Lichtschalter an – doch das Licht bleibt aus. Jeder kennt das Gefühl, wenn mal wieder eine Glühbirne ausgetauscht werden muss. Bei der Wahl des Leuchtmittels wird häufig die günstigste Variante gewählt, obwohl es mit LEDs und Energiesparlampen zwar teurere aber energieeffizientere Alternativen gibt. Auch wenn die Energiewende längst in der Bevölkerung angekommen ist, bedeutet das für viele Menschen in Deutschland nur die Substitution von endlichen Ressourcen durch erneuerbare Energien. Um die Energiewende allerdings erfolgreich zu gestalten, muss dem Ausbau von regenerativen Energien eine Energieeffizienzwende folgen. Hier ist sich auch die Politik einig. „Europa kann sich Energieverschwendung nicht leisten. Energieeffizienz ist eines der zentralen Ziele für 2020 und gleichzeitig ein Schlüsselfaktor für das Erreichen unserer langfristigen Energie- und Klimaschutzziele.“ Mit dieser Aussage leitete die Europäische Kommission 2010 ihre Forderung ein, die EU müsse eine Energieeffizienz-Strategie entwickeln. Wenn es an Geld, Zeit und Know-how fehlt, kann eine Contracting-Lösung eine Möglichkeit darstellen, Energieeffizienzmaßnahmen erfolgreich umzusetzen.
Investieren ohne Kapitalbindung
Energie-Contracting ist ganz allgemein gesprochen ein Energiedienstleistungskonzept zur Steigerung der Energie- und Kosteneffizienz. In Kooperation mit unterschiedlichen Partnern werden Effizienzmaßnahmen erfolgreich umgesetzt. Energiegenossenschaften, Genossenschaftsbanken, Kommunen und Handwerker können dabei gemeinsam den Primärenergiebedarf reduzieren. Getreu dem Motto der Kampagne des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie: „Deutschland Macht’s Effizient“. Dass dieses Prinzip schon früher geklappt hat, zeigt ein Blick in die Historie. Der schottische Erfinder James Watt überließ seinen Mitmenschen eine Dampfmaschine. Dabei übernahm er die Installation, Finanzierung und Wartung der Maschine und garantierte, dass der Energiebedarf für die Maschine weitaus weniger kostet, als an Futter für die Pferde aufgewendet werden musste. Das Geschäftsmodell machte sich dadurch bezahlt, weil der Erfinder ein Drittel des eingesparten Geldes bekam.
Contracting ein Win-win-(win-)Geschäftsmodell?!
Sowohl in Kommunen als auch in kleinen und mittleren Unternehmen fehlt es meistens an den genannten drei Dingen, um wirtschaftliche Effizienzprojekte erfolgreich umzusetzen: Geld, Zeit und Know-how. Dass diese Ressourcen mit unterschiedlichen Partnern vor Ort in ein Contracting- Projekt eingebracht werden können, zeigt das Blockheizkraftwerk-Projekt (BHKW) der Energiegenossenschaft Odenwald, Erbach, das in Zusammenarbeit mit der Volksbank Main-Tauber eG, Tauberbischofsheim, in einer Partner-Kommune umgesetzt wurde. Ein sanierungsbedürftiges BHKW in der örtlichen Kläranlage musste erneuert werden. Der Kommune fehlte das nötige Kapital. Die Energiegenossenschaft als Contracting-Geber errichtete ein neues Aggregat und übernimmt in den nächsten Jahren die Vollwartung sowie die nötigen Versicherungen.
So funktioniert Energie-Contracting
Eine Contracting-Maßnahme durch den Contracting-Geber senkt die hohen Energiekosten. Einen Teil des eingesparten Gelds zahlt der Contracting-Nehmer über eine bestimmte Laufzeit an den Contracting-Geber zurück, wodurch die Einsparinvestition getilgt wird. Nach Ablauf der Vertragslaufzeit gehen meistens die energieeffizienteren Techniken in den vollständigen Besitz des Contracting-Nehmers über.
Zur Finanzierung holte sich die Energiegenossenschaft die Volksbank Main-Tauber eG mit ins Boot, die sich seit vielen Jahren als ausgewiesene „Energiebank“ einen Namen gemacht hat. „Wir haben die Energiegenossenschaft Odenwald gerne bei der Finanzierung dieses Projekts begleitet und unterstützt“, so Wolfgang Maier, Leiter der Abteilung Energie & Umwelt bei der Volksbank. So zeigt gerade dieses Projekt beispielhaft, dass Effizienzprojekte mit kommunalen Partnern hohe Wertschöpfungs-Potenziale bieten. Durch die neue Technik werden die Emissionen der Faulgasverbrennung durch höhere Wirkungsgrade des BHKW zusätzlich reduziert. Die Entschwefelung trägt zu einer deutlichen Gefahrenreduzierung im Bereich der Schwefelabscheidung und der Eindämmung der Brandgefahr bei und sorgt somit für eine starke Verbesserung der Arbeitssicherheit. Über ein innovatives Contracting-Modell konnte das Vorhaben realisiert und finanziert werden.
Somit entstanden für jeden Partner wirksame Vorteile. Das neue Aggregat erzeugt mehr Strom und Wärme aus dem anfallenden Klärgas. Zusätzlich verringert sich durch den Wartungsvertrag der Arbeitsaufwand im Klärwerksbetrieb und der Kommune entstehen keine Finanzierungskosten für eine eigene Kreditaufnahme. Die Gemeinde bleibt dadurch trotz haushaltsrechtlicher Sparzwänge handlungsfähig.
Energieregion Neckar-Odenwald-Main-Tauber
Mit der Abteilung „Energie und Umwelt“ treibt die Volksbank Main-Tauber die Energiewende aktiv voran und versteht es demnach als Kernaufgabe, zahlreiche wegweisende Projekte mit diesem Hintergrund zu finanzieren. Deshalb passte die Finanzierung der BHKW-Anlage bestens ins Konzept der Volksbank. Durch intelligente Finanzierung von zukunftsweisenden Technologien profitieren am Ende alle Beteiligten. Dabei sind die Beteiligten des Projekts nicht die einzigen, die sich aktiv für die Energiewende und den Klimaschutz engagieren. Die benachbarte Energiegenossenschaft Energie+Umwelt eG agiert in den verschiedensten Tätigkeitsfeldern. Neben der Betreuung ihrer 39 PV-Anlagen beteiligt sich die Genossenschaft an zwei Windparks. Rund 15 Millionen Euro flossen von der Genossenschaft somit in den Bereich der Erneuerbaren Energien, wodurch bislang 4.400 Tonnen CO2 eingespart wurden.
Licht, Strom, Wärme, Druckluft
Die Energieeffizienzwende wird in Baden-Württemberg von weiteren Energiegenossenschaften aktiv vorangetrieben. Mit bedarfsorientierten Konzepten zu nachhaltigen Energieeffizienzlösungen werden mit unterschiedlichen Kooperationen und Partnerschaften durch Contracting Energie, Geld und CO2 eingespart. Die EnerGeno Heilbronn-Franken eG übernahm umfangreiche Energieeffizienzmaßnahmen in mehreren Unternehmen. Durch moderne Beleuchtungstechnik spart ein Unternehmen dadurch nun 230.000 kWh Strom und gleichzeitig 161 Tonnen CO2 ein. Auch die Energiegenossenschaften in Biberach, Leutkirch und im Virngrund bei Ellwangen setzen Maßnahmen im Bereich Beleuchtungs-Contracting erfolgreich um. Mit der Umstellung auf LED-Technik in kommunalen Gebäuden und bei der Straßenbeleuchtung haben die Gemeinden wesentlich geringere Stromkosten. Im Wärmebereich investieren Energiegenossenschaften ebenfalls in Effizienzmaßnahmen. So sorgen die Energiegenossenschaft Emmendingen und die Badische Holzenergie eG mit modernen Kraftwärmekopplungs-Anlagen für eine effizientere Nutzung des eingesetzten Brennstoffs.
Contracting bringt allen Partnern, wie Genossenschaftsbanken, Energiegenossenschaften, Kommunen, Privatpersonen und dem örtlichen Handwerk, in Form von Energiekostenersparnissen, neuen Geschäftsfeldern oder Aufträgen greifbare Vorteile. Denn Energieeffizienz ist als günstigste, wettbewerbsfähigste und sicherste Energieform die größte Energieressource und wichtiger Stützpfeiler der Energiewende.
Energietag 2016
Mit der Novellierung des Erneuerbaren-Energien-Gesetzes, kurz EEG, das im Juli 2016 verabschiedet wurde, werden für die Energiewende in Deutschland neue Rahmenbedingungen geschaffen. Jetzt gilt es für Energiegenossenschaften, Kommunen und lokale Akteure, trotz der veränderten Gesetzeslage die Energiewende weiter voranzubringen. Am Energietag 2016 stellen Energiegenossenschaften ihre aktuellen Projekte vor. Schwerpunktthemen sind in diesem Jahr die Tätigkeitsbereiche Windkraft, Nahwärme und Contracting.
Freitag, 21. Oktober 2016, 9 bis 14 Uhr, mit anschließendem Mittagsbuffet, GENO-Haus Stuttgart
Anmeldung bis 16.10.2016 mit dem Passwort „Energie2016“ unter www.wir-leben-genossenschaft.de/energie