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Energiegenossenschaften und neue Geschäftsmodelle

Energiegenossenschaften mit neuen Geschäftsmodellen - Mieterstrom
BWGV-Archiv

Kooperationen sind ein wichtiges Geschäftsmodell der Zukunft. „Gerade die Kopplung der Sektoren Strom, Wärme und Verkehr, die in der Energiewende immer mehr diskutiert wird, bietet viele Ansatzpunkte für Genossenschaften. Vielleicht auch in Verbindung mit anderen Dienstleistungen, wie Nahversorgung, Quartiersentwicklung, Contracting – das Spektrum ist groß. Auch Themen wie Mieterstrom gewinnen an Bedeutung, da ist man dann auch eng mit der Wohnungswirtschaft verzahnt“, sagt BWGV-Präsident Dr. Roman Glaser im Interview mit der Redaktion des Online Energiewendemagazins des BWGV-Mitglieds Elektrizitätswerke Schönau (EWS) eG.

Kooperationsmodell zwischen Wohnungsbau- und Energiegenossenschaften

So gibt es Genossenschaften, die ihre Photovoltaik- Anlage verpachten, um dem Pächter die Möglichkeit des Eigenverbrauchs zu ermöglichen. Andere Energiegenossenschaften liefern den erzeugten Strom an die Mieter des Hauses und versorgen diese zusätzlich mit der Reststrombelieferung. Insbesondere das Kooperationsmodell zwischen Wohnungsbau- und Energiegenossenschaften eröffnet für beide Parteien den Markt zum Geschäftsfeld Mieterstrom. Während Energiegenossenschaften dadurch ein neues Geschäftsfeld hinzugewinnen, geht es der Wohnungswirtschaft darum, eine kostenverträgliche Versorgung für die Mieter zu gewährleisten.

Auf der einen Seite haben Energiegenossenschaften das erforderliche Know-how für die Planung, Entwicklung und das Betreiben von Energieprojekten – insbesondere dann, wenn Bürgerbeteiligung eine wichtige Rolle spielen soll. Auf der anderen Seite verfügen Wohnungsbaugenossenschaften über das spezifische Wissen, das für die Pflege und Weiterentwicklung ihres Gebäudebestands erforderlich ist.

Viele Wohnungsbaugenossenschaften klagen über immer neue Auflagen aus der Politik zur Energienutzung und Energieeffizienz. Einige weisen einen Investitionsstau auf, sodass sie mit ihren knappen finanziellen Mitteln sorgfältig umgehen müssen. Gleichzeitig verfügen die meisten über einen attraktiven Wohnungsbestand, in dem Energiekonzepte der Nahwärme, des Mieterstroms, der Einsparinvestitionen und vieles andere mehr Sinn machen. Nennenswerte Umsätze mit Geschäftstätigkeiten außerhalb der Vermietung sollten sie möglichst vermeiden, um die Vorteile des Status der steuerbefreiten Vermietungsgenossenschaft nicht zu gefährden. Außerdem könnten einige Wohnungsbaugenossenschaften neue Marketingaktivitäten für die Vermietung an attraktive Zielgruppen gut gebrauchen.

Erneuerbare Energien: Bald das größte Stück im Stromerzeuger-Kuchen?

Bereits im laufenden Jahr könnten die erneuerbaren Energien den größten Beitrag zur Stromerzeugung liefern, sagt der Hauptgeschäftsführer des Bundesverbands der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW), Stefan Kapferer. Der Stromverbrauch in Deutschland stieg nach BDEW Angaben 2017 um knapp ein Prozent, der Erdgasverbrauch um gut fünf Prozent. Bei Strom erhöhte sich nach den Zahlen des Verbands der Erzeugungsanteil der erneuerbaren Energien 2017 auf 33,1 Prozent nach 29 Prozent in 2016. Aus Stein- und Braunkohlekraftwerken kamen demnach 37 Prozent des Stroms (2016: 40,3 Prozent). Gaskraftwerke hatten einen Anteil von 13,1 Prozent (Vorjahr: 12,5 Prozent), die Kernkraft von 11,6 Prozent (Vorjahr: 13,0 Prozent). Auf sonstige Anlagen entfielen unverändert 5,1 Prozent. Unter den erneuerbaren Energien spielte die Windenergie mit allein 13,3 Prozent Anteil die größte Rolle.

Gemessen am inländischen Verbrauch haben die erneuerbaren Energien einen Anteil von 36,1 Prozent. Das von der Bundesregierung für das Jahr 2020 vorgegebene Ziel von 35 Prozent sei damit schon 2017 übertroffen worden, sagt Kapferer. Der Ausstieg aus der Kohleverstromung habe längst schrittweise begonnen. 2017 seien sechs Steinkohlemeiler vom Netz genommen worden. Die ersten Braunkohlekraftwerke seien vom Normal- auf einen Bereitschaftsbetrieb umgestellt worden.

Von der stetig wachsenden Bedeutung der erneuerbaren Energien können Energiegenossenschaften profitieren, auch und gerade in Baden-Württemberg. Die dafür nötige Schlagkraft ist vorhanden. BWGV-Präsident Glaser hebt im Energiewendemagazin-Interview hervor: „Wir als BWGV können uns glücklich schätzen, dass wir zwei Ausnahme-Genossenschaften in unseren Reihen haben: Neben den EWS ist dies das Alb-Elektrizitätswerk Geislingen-Steige, ein Regionalversorger, 1910 gegründet. Die älteste Energiegenossenschaft im Land. Und sie hat sich schon mit Windkraft beschäftigt, als andere Versorger noch nicht daran gedacht haben.“

Energiewende braucht Genossenschaften

Von der Politik wünscht sich Glaser, dass sie ihre Rolle wieder etwas zurücknimmt. „Die permanente Novellierung des EEG hat am Ende viele Aktivitäten gelähmt, denn der Politik hat der Blick für das große Ganze gefehlt. Während einerseits praktisch niemand in der politischen Landschaft die Klimabeschlüsse von Paris in Frage stellt, ist andererseits das EEG zu einem der kompliziertesten Gesetze überhaupt geworden“, so der BWGV-Präsident. Das mache es für Bürgerunternehmen besonders schwierig. „Dabei braucht die Energiewende die Genossenschaft auch aus Gründen der Akzeptanz. Denn es macht einfach einen Unterschied, wenn möglichst viele Bürger sagen können: Das ist auch mein Unternehmen.“

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