Eine Vielzahl an Neugründungen sorgt für Mitgliederzuwachs bei den deutschen Genossenschaften. Im Zeitraum von 2016 auf 2017 sind sie um 104.000 auf 22,7 Millionen Anhänger gewachsen, berichtet die Publikation „Die deutschen Genossenschaften 2018“.
Im Vergleich zum Vorjahr haben die deutschen Genossenschaften 2017 wieder leicht zugelegt. In Summe hat die Genossenschaftsorganisation in Deutschland 2017 einen Netto-Mitgliederzuwachs um 0,5 Prozent auf 22,7 Millionen Menschen registriert. Das sind viermal so viele Genossenschaftsanhänger wie Aktionäre. Damit bleiben die Genossenschaften die mitgliederstärkste Wirtschaftsorganisation Deutschlands. Während die Zahl der Mitglieder ländlicher Genossenschaften leicht abnimmt, gewinnen die genossenschaftlichen Kreditinstitute weiter Anhänger. Über 80 Prozent aller Genossenschaftsmitglieder sind Anteilseigner bei den Genossenschaftsbanken. Ihr Zuspruch ist seit der Finanzkrise nochmals gestiegen. Seit deren Ausbruch verzeichnen die genossenschaftlichen Kreditinstitute einen Netto-Mitgliederzuwachs von über zwei Millionen Menschen. Für einen Mitgliederanstieg in anderen Bereichen des genossenschaftlichen Sektors sorgt zudem eine anhaltende Vielzahl an Neugründungen.
Gründungsgeschehen: Bürgergenossenschaften im Aufwind
„Klimawandel, Ärztemangel auf dem Land oder unzureichende Internetversorgung in dünn besiedelten Gebieten: Während die Politik noch über Lösungen streitet, werden immer mehr Bürger selbst aktiv und schließen sich in Genossenschaften zusammen“, erklärt DZ-Bank-Volkswirt und Autor des jährlich erscheinenden Genossenschaftsberichts Michael Stappel. Das belegt eine stabil hohe Zahl an Neugründungen. Im ersten Halbjahr 2018 wurden bundesweit insgesamt 93 Genossenschaften gegründet. Das ist eine Genossenschaft mehr als im ersten Halbjahr 2017. Zum Vergleich: In den 1990er Jahren waren es noch 30 Genossenschaften pro Jahr. Etwa ein Drittel der Neugründungen in der ersten Jahreshälfte entfiel auf Wohnungsgenossenschaften. Neben Gründungen in den klassischen Bereichen Handel, Landwirtschaft und Wohnen, schließen sich Menschen vermehrt im Bereich Erneuerbare Energien sowie im Dienstleistungs- und Gesundheitssektor zusammen. Zudem werden immer mehr gemeinwohlorientierte Genossenschaften gegründet, um beispielsweise den örtlichen Dorfladen oder das örtliche Schwimmbad zu retten. Insgesamt ging die Zahl der Genossenschaften in Deutschland 2017 um 1,4 Prozent auf rund 7.819 zurück. Grund dafür ist die voranschreitende Konsolidierung bei den Kreditgenossenschaften und die Auflösung älterer Waren- und Dienstleistungsgenossenschaften.
Deutsche Genossenschaften setzen 219 Milliarden Euro um
Die deutsche Genossenschaftslandschaft konzentriert sich vor allem auf die Bereiche Finanzen, Landwirtschaft, Handel, Handwerk, Energie und Wohnungswirtschaft. Der addierte Gesamtumsatz der deutschen Genossenschaftsorganisation betrug im letzten Jahr 218,8 Milliarden Euro. Hauptumsatzträger sind der Lebensmittelhandel, zu dem auch die Rewe Group und der Edeka-Verbund gehören, sowie das ländliche Warengeschäft. Für die vor allem in der Binnenwirtschaft verwurzelten deutschen Genossenschaften bleiben die konjunkturellen Rahmenbedingungen 2018 insgesamt gut. Das anhaltende Wachstum des privaten Verbrauchs bei stärker steigenden Preisen lässt eine stabile Entwicklung der Genossenschaften des Facheinzelhandels, des Lebensmitteleinzelhandels und Lebensmittelhandwerks sowie der Konsumgenossenschaften erwarten.
Immobilienboom stärkt Wohnungsbaugenossenschaften
Die gute Wohnungsbaukonjunktur gibt Genossenschaften in diesem Jahr weiter Aufwind. Angetrieben von extrem niedrigen Zinsen steigt die Immobiliennachfrage seit Jahren. Davon profitieren vor allem die Genossenschaftsbanken, die eine hohe Nachfrage an Immobilienkrediten verzeichnen, aber auch Wohnungsbaugenossenschaften, baunahe Handwerkergenossenschaften und der Baustoffhandel der ländlichen Genossenschaften erfahren eine starke Nachfrage. Der dringend erforderliche Wohnungsneubau wird jedoch durch knappes Bauland, eine Überregulierung und langwierige Genehmigungsverfahren behindert. Hinzu kommt der zunehmende Fachkräftemangel, von dem viele Betriebe des Bau- und Ausbauhandwerks betroffen sind. Nichtsdestotrotz haben die Wohnungsgenossenschaften eine kräftige Steigerung ihrer Neubauinvestitionen geplant.