Springe direkt zum Inhalt , zum Menü .

Mehrwert Mitgliedschaft – das besondere Etwas

Mitgliedschaft in einer Genossenschaft
S. Hofschlaeger/pixelio.de

/

Menschen und Unternehmen gründen Genossenschaften, weil sie so gemeinsame Ziele leichter erreichen, ohne dabei die eigene Selbstständigkeit aufzugeben. Gemeinsam können in einer Genossenschaft Aufträge bearbeitet werden, die für ein einzelnes Unternehmen zu groß oder zu komplex wären. Die Ziele können ganz unterschiedlicher Art sein: wirtschaftlich, sozial, kulturell. Die eingetragene Genossenschaft bringt drei Unternehmen zusammen oder Tausende von Menschen. Genossenschaften sind vielfältig und finden sich in Industrie, in Handel und Handwerk, im Dienstleistungs- und Gesundheitsbereich, im Energiesektor oder als Dorfläden. Die Rechtsform ist flexibel und einfach zu handhaben.

Die eingetragene Genossenschaft (eG) ist eine gängige Unternehmensform des Wirtschaftslebens. Sie ist Kaufmann im Sinne des Handelsrechts. Gesellschaftsrechtlich ist sie eine juristische Person. Seit den Gründerzeiten im 19. Jahrhundert gilt: Die Genossenschaft ist eine mitgliederorientierte und damit personenbezogene Gesellschaftsform. Jedes Mitglied hat unabhängig von seiner Beteiligung grundsätzlich eine Stimme. Die eingetragene Genossenschaft ist damit eine wirtschaftsdemokratische Unternehmensform.

Mitglied im Mittelpunkt

Eine Genossenschaft lebt durch ihre Mitglieder und für ihre Mitglieder. Das Mitglied steht im Mittelpunkt. So steht es im Genossenschaftsgesetz § 1, Absatz 1: Die Förderung der Mitglieder ist Dreh- und Angelpunkt des gemeinschaftlichen Geschäftsbetriebs, sie ist der eigentliche Mehrwert – und nicht die Kapitalrendite.

Bei den neugegründeten Genossenschaften lässt sich anschaulich und ganz leicht nachvollziehen, was die Menschen gerade an dieser Rechtsform anspricht, warum sie in die Fußstapfen der Genossenschaftspioniere Friedrich Wilhelm Raiffeisen und Hermann Schulze-Delitzsch treten. Wie keiner anderen Rechtsform gelingt es der Genossenschaft, wirtschaftlichen Erfolg mit sozialer Verantwortung zu verbinden. Für Baden-Württemberg – dem Bundesland mit der bundesweit höchsten Mitgliederdichte – heißt das konkret, Lösungen für aktuelle Herausforderungen, etwa aus dem demografischen Wandel resultierend, zu finden. Gerade in der regionalen Entwicklung kommt Genossenschaften ein gesellschaftlicher Gestaltungsauftrag zu.

Wert der Partizipation

Vor diesem Hintergrund hatten sich Genossenschaftspraktiker aus Banken, ländlichen und Warengenossenschaften 2020 in Workshops über einen der Wesenskerne der Unternehmens- und Rechtsform eingetragene Genossenschaft ausgetauscht – den genossenschaftlichen Wertekanon. Sowohl die Ergebnisse einer von der Forschungsstelle für Genossenschaftswesen an der Universität Hohenheim erstellten Studie, die als Diskussionsgrundlage dient, als auch die Gedankenimpulse der Workshops sollen nun ihren weiteren Weg in praxisrelevante Umsetzungen finden. Aus der Perspektive jeder einzelnen Genossenschaft werden sich Relevanz, Intensität und Geschwindigkeit der genossenschaftlichen Wertediskussion unterschiedlich darstellen.

Das in den Workshops herausgearbeitete Narrativ: Der Mensch ist ein soziales Wesen, das „liebenswerte“ Dienstleistungen und Services nachfragt. Wenn es Genossenschaften gelingt, „emotionale Werte-Stories“ zu erzählen, können die positiven Besonderheiten des genossenschaftlichen Wertekanons erlebbar gemacht und nachvollziehbar transportiert werden. Dies könne gelingen, wenn man sich auf einige wenige Werte konzentriere und auch lebe – wie beispielsweise Transparenz und Partizipation. Werte, die Genossenschaften ein Alleinstellungsmerkmal verschaffen. Gerade Partizipation wird durch Mitgliedschaft hergestellt. Und eine noch tiefere Teilnahme ergibt sich durch die Übernahme eines Ehrenamts in der Genossenschaft, in der man Mitglied ist.

Nächster Schritt: Ehrenamt

Für das Ehrenamt wird branchenspezifische rechtliche, betriebswirtschaftliche und strategische Fachkompetenz immer wichtiger, wenn es darum geht, die Genossenschaft in die Zukunft zu führen. Die Betonung liegt in diesem Zusammenhang auf dem Wort „führen“, denn das Ehrenamt steht in der Pflicht, die Mitglieder über den Weg der Genossenschaft aufzuklären und sie mitzunehmen.

Die jungen und kritischen Köpfe sind zukunftsweisende und unverzichtbare Impulsgeber für eine Genossenschaft und als „die Mitglieder von morgen“ eine wesentliche Bereicherung in Aufsichtsrat und Vorstand. Es wird daher eine der zentralen Herausforderungen sein, junge Mitglieder nicht nur an die Genossenschaft, sondern auch an die Gremien zu binden.

Junge Mitglieder zeichnen sich heute im Allgemeinen durch ihre gute Ausbildung, in vielen Fällen aber auch durch eine nicht allzu stark ausgeprägte Bindung gegenüber ihrer Genossenschaft aus. Es müssen daher besondere Bemühungen unternommen werden, sie von der Leistung der Genossenschaft zu überzeugen. Hierzu gehört, dass bereits dem Nachwuchs Sinn und Mehrwert genossenschaftlichen Handelns sowie die persönlichen Einfluss-, Entwicklungs- und Gestaltungsmöglichkeiten im Ehrenamt nähergebracht werden.

Um die Führungskräfte in landwirtschaftlichen Betrieben von morgen für die genossenschaftliche Idee zu begeistern und diese langfristig an ihre Unternehmen zu binden, hat der BWGV unter anderem Schulungen zum Genossenschaftswesen in Fachschulklassen für Landbau und Weinbau ins Leben gerufen. Gleichzeitig bietet der BWGV Beratungsangebote in Hinblick auf genossenschaftliche Kommunikations- und Bindungskonzepte an. Letztlich sind aber die Bestrebungen der Genossenschaften selbst maßgeblich, Jungmitgliedern die Möglichkeit zu bieten, sich aktiv in die Organisation einzubringen. So können junge Mitglieder frühzeitig gestalten, strategisch arbeiten, Verantwortung übernehmen und Führungserfahrung sammeln. Fördern und fordern lautet hier die Devise.

Fazit

Baden-Württemberg ist das Land der Genossenschaften. Nirgends ist die Dichte an Genossenschaften höher und nirgendwo ist die Mitgliederzahl gemessen an der Bevölkerungszahl höher als im Südwesten. Teil einer Gemeinschaft zu sein, die für einen wirtschaftlichen, sozialen oder kulturellen Zweck agiert, ist auch eine Antwort auf gesellschaftlich fragwürdige Vereinzelungstendenzen. Teilhabe ist toll. Hier in Baden-Württemberg weiß man darum.

Artikel versenden