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Stärkung des ländlichen Raums: Bürgschaften für Bauern

Ferkel
privat

Der landwirtschaftliche Betrieb von Ulrich und Timo Brück in Gerabronn-Seibotenberg bei Schwäbisch Hall ist auf Jungsauenvermehrung spezialisiert. Das Geschäft läuft ganz ordentlich und sie wollten ausbauen. Dazu brauchten die Brücks mehr Platz. Vater und Sohn sind gerade dabei, einen neuen, 1.100 Quadratmeter großen Stall für fast 600 Jungsauen und knapp 300 Ferkel inklusive Tierwaage, Heizung und Getreidelager zu bauen.

Bauern mit Ferkeln
Vater und Sohn Brück bauen einen neuen, großen Schweinestall. Ihre Volksbank half ihnen mit einem Förderkredit der L-Bank sowie einer Agrar-Bürgschaft der Bürgschaftsbank Baden-Württemberg.

Ein gewaltiges Vorhaben, gerade in so schwierigen Zeiten. Dass sie es dennoch realisieren konnten, verdanken sie der VR Bank Schwäbisch Hall-Crailsheim eG. Die Genossenschaftsbank half ihnen mit einem Förderkredit der L-Bank sowie einer Agrar-Bürgschaft der Bürgschaftsbank Baden-Württemberg. „Als Landwirt hat man momentan nicht den besten Stand bei der Bank, aber unsere Bank hat unser Geschäftsmodell verstanden und uns dann mit Hilfe der Agrar-Bürgschaft den Neubau ermöglicht“, berichtet Ulrich Brück zufrieden. Baden-Württemberg zählt 41.600 landwirtschaftliche Betriebe, davon 24.000 im Nebenerwerb, 7.600 Winzer und 8.800 Gartenbauer. Nicht viele sind derzeit so mutig wie die Brücks. Wegen der niedrigen Erzeugerpreise ist die Investitionsbereitschaft in der Branche deutlich gesunken. Dabei wären Investitionen gerade jetzt wichtig, um Kosten zu sparen, wettbewerbsfähig zu bleiben, den Betrieb zu erweitern oder einen anderen zu übernehmen. Dieses stärkte den ländlichen Raum.

Absicherung von 60 Prozent der Kreditsumme

Doch viele Betriebe – und vielleicht auch nicht alle Berater in den Banken – wissen gar nicht von dem im Oktober 2015 aufgelegten deutschlandweiten Programm für Agrar-Bürgschaften. Denn so etwas gab es bis dahin nur für die gewerbliche Wirtschaft, nicht aber für Land- und Forstwirte, Fischzüchter, Weinbauern und nicht gewerbliche Gartenbaubetriebe. Die Bürgschaften erlauben im Notfall eine Absicherung von 60 Prozent der Kreditsumme und eine Verringerung der Zinskosten. Bestehende Unternehmen und Nachfolger erhalten maximal 1 Million Euro Kredit, Unternehmensgründer höchstens 500.000 Euro.

Abwicklung über Genossenschaftsbank vor Ort

Das Verfahren ist relativ einfach. Die Betriebe wenden sich an ihre Volksbank oder Raiffeisenbank, die den Antrag auf eine Förderung bei der Bürgschaftsbank Baden-Württemberg, der Landwirtschaftlichen Rentenbank oder über die L-Bank stellt. Mit der Bürgschaft lassen sich Projekte realisieren, für die es sonst womöglich mangels ausreichender Sicherheiten kein Geld von der Bank gegeben hätte. Seit dem Start des Programms wurden bundesweit 42 Projekte mit einem Kreditvolumen von 12 Millionen Euro vergeben, meist Projekte von Milchbauern sowie Schweine- und Rinderzuchtbetrieben. Insgesamt können im Rahmen des Programms zwischen Oktober 2015 und Oktober 2018 Bürgschaften über insgesamt 400 Millionen Euro vergeben werden. Damit wird ein Kreditvolumen von rund 670 Millionen Euro ermöglicht.

Finanzierung von Investitionen

Gemessen daran ist das bisher abgerufene Kreditvolumen bescheiden. Guy Selbherr, Vorsitzender des Verbands Deutscher Bürgschaftsbanken und Vorstand der in Stuttgart ansässigen Bürgschaftsbank Baden-Württemberg, weist darauf hin, dass das Programm nicht überall bekannt sei. Auch seien „die Vorlaufzeiten in der Landwirtschaft länger als in anderen Wirtschaftszweigen. Vom Interesse bis zur endgültigen Entscheidung über eine Investition können mehrere Monate vergehen. Wegen der derzeit schwierigen Situation der Landwirtschaft wird ohnehin wenig investiert. Hinzu kommt, dass die meisten Landwirte Betriebsmittel finanzieren wollen. Unsere Agrar-Bürgschaften sind aber auf Finanzierungen von Investitionen und Wachstum ausgerichtet“. Allerdings sind seit kurzem nicht nur Investitionsvorhaben mit der Agrar-Bürgschaft besicherbar, sondern auch Betriebsmittel – allerdings nur mit 30 Prozent. Ein richtiger und wichtiger Schritt, findet Peter Pascher, Fachbereichsleiter Betriebswirtschaft beim Deutschen Bauernverband. Er weist auf einen weiteren „Hemmschuh“ bei der Vergabe von Agrar-Bürgschaften hin: „Wenn ein Landwirt für ein Investitionsvorhaben einen mit EU-Mitteln kofinanzierten Zuschuss vom Land erhält, kann er nicht für das gleiche Volumen eine Bürgschaft beantragen, weil die EU darin eine Doppelförderung sieht.“ Dennoch ist er froh, dass es das Programm überhaupt gibt.

Weg für Wachstum

Andernfalls hätte Jungwinzer Markus Büchin aus Schliengen im südlichen Markgräferland womöglich nicht in die Selbstständigkeit starten können. Der gelernte Weinbautechniker, der schon mit 25 Jahren Kellermeister bei der Winzergenossenschaft Haltingen wurde und nach wie vor einen Teil seiner Weine an die Winzergenossenschaft Haltingen eG und den Winzerkeller Auggener Schäf eG liefert, wollte einen eigenen Betrieb aufbauen. Seine Volksbank Dreiländereck eG half dem inzwischen 36-jährigen Familienvater, der einst mit einem Hektar Rebfläche angefangen hat, und vermittelte ihm eine Agrarbürgschaft. Die Bürgschaftsbank Baden-Württemberg unterstützte ihn dabei. Der Badener, der inzwischen 18 Hektar Rebfläche bewirtschaftet, hat 2 Millionen Euro investiert, um sich selbstständig zu machen und Produktion und Verkauf an einem Ort zu bündeln. Sein Weinbaubetrieb existiert bereits und auch der Bau am Ortsausgang von Schliengen, direkt neben der Bundesstraße, hat inzwischen Gestalt angenommen. Der futuristisch wirkende, langgestreckte und zweigeteilte Bau ist neulich fertig geworden. Neben einem Verkaufsraum mit Galerie wird es eine Produktions- und Lagerhalle geben. Zwischen den Stahltanks können die Kunden dann seine Hauptrebsorten Gutedel und Spätburgunder, Grau- und Weißburgunder, Merlot, Sauvignon und Syrah – „moderne Weine“, wie er sagt – aber auch Sekt verkosten. „Ohne die Bürgschaft und meine Volksbank hätten wir das Projekt so nicht umsetzen können“, sagt er. Die Agrar-Bürgschaften können gerade in diesen Zeiten ein wichtiger Baustein im Finanzierungsmix von Landwirten sein.

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