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LUI-Preis: „Innovation kann man nicht verordnen“

LUI-Preisträger ZG Raiffeisen und BWGV
Jens Kreutzfeldt / ZG Raiffeisen

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Den ersten Platz in der Kategorie „Landwirtschaft“ und 3.000 Euro Preisgeld machte Johannes Klausmann aus Villingen-Schwenningen für sein „Farm Management System (FarmMS)“, eine App für das mobile Management von Geflügelherden. Die Anwendung liefert einen Echtzeit-Überblick über wichtige Betriebsdaten der Tiere wie Gewicht, Legeleistung oder Futter- und Wasserverbrauch. Damit kann der Landwirt den Zustand seiner Herde rund um die Uhr überwachen und sofort reagieren, falls etwas nicht in Ordnung sein sollte. Wie so viele Innovationen entstand die Idee zu dem Projekt bei dem 24-jährigen Agrarbusiness-Studenten, dessen Eltern selbst einen Legehennenbetrieb bewirtschaften, aus der Praxis heraus. In seinem Praxissemester suchte Klausmann auf dem Markt vergeblich nach einer entsprechenden Software, wie sie in anderen Branchen längst Standard ist. Also schrieb er kurzerhand selbst eine App für Smartphone, Tablet oder PC. Die Software bietet neben der Überwachungsfunktion zahlreiche Auswertungsmöglichkeiten, die Kalkulation, Bestellungen und die Dokumentation für die Behörden erleichtern. Dies war ein weiteres Argument für die Jury, diese Innovationsleistung mit dem ersten Platz auszuzeichnen.

Praxisunterricht fürs Leben

Mit dem zweiten Platz in der Kategorie „Unternehmenskooperation“ und 2.000 Euro wurden Schüler der Schlossbergschule in Kappelrodeck für den Schulwein ihrer Schülerfirma „Rebgeister“ ausgezeichnet. Was auf den ersten Blick zunächst wie eine sprichwörtliche Schnapsidee wirken mag, ist bei näherem Hinsehen Praxisunterricht fürs Leben. Die Schüler bewirtschaften ihren eigenen Weinberg und müssen dafür Anbau, Vertrieb und Vermarktung ihres eigenen Weins meistern. Damit alles professionell abläuft, haben sie mit ihrer Schülerfirma eine Kooperation mit dem Winzerkeller Hex vom Dasenstein gegründet. Dadurch erlernten die Schüler praktische, wirtschaftliche und soziale Fähigkeiten, die kein regulärer Lehrplan vermitteln kann, fand die Jury. Darüber hinaus eröffne ihnen dieses Projekt einen ganz eigenen Bezug zur Lokalgeschichte des Winzerortes Kappelrodek, teilweise bis hinein in die eigene Familiengeschichte, die nicht selten ihre Wurzeln im Weinbau hat.

In diesem Jahr hatte die LUI-Jury um ihren Vorsitzenden Thomas Huschle vom Bund Badischer Landjugend (BBL) nur vier anstatt der üblichen sechs Finalisten für die Endausscheidung nominiert. Huschle betonte bei der Preisverleihung im Bildungshaus Neckarelz in Mosbach, dass dies nichts mit der Qualität der Projektideen zu tun habe, sondern ausschließlich mit deren Entwicklungsstand. „Die Ideen sind hervorragend, aber noch nicht markt- und damit auch nicht entscheidungsreif“, sagte Huschle. „Wir würden uns aber freuen, wenn wir diese Bewerber hier bei uns wiedersehen, wenn sie so weit sind.“ Aus diesem Grund habe man sich auch entschieden, 2018 nur zwei anstatt wie üblich drei LUI-Preise zu verleihen.

Innovation kann man nicht verordnen

In ihren Grußworten betonten die Laudatoren und Ehrengäste aus Wirtschaft und Politik, wie wichtig junge, frische Ideen gerade für die Landwirtschaft seien, die in der Öffentlichkeit häufig wenig Wertschätzung erfahre. „Innovation kann man nicht verordnen“, meinte Arnulf von Eyb (CDU), Landtagsabgeordneter für Hohenlohe. „Es gibt sie eben nicht nur im Großen, bei großen Unternehmen, sondern sie beginnt häufig gerade hier, im Kleinen.“

„Es ist immer wieder erfrischend und inspirierend zu sehen, mit welchem Elan der Nachwuchs solche Dinge vorantreibt und am Leben erhält“, meinte Ute Bader, stv. Bereichsleiterin beim Baden-Württembergischen Genossenschaftsverband (BWGV), der den LUI gemeinsam mit der ZG Raiffeisen eG fördert. „Die Jugend hat einfach ein anderes Gespür für die Themen der Zukunft. Sie hat die Kraft, Dinge neu zu denken.“ Es sei auch der Innovationskraft der Landwirtschaft zu verdanken, dass Hungersnöte und Verarmung auf dem Land heute der Vergangenheit angehörten. Die Herausforderungen hätten sich geändert, sagte Bader, und nannte Globalisierung, Digitalisierung, Klimawandel und politische Verwerfungen. Umso wichtiger sei es, dass sich die Genossenschaften selbst treu blieben: „Gerade jetzt müssen wir in der Gesellschaft, in der Landwirtschaft, aber auch in den Genossenschaften, sehr genau aufpassen, dass wir uns nicht in einem Wettbewerb Jeder gegen Jeden verlieren.“

„Es sind diese Menschen mit unruhigem Kopf, mit Ideen, die mir Mut für die Zukunft geben“, sagte auch der Bundestagsabgeordnete Alois Gerig (CDU), Vorsitzender des Ausschusses für Ernährung und Landwirtschaft, der in diesem Jahr die Auszeichnungen verlieh. Die Landwirtschaft könne sich glücklich schätzen über viele junge, innovative Männer und Frauen, die den Kopf nicht in den Sand steckten, sondern nach der Lücke suchten und jeden Tage neue Ideen entwickelten sowie Wege, diese umzusetzen, sagte Gerig. Es seien doch gerade die Zukunftstechnologien wie die Digitalisierung, die es ermöglichten, Lebensmittel noch besser zu machen und Dünger oder Pflanzenschutz noch exakter und umweltfreundlicher auszubringen, so Gerig.

Die Stimmung ist besser als die Situation

Dabei sei die gegenwärtige Situation der Landwirtschaft eigentlich viel besser als die Stimmung, denn trotz Klimawandel und ungeachtet aller Wetterextreme seien die Regale in den Geschäften gut gefüllt mit günstigen Lebensmitteln, deren Qualität weltweit ihresgleichen suche. Leider werde es immer schwieriger, die Gesellschaft zu erreichen und ihr dies begreiflich zu machen, so Gerig. „Viele Menschen merken gar nicht mehr, was die Landwirtschaft leistet, weil es selbstverständlich geworden ist, dass man satt ist und sich alles leisten kann. Anscheinend ist dies eine Art Wohlstands-Begleiterscheinung.“

In seiner Laudatio konnte sich Gerig einen kleinen Seitenhieb auf das bundesweite Pendent zum LUI nicht verkneifen, dem Ceres Award, mit dem seit einigen Jahren der „Landwirt des Jahres“ gekürt wird. „Was Ceres jetzt in Berlin macht, das machen Sie mit Ihrem LUI schon seit über zwei Jahrzehnten“, meinte Gerig.

Auch Dr. Ewald Glaser, Vorstandsvorsitzender der ZG Raiffeisen eG, Karlsruhe, die den LUI seit seiner Gründung vor 22 Jahren als Sponsor begleitet, sah die Landwirtschaft bei der Kommunikation in der Defensive. „Irgendwann haben sich Gesellschaft und Landwirtschaft voneinander entfernt“, sagte Dr. Glaser. „Es ist wichtig, die Menschen zurückzugewinnen.“ Auch dies sei ein Stück Innovation, gerade in Zeiten, in denen das Veränderungstempo spürbar zunehme. „In der Wirtschaft ist es wie in der Natur: Pflanzen und Lebewesen müssen sich weiterentwickeln und an veränderte Rahmenbedingungen anpassen, wenn sie nicht aussterben wollen. Genauso ist es auch mit uns Menschen. Wenn wir nichts Neues hervorbringen, werden wir irgendwann einfach verschwinden.“

LUI-Preisträger ZG-Raiffeisen und BWGV
Die LUI-Preisträger 2018 mit Ehrengästen und Sponsoren.

 

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