen nach dem SGB und Kindergeld bezieht, wird deutlich ausgeweitet.

Erweiterung von Ansparmöglichkeiten

Die Frist zur Übertragung nicht verbrauchten pfändungsfreien Guthabens wird von einem Monat auf drei Monate verlängert. Gleichzeitig wird für den Verbrauch des pfändungsfreien Guthabens das „First In – First Out“-Prinzip gesetzlich verankert (§ 899 Abs. 2 ZPO-E).

Erhöhungsbeträge (§ 902 ZPO-E)

Es sind Änderungen hinsichtlich der Sozialleistungen geplant, die zu einer Erhöhung des pfändungsfreien Betrags führen. Geschützt sind nun auch Zuwendungen aus der Bundesstiftung „Mutter und Kind – Schutz des ungeborenen Lebens“.

Behandlung von Nachzahlungen von besonderen Leistungen

Bei bestimmten laufenden Geldleistungen (§ 902 Satz 1 Nr. 4 bis 7 ZPO-E), die erst zu einem späteren Zeitpunkt als dem Monat, auf den sich die Leistungen beziehen, ausbezahlt werden, reicht für den Pfändungsschutz auf dem P-Konto künftig eine entsprechende Bescheinigung der hierfür nach § 903 Abs. 1 ZPO-E zuständigen Stelle (§ 904 ZPO-E). Für Nachzahlungen nach dem SGB, die in § 902 Satz 1 Nr. 4 bis 7 ZPO-E nicht genannt sind, gilt dies nur für Beträge bis 500 Euro. Für nachgezahlte laufende Leistungen nach dem SGB, die den Betrag von 500 Euro übersteigen, entscheidet das Vollstreckungsgericht (§ 904 Abs. 5 ZPO-E).

Erteilung und Anerkennung von Bescheinigungen zur Erhöhung des unpfändbaren Grundfreibetrags

Gemäß § 903 Abs. 3 ZPO-E sind die für die Bescheinigung des Erhöhungsbetrags zuständigen Stellen zur Ausstellung der Bescheinigung ausdrücklich verpflichtet. Die zu bescheinigenden Positionen werden vorgegeben. Die Bank muss gemäß § 903 Abs. 2 ZPO-E die jeweilige Bescheinigung für die Dauer beachten, für die sie ausgestellt ist. Unbefristete Bescheinigungen sind für die Dauer von zwei Jahren zu beachten. Bei dieser zweijährigen Frist handelt es sich um eine Art Mindestgültigkeitsdauer, da die Bank nach der Neuregelung ausdrücklich eine neue Bescheinigung verlangen kann. Wenn die Bank nach Ablauf der zweijährigen Frist die vorliegende Bescheinigung nicht mehr berücksichtigen will, muss sie dies dem Kunden zwei Monate vorher ankündigen (§ 908 Abs. 3 ZPO-E). Vor Ablauf der zweijährigen Frist kann die Bank ausnahmsweise unter bestimmten Voraussetzungen eine neue Bescheinigung verlangen. Für den Fall, dass eine für die Ausstellung der Bescheinigungen des Erhöhungsbetrags zuständige Stelle keine Bescheinigung ausstellt, kann künftig nach § 905 ZPO-E das Vollstreckungsgericht die Erhöhungsbeträge festsetzen.

Festsetzung der Unpfändbarkeit von Kontoguthaben auf dem P-Konto durch das Vollstreckungsgericht

Schon nach dem bisherigen § 850l ZPO kann das Vollstreckungsgericht auf Antrag des Schuldners anordnen, dass das gesamte Guthaben auf dem P-Konto der Pfändung für zwölf Monate nicht unterliegt. Nach § 907 ZPO-E muss der Schuldner nur noch für den Zeitraum von sechs Monaten (bisher zwölf Monate) glaubhaft machen, dass ganz überwiegend nur die Gutschrift unpfändbarer Beträge zu erwarten ist. Auch weiterhin muss er für den zurückliegenden Zeitraum von sechs Monaten nachweisen, dass ganz überwiegend nur unpfändbare Beträge auf dem Konto gutgeschrieben worden sind.

Kundeninformation über das P-Konto

Künftig muss das Kreditinstitut dem Kunden über noch verfügbare pfändungsfreie Guthaben und angesparte nicht verbrauchte pfandfreie Guthaben gemäß § 908 Abs. 2 ZPO-E bestimmte Informationen zur Verfügung stellen.

P-Konto in der Insolvenz

Bisher schon gehören nicht der Zwangsvollstreckung unterliegende Gegenstände des Schuldners und damit auch pfandfreies Guthaben auf dem P-Konto nicht zur Insolvenzmasse. § 36 Abs. 1 Satz 3 InsO-E soll nun die Klarstellung enthalten, dass der Schuldner für die Verfügung über pfandfreie Beträge auf dem P-Konto keine Freigabe des Insolvenzverwalters benötigt, der in diesem Sinne ohnehin nicht tätig werden dürfte.

Weitere Regelungen, die nicht oder nicht nur das P-Konto betreffen

Nach § 850c ZPO-E werden die Pfändungsfreigrenzen künftig jährlich (nicht wie bisher nur alle zwei Jahre) angepasst. Dies wirkt sich auch auf das P-Konto aus. Es gibt neue Regelungen zum Pfändungsschutz von Gegenständen, die zur Ausübung von Religion und Weltanschauung bestimmt sind, und zum Vollstreckungsschutz für Sachen, die der Erfüllung öffentlicher Aufgaben dienen.

Welche Regelungen den Banken erspart bleiben

Für Banken ist es erfreulich, dass von den ursprünglich geplanten Regelungen zum Wechsel eines P-Kontos zu einer anderen Bank im Regierungsentwurf nun abgesehen wurde. Im vorangehenden Referentenentwurf war noch ein lückenloser Pfändungsschutz und die Zustellung der bestehenden Pfändungs- und Überweisungsbeschlüsse durch das übertragende Institut an die empfangende Bank über den Gerichtsvollzieher vorgesehen. Dass es nun wohl nicht zu einem derartigen Bürokratiemonster kommt, ist fast schon ein Grund zum Feiern.

Das weitere Gesetzgebungsverfahren bleibt abzuwarten. Die Rechenzentralen stehen vor der Herausforderung, die Änderungen technisch umzusetzen. Auch die Banken, die einen wesentlichen Teil der Pfändungsbearbeitung ausgelagert haben, müssen sich mit den umfangreichen neuen Regelungen vertraut machen und die richtige Umsetzung im Blick haben.

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