Über Geld spricht man nicht! Dieses Sprichwort scheint mit Blick auf unzählige Dialoge und Posts vor allem von „Finfluencern“ in sozialen Medien nicht mehr in die Zeit zu passen. Doch führt die große Sichtbarkeit auch zu mehr Sicherheit im Umgang damit? Eine Befragung von Union Investment zeigt: In den vergangenen sieben Jahren hat sich wenig getan. Die Geno-Graph-Redaktion hat darüber mit Giovanni Gay, Vorstandsmitglied von Union Investment, gesprochen.
Herr Gay, wie steht es um das Wissen über Geld und Finanzen?
Die Bevölkerung sieht sich weiterhin nur mäßig gut aufgestellt. Und vor allem Experten aus Schule, Politik und Finanzbranche sehen Handlungsbedarf. Auch wenn das Thema Geld und Finanzen durch Neobroker und Finfluencer immer stärker im Rampenlicht steht, bleibt das Finanzwissen in der Bevölkerung auf mäßigem Niveau. Im Vergleich zu 2017 sind die Kenntnisse nach Einschätzung der befragten Fachleute sogar gesunken. Die Experten vergeben durchschnittlich nur die Schulnote 4 für das Finanzwissen.
Die Bedeutung des Themas ist aber den meisten doch klar, oder?
Ja, das stimmt. Die Befragten halten Finanzbildung für essenziell. Zwei Drittel der Experten sehen Kenntnisse in diesem Bereich als noch wichtiger an als das Wissen über Gesundheit, Politik, Nachhaltigkeit und Ernährung. Außerdem rechnen sie damit, dass es künftig noch stark an Bedeutung gewinnen wird: Gut zwei Drittel sind der Meinung, dass Finanzbildung in zehn Jahren äußerst wichtig oder wichtig sein wird.
Woran liegt es, dass das Thema dennoch nicht vorankommt?
Auf die Frage, was einer besseren Wissensvermittlung im Weg steht, rückt die Schule noch deutlicher ins Blickfeld als 2017: Zwei Drittel nennen die zu geringe Behandlung des Themas im Unterricht als Grund für das mangelhafte Finanzwissen, 2017 war es gut die Hälfte der befragten Personen. Mit Abstand folgt das Elternhaus. Aber auch der Eindruck, dass kein Interesse am Thema besteht, hat zugenommen.
Wen sehen Experten in der Pflicht, sich des Themas stärker anzunehmen?
Vor allem die Schulen: Aktuell votieren fast acht von zehn Experten dafür, dass die Vermittlung von Finanzwissen eine Aufgabe der Schulen ist. Von Finanzberatern wünschen sich übrigens 46 Prozent der Befragten, dass sie an dieser Stelle Verantwortung übernehmen. Für Banken, die das Thema direkt den Schulen ihres Geschäftsgebiets anbieten wollen, bieten wir übrigens mit „Money-Coaster“ eine tolle Initiative für mehr Finanzbildung.
Wie gut vermitteln die Schulen Finanzwissen?
Die Experten geben den Schulen im Schnitt die Note 4,7 für die Vermittlung von Finanzwissen, deutlich schlechter als 2017. Das zeigt, dass die bestehenden Maßnahmen in den Schulen noch keine durchschlagende Wirkung zeigen. Finanzberater erhalten übrigens mit der Note 3,0 die zweitbeste Bewertung.
Bei welchen Themen haben die Menschen die größten Wissenslücken?
Die größten Herausforderungen sehen die meisten – sowohl Experten als auch eine repräsentative Gruppe aus der Bevölkerung – vor allem im Bereich Altersvorsorge. An zweiter Stelle steht das Verständnis zum Umgang mit Schulden. Ein weiteres wichtiges Thema ist die Geldanlage mit Aktien oder Fonds. Gerade der Wissensbedarf zum Thema Altersvorsorge zeigt, dass den Menschen bewusst ist, welche Bedeutung es für ihre Zukunft hat. Insgesamt scheinen die Umfrageteilnehmer sehr klar zu wissen, wo Defizite bestehen. Nur sieben Prozent sagen, dass sie sich in keinem der genannten Bereiche eine bessere Finanzbildung wünschen.
Welche Lösungsansätze sehen die Befragten?
Mehr als die Hälfte hält die Wissensvermittlung in der Schule bereits in unteren Jahrgängen für einen Lösungsansatz. Für 46 Prozent wäre ein eigenes Schulfach ideal. 39 Prozent sind der Ansicht, dass Weiterbildungsmaßnahmen in Unternehmen das Finanzwissen verbessern könnten. Dieser Ansatz hatte bereits vor sieben Jahren etwas überrascht, könnte aber ein zusätzlicher Baustein sein, Finanzbildung in die Breite zu tragen.
„MoneyCoaster“ unterstützt Schulen und Banken
Mit „MoneyCoaster“ können Banken die Themen Geldmanagement, Sparen und sicheres digitales Bezahlen in die Schulen bringen. Die Unterrichtseinheit ist für Schüler der Klassenstufen 8 bis 11 geeignet. Per App können Schüler an einem Abschlusstest teilnehmen und so ihren persönlichen Finanzführerschein erhalten. Zudem zeichnet Union Investment die drei Schulen mit den besten Testergebnissen mit einem Preisgeld in Höhe von insgesamt 10.000 Euro und einer Sommerparty bei der Bank vor Ort aus. Zur Vorbereitung auf den Unterricht erhalten Banken ein umfangreiches Paket an Materialien. Der Wettbewerbszeitraum 2024/25 läuft bis Mai 2025. Anmeldungen: finanzbildung@union-investment.de.