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Im Lembergerland soll ein „Steillagen-Kollektiv“ genossenschaftliche Weinterrassen erhalten helfen

Lembergerland Steillagenkollektiv
BWGV-Archiv

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Seit über 1000 Jahren wird in den terrassierten Steillagen über der Enz bei Roßwag Wein angebaut. Die Reben profitieren von der intensiven Sonneneinstrahlung in der Steillage. Die Wärme aus den Trockenmauern schenkt ihnen „warme Füße“. Zudem wachsen hier qualitätsvolle Weine und die Trockenmauern sind Lebensraum für viele seltene Pflanzen und Tiere. Die Kehrseite der Medaille: Die Arbeit in der Steillage ist mühsam, ein Maschineneinsatz ist nur begrenzt oder gar nicht möglich. Zudem ist der der Erhalt der Trockenmauern aufwändig, auch finanziell. Ein Aufwand, der auf dem Weinmarkt nicht ausreichend honoriert wird, wissen die rund 250 Weingärtner der Lembergerlandkellerei eG, die rund 167 Hektar Rebfläche bewirtschaftet. Dabei überwiegen mit 84 Prozent rote Sorten, wovon wiederum 60 Prozent die Sorte Lemberger ausmacht.

Idee eines Solidaritätsmodells

Lembergerlandkellerei eG Rolf Allmendinger Vorstand
Rolf Allmendinger, Vorstandsvorsitzender der Lembergerlandkellerei eG: „Mit dem Modell des Steillagen-Kollektivs können die Wengerter unabhängig von der Erntemenge arbeiten und nachhaltig wirtschaften.“

Vor diesem Hintergrund hat die Genossenschaft mit ihren Mitgliedern ein Solidaritätsmodell entwickelt, das die Widrigkeiten des Markts abfedern soll: eine Patenschaft für eine Terrasse in der Steillage. Und aus vielen Patenschaften wird das sogenannte Steillagen-Kollektiv.

Wie das funktioniert? Die Patin oder der Pate stellt den genossenschaftlichen Weingärtnern übers Jahr hinweg jeden Tag einen Euro zur Verfügung, also in Summe 365 Euro. Dafür bekommt sie oder er einen Korb voller Weinkultur: ein persönliches Namensschild im Weinberg und ein Zertifikat mit den GPS-Koordinaten ihres beziehungsweise seines Terrassenstücks in den Lagen Mühlhäuser Felsengärten, Roßwager Halde oder im Vaihinger Schlossweinberg am Kaltenstein. Vier digitale Weinstammtische des Steillagenkollektivs bieten begleitend viele Hintergrundinformationen zum Wein, dessen Herkunft und seinen Erzeugern. Eine fachkundige Weinbergführung vor dem Herbst vervollständigt das Angebot. Zudem besteht die Möglichkeit, bei der Lese im Weinberg mitzuhelfen.

Naturaldividende für die Paten

Steillagenkollektiv der Lembergerlandkellerei eG
Richtig steil: die terrassierten Lagen über der Enz.

Nicht zuletzt, gewissermaßen als Naturaldividende, erhält jede Teilnehmende und jeder Teilnehmer 24 Flaschen Wein der Genossenschaft pro Jahr und dazu den Vorzug, die eigens für das Steillagenkollektiv komponierte Cuvée aus Roßwag und weitere Abfüllungen erwerben zu können. Im Gegenzug verpflichten sich die Kollektiv-Wengerter der Lembergerlandkellerei, auf den Einsatz von Herbiziden und Insektiziden zu verzichten und damit die Biodiversität im Weinberg zu fördern. Nach und nach werde der Rebbestand vermehrt durch robuste Rebsorten ersetzt, damit weniger gegen Pilzerkrankungen vorgegangen werden muss. Außerdem verpflichten sich die Kollektiv-Weingärtner, die ökologisch wertvollen Trockenmauern zu erhalten. Dies bedeute auch, den Fortbestand dieses Biotops für nützliche Insekten und seltene Reptilien in dieser einmaligen Kulturlandschaft zu garantieren.

Mithilfe des Steillagen-Kollektivs erhalten die Weingärtner für ihren enormen Aufwand nicht nur mehr Geld für ihre Trauben, so der Plan. Auch die Pflege der Trockenmauern und damit der besonderen Kulturlandschaft werde ihnen extra honoriert. So erhalten sie laut Genossenschaft vom Kollektiv für die Landschaftspflege bis zu 150 Euro je Terrasse zusätzlich zu ihrem Traubenertrag. „So können die Wengerter unabhängig von der Erntemenge arbeiten und nachhaltig wirtschaften“, sagt Rolf Allmendinger, Vorstandsvorsitzender der Lembergerlandkellerei eG. Das weckt Motivation und das generationenübergreifend. So haben sich bereits einige Söhne und Töchter für die Weiterbewirtschaftung der elterlichen Weinberge entschieden. „Wir wollen, dass sich Kunden, Mitglieder, Mitarbeiter und alle in der Region mit unserem Tun identifizieren können“, beschreibt Allmendinger die Zielsetzung der Initiative in den ökologisch so wertvollen Steillagen.

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