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Ministerinnen und Minister im Südwesten: Genossenschaften sind wichtige Gestalter in Wirtschaft und Gesellschaft

BWGV Interessenvertretung im Interview mit den Ministerinnen und Ministern in BW
BWGV

Was sagen die Ministerinnen und Minister der neuen baden-württembergischen Landesregierung zur Unternehmens- und Rechtsform der Genossenschaft? Der BWGV-Bereich Interessenvertretung hat nachgefragt.

Theresia Bauer MdL, Ministerin für Wissenschaft, Forschung und Kunst:

Theresia Bauer MdL
Theresia Bauer MdL

Seit über 100 Jahren haben sich Genossenschaften als Zusammenschluss von gleichberechtigten Partnern zur Erreichung gemeinsamer wirtschaftlicher, sozialer und kultureller Ziele bewährt. Genossenschaften stehen für Stabilität, interne Demokratie und Offenheit für neue Mitglieder.

Das Erfolgsmodell Genossenschaft ist im Bereich von Wissenschaft und Kunst nicht sehr verbreitet. Das könnte sich ändern. Genossenschaften können insbesondere Partnern aus Academia, Industrie und öffentlicher Hand einen Rahmen bieten und Strukturen zur Entwicklung innovativer Technologien schaffen. Beispielhaft ist der Zusammenschluss von überregionalen Partnern zur Genossenschaft Künstliche Intelligenz Baden-Württemberg. Wenn es der Genossenschaft gelingt, gemeinsam einen KI-Innovationspark zu realisieren, könnte dies Vorbildcharakter haben.

Dr. Danyal Bayaz, Minister für Finanzen:

Dr. Danyal Bayaz, Minister für Finanzen
Dr. Danyal Bayaz, Minister für Finanzen

Genossenschaften sind ein Teil unseres täglichen Lebens. Ich bin Kunde bei der Volksbank und Mitglied bei der Heidelberger Energie Genossenschaft.

Auch in meinem Amt als Finanzminister gibt es vielfältige Berührungspunkte mit Genossenschaften. Das Finanzministerium setzt sich beispielsweise seit Jahren für kleine und mittlere Banken sowohl auf Bundes- als auch auf EU-Ebene ein. Das Thema Sustainable Finance, das meine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sehr engmaschig begleiten, wird auch die Genossenschaften in Zukunft zunehmend beschäftigen. Genossenschaften können von dieser Entwicklung profitieren und die ökologisch-soziale Transformation aktiv mitgestalten.

Marion Gentges MdL, Ministerin der Justiz und für Migration:

Marion Gentges MdL
Marion Gentges MdL

Genossenschaften haben eine wichtige gesellschaftliche Funktion. Hinter dem Genossenschaftswesen steht der Gedanke, dass mehrere gemeinsam ein Ziel erreichen können, welches einzelnen alleine verwehrt bliebe. Dem Ministerium der Justiz und für Migration sind die rechtliche Grundlagen und Entwicklungen im Genossenschaftswesen ein wichtiges Anliegen. Jüngst wurde in der Pandemiegesetzgebung gesetzlich klargestellt, dass bis 31. Dezember 2021 rein virtuelle General- oder Vertreterversammlungen zulässig sind.

Zur wirkungsvollen Bekämpfung unzulässiger Kapitalanlagegenossenschaften hat sich Baden-Württemberg 2020 mit einer Bundesratsinitiative für eine Anpassung des Genossenschaftsgesetzes ausgesprochen. Darüber hinaus befürworten wir die Öffnung von Online-Gründungen für Genossenschaften, um Verfahrensabläufe im Rahmen der fortschreitenden Digitalisierung zu erleichtern.

Peter Hauk MdL, Minister für Ernährung, Ländlichen Raum und Verbraucherschutz:

Peter Hauk MdL
Peter Hauk MdL

Genossenschaften haben in Baden-Württemberg Tradition. Sie fördern die regionale Wertschöpfung, binden bürgerschaftliches Engagement ein und füllen Angebote der Daseinsvorsorge mit Leben. So wird mit dem Projekt der genossenschaftlichen Hausarztmodelle die ärztliche Versorgung im ländlichen Raum verbessert und mit genossenschaftlich organisierten Dorfläden die Nahversorgung gesichert.

Genossenschaften haben sich in den Bereichen Obst, Gemüse, Milch und Wein bewährt. Im Kontext der GAP ab 2023 werden die Genossenschaften ihre Strategien an den Zielsetzungen der Farm-to-Fork Strategie und des Biodiversitätsstärkungsgesetzes ausrichten. Genossenschaften stellen auch für Waldbesitzer eine Kooperationsform dar. Durch die Mobilisierung, Bündelung und Vermarktung von Holzmengen der Mitglieder stärkt dieses genossenschaftliche Vorgehen die Marktposition und eröffnet verbesserte Absatzbedingungen.

Winfried Hermann MdL, Minister für Verkehr:

Winfried Hermann MdL
Winfried Hermann MdL

Baden-Württemberg hat sich zum Ziel gesetzt, das führende Klimaschutzland zu werden. Verdichtung und Ausbau des ÖPNV, der Ausbau der öffentlichen Ladeinfrastruktur, die Ausweitung von Sharing-Modellen und die digitale Vernetzung von Mobilitätsdaten sind für den Erfolg der Mobilitätswende in einem Flächenland wesentliche Stellschrauben. Nicht nur in urbanen Zentren, sondern gerade auch im ländlichen Raum fördert das Land klimaschonende, kooperative Mobilitätskonzepte. Insbesondere freue ich mich, dass sich Genossenschaften in Baden-Württemberg bei den Themen Car-Sharing, Betrieb von Ladesäulen mit Ökostrom und dem Pilotprojekt der Datengenossenschaft tatkräftig einbringen.

Dr. Nicole Hoffmeister-Kraut MdL, Ministerin für Wirtschaft, Arbeit und Tourismus:

Dr. Nicole Hoffmeister-Kraut MdL
Dr. Nicole Hoffmeister-Kraut MdL

Genossenschaften sind für die mittelständische Wirtschaft in Baden-Württemberg unverzichtbar – nicht nur in Gestalt der Genossenschaftsbanken als verlässliche Finanzierer. Weit darüber hinaus stehen Genossenschaften für bürgerschaftliches Engagement und Selbsthilfe: Sie betreiben Dorfläden und Dorfgasthäuser und erhalten in den Kommunen ein lebenswertes Umfeld. Als Energiegenossenschaften gestalten sie die Energiewende mit und tragen dazu bei, die Klimaziele zu erreichen. Ihre Geschäftsmodelle beruhen dabei stets auf regionaler Verankerung, langfristiger Mitgliederorientierung und Verantwortung für das Gemeinwohl.

Im Blick auf die Herausforderungen des Klimawandels und der Digitalisierung gilt mehr denn je, was Friedrich Wilhelm Raiffeisen als ihre Erfolgsformel beschrieben hat: „Genossenschaften sind immer das, was menschliche Einsicht, geistige Kraft und persönlicher Mut aus ihnen machen!“ Aktuell stehen wir vor der Herausforderung, die Grundwerte der Genossenschaften auf die entstehende digitale Welt zu übertragen. Wir fördern daher das Pilotprojekt einer „Datengenossenschaft“, in der erprobt werden soll, wie Unternehmen ihre Daten effizient, sicher und vertrauenswürdig als Chance für neue Geschäftsfelder teilen können.

Manne Lucha MdL, Minister für Soziales, Gesundheit und Integration:

Manne Lucha MdL
Manne Lucha MdL

Mit unserer Strategie „Quartier 2030 – Gemeinsam.Gestalten.“ fördern wir die Entwicklung von alters- und generationengerechten Quartieren. Gerade durch Sozialgenossenschaften können dort vielfältige soziale Anliegen gemeinschaftlich angegangen werden. Beispiele für solche genossenschaftlichen Projekte sind etwa Dorfläden, Mobilitätsangebote, haushaltsnahe Dienstleistungen oder auch die Entwicklung von Quartierskonzepten.

Genau hier setzt unser Projekt „Genossenschaftlich getragene Quartiersentwicklung“ mit dem Baden-Württembergischen Genossenschaftsverband an. Durch Beratung, intensive Unterstützung und Begleitung möchten wir gemeinsam mit dem BWGV die Gründung von Sozialgenossenschaften ermöglichen. Zusätzlich bietet das Projekt vielseitige Möglichkeiten zum Erfahrungsaustausch und zur Vernetzung.

Nicole Razavi MdL, Ministerin für Landesentwicklung und Wohnen:

Nicole Razavi MdL
Nicole Razavi MdL

Wohnungsgenossenschaften, die sozial gebundenen Wohnraum schaffen wollen, können nach dem Landesprogramm Wohnungsbau BW gefördert werden. Durch eine flankierende Landesbürgschaft wird ihnen der Zugang zu den investiven Fördermaßnahmen der Mietwohnraumförderung ermöglicht. Auch die Förderung des Erwerbs von Genossenschaftsanteilen für selbst genutzten Wohnraum ist Bestandteil der Landeswohnraumförderung. Über das Arbeitsprogramm für den gesellschaftlichen Zusammenhalt werden zudem rechtsformspezifische Gründungskosten mit einem Zuschuss in Höhe von 3.000 Euro bei erfolgreicher Gründung einer Wohnungsgenossenschaft gefördert.

Mit Hilfe der Städtebauförderung werden die Kommunen in die Lage versetzt, Brachflächen zu erwerben und zu erschließen. So können die baureifen Flächen zu darstellbaren Konditionen vermarktet werden und in der Folge auch bezahlbarer Wohnraum von Genossenschaften entstehen. Entlang dem Gedanken einer ganzheitlichen und nachhaltigen Quartiersentwicklung entstehen derzeit ganz neue Genossenschaftsmodelle. Diese verfolgen neben dem klassischen Wohnungsbau auch integrative und infrastrukturelle Konzepte und werden damit dem Gedanken der Daseinsvorsorge gerecht – beispielgebend ist hierfür das Programm „WohnenPLUS“ des Baden-Württembergischen Genossenschaftsverbands (BWGV). Darüber hinaus werden im Rahmen der Projekte der Wohnraumoffensive BW unter anderem genossenschaftliche Vorhaben wie das „Reallabor Wohnen Stuttgart-Rot“ – ebenfalls ein Vorreiter der Verknüpfung von Quartiersentwicklung und genossenschaftlichem Wohnungsbau – oder die „Dachgenossenschaft Wohnen Tübingen“ gefördert.

Theresa Schopper, Ministerin für Kultus, Jugend und Sport:

Theresia Schopper, Ministerin für Kultus, Jugend und Sport
Theresa Schopper, Ministerin für Kultus, Jugend und Sport

Schülerfirmen spielen im Schulalltag bei vielen Schulen eine Rolle, Kinder und Jugendliche können sich auch im Rahmen von Wettbewerben messen und ihre kreativen Ideen weiterentwickeln. Praxisnah und spielerisch. Dabei stellt auch die genossenschaftliche Idee eine starke Säule dar. Denn gemeinsam ist mehr möglich. Wer miteinander spricht, sich austauscht, zusammen Impulse entwickelt und Ideen reifen lässt, erhöht die Chancen auf ein gutes Ergebnis. Schülerinnen und Schüler lernen im Rahmen von Zusammenarbeit, wie wichtig eigenverantwortliches Handeln für die Gruppe ist, wie bedeutend aber auch das gemeinsame Agieren für den Erfolg ist.

Mit den Schülergenossenschaften können Kinder und Jugendliche konkret anhand von Projekten erleben, welche Kraft Kooperation und Unterstützung entfalten können. Das macht nicht nur Spaß, das fordert und fördert auch – und bringt den Einzelnen weiter.

Thomas Strobl, stv. Ministerpräsident und Minister des Inneren, für Digitalisierung und Kommunen:

Thomas Strobl, stv. Ministerpräsident und Minister des Inneren, für Digitalisierung und Kommunen
Thomas Strobl, stv. Ministerpräsident und Minister des Inneren, für Digitalisierung und Kommunen

Genossenschaften liegt der Raiffeisen-Gedanke zu Grunde: die gemeinschaftliche Selbsthilfe. Jeder soll für den Anderen Verantwortung übernehmen. In einem Schlagwort zusammengefasst heißt das: Die Genossenschaften gründen sich auf dem Gedanken der Subsidiarität – also auf der Überlegung, dass Probleme am besten auf der gleichen Ebene, nah an den Menschen, gelöst werden.

Genau diesen Gedanken pflegt das Innenministerium, das gleichzeitig auch das Kommunalministerium ist, in der Zusammenarbeit mit den Kommunen. Wir bauen auf die kommunale Selbstverwaltung; erst wenn vor Ort ein bestimmtes Problem nicht gelöst werden kann, wird die Regelungskompetenz nach ‚oben‘ abgegeben, an das Land. Und das ist einer der Gründe, warum Baden-Württemberg ein starkes Land mit starken Kommunen ist.

Thekla Walker MdL, Ministerin für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft:

Thekla Walker MdL
Thekla Walker MdL

Die Energiewende gelingt nur dann, wenn alle mit anpacken: Unternehmen, Politik sowie einzelne Bürgerinnen und Bürger. Die zahlreichen Bürgerenergiegenossenschaften im Land spielen in diesem Zusammenhang eine wichtige Rolle.

Oftmals sind es engagierte Bürgerinnen und Bürger im ländlichen Raum, die sich zusammentun, um ihren Beitrag zu leisten, die Energiewende voranzutreiben. Letztlich profitiert vom persönlichen Einsatz der Genossenschaftsmitglieder meist die gesamte Gemeinde. Dieses Engagement brauchen wir und ich bin sehr dankbar, dass es immer wieder die Projekte von Genossenschaften sind, die wir als vorbildhafte „Orte voller Energie“ auszeichnen und fördern können.

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