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Ein halbes Jahrhundert GENO-Haus − ein Interview

GENO Haus Stuttgart feiert 50. Geburtstag
GHV

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Die Heimstatt der baden-württembergischen Genossenschaftsorganisation, das markante Bürohochhaus in bester Stuttgarter Innenstadtlage, feiert dieses Jahr runden Geburtstag. Das GENO-Haus wird 50. Grund genug für die Geno-Graph-Redaktion, mit den beiden Geschäftsführern der GENO-Haus Stuttgart GmbH & Co. KG (kurz GHV), Ulrich Frick und Uwe Peters, über die jüngere Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft des Jubilar-Areals zu sprechen.

Herr Frick, Herr Peters, zum 40-Jahre-Jubiläum des GENO-Hauses vor zehn Jahren wurde ein toll gestaltetes Buch veröffentlicht, mit dem man die wichtigsten Meilensteine von der Grundsteinlegung 1973 bis zum damals aktuellen Stand dieser architektonischen Perle im Herzen Stuttgarts in Wort und Bild nachvollziehen kann. Deshalb konzentrieren wir uns auf die vergangenen zehn Jahre. Welche bedeutenden Weiterentwicklungen gab es auf dem GENO-Haus-Areal in dieser Dekade?

Uwe Peters: In jüngster Vergangenheit hat die GHV so viele große Flächenumbauten für Mieter geplant und realisiert wie nie zuvor. Exemplarisch seien an dieser Stelle folgende Aus- und Umbauten genannt: 2017/18 Fläche 1. OG Hauptgebäude Nord- und Südfläche, rund 2.000 Quadratmeter für den BWGV; 2019 Fläche 1. UG Rückgebäude zirka 440 Quadratmeter für eine Vermietung an die MRK Group; 2019/20 Fläche EG Foyer West, neue Veranstaltungsräume und Anbau in etwa 500 Quadratmeter als Ersatz für die geschlossene BWGV-Akademie in Stuttgart-Hohenheim; 2019/20 Fläche 7. OG Haupt- und Rückgebäude komplett rund 1.500 Quadratmeter für eine Neuvermietung an DZ Privatbank, VBE, Gewinnsparverein und Notar/Rechtsanwälte Bahmann+Fuchs; 2021/22 Fläche 2. OG Hauptgebäude Nordost-Westfläche zirka 800 Quadratmeter für eine Neuvermietung an AnyDesk; 2021/22 Fläche 6. OG Hauptgebäude Nord-/Ost-Teilflächen rund 500 Quadratmeter für eine Erweiterung des Mietverhältnisses Dolde, Mayen + Partner; 2022 Fläche 10. OG Hauptgebäude Westfläche etwa 250 Quadratmeter für den genossenschaftlichen Arbeitgeberverband.

Ulrich Frick: Mit jedem Flächenumbau werden die dort installierten, für das Raumklima relevanten gebäudetechnischen Komponenten durch neueste Technik ersetzt und die Büroflächen zudem modernisiert. Zwei große Investitionsprojekte sind hier neben vielen kleineren Ersatzmaßnahmen hervorzuheben: 2013/14 erfolgte der Ersatz der Klimaanlagen in der Technikzentrale +3 (Voutengeschoss). Die „großen“ Klimaanlagen versorgen im Hauptgebäude Geschoss +4 bis +10 und im Rückgebäude Ul bis +6. Mit dem Austausch der eigentlichen großen Klimageräte ging auch der Ersatz der brüstungsintegrierten Induktionsgeräte einher. Durch die neuen Induktionsgeräte konnten die für die Klimatisierung der Büroräume erforderliche Luftmenge von 80 Kubikmeter je Stunde auf 30/50 Kubikmeter pro Stunde reduziert werden. Im besten Fall müssen nun etwa 55.000 Kubikmeter Außenluft pro Stunde nicht mehr gekühlt, beheizt und gefördert werden. Ein riesiger Beitrag zur Energieeffizienz. In den Klimageräten sind Hochleistungs-Kreuzstrom-Wärmetauscher zur Rückgewinnung von Wärme und Kühle im Sommer mit einem Effizienzgrad bis zu 75 Prozent verbaut. Somit konnte der Energieeinsatz für die Klimatechnik drastisch reduziert werden.

Peters: 2016/17 gab es den Umbau der Klimatechnik im Casino. Der Umbau umfasste neben wichtigen brandschutz- und sicherheitstechnischen Anpassungen die komplette Neuplanung und Umbau der Klimatechnik für Cafeteria, Speisesaal, Gästeräume und Umkleideräume sowie auch für die Kochküche. Die Altanlagen stammten noch aus den Baujahren 1970 bis 1972. Durch den Austausch der Anlagen haben sich die Energieverbräuche stark reduziert.

Im Zuge der Flächenumbauten im U 1, EG Foyer West, 1. und 2. OG sind sogenannte Deckeninduktionsgeräte neu installiert worden. Diese sind in ihrer Funktion mit den Induktionsgeräten an den Brüstungen der oberen Geschosse vergleichbar. Grundsätzliches Ziel ist es, um Energie zu sparen, die Luftmengen zu senken, ohne das Wohlbefinden zu reduzieren. Ein weiterer Aspekt darf hinsichtlich der Flächenumbauten nicht vergessen werden. Es werden nach bestem Wissen und Gewissen nur noch emissionsarme, wenn möglich emissionsfreie Bauprodukte verbaut. Denn nur in einem emissionsarmen Gebäude dürfen niedrige Luftmengen gefahren werden.

2019/2020 wurden zudem die Aufzüge saniert und neue Rückkühlwerke auf dem Dach sowie eine neue Kältemaschine im 5. Untergeschoss eingebaut.

Viele der von Ihnen erwähnten Maßnahmen zahlen auf das Megathema Nachhaltigkeit ein. Gibt es noch mehr Aspekte?

Frick: Die gibt es. Nehmen wir den ökologischen Aspekt von Nachhaltigkeit. Das GENO-Haus hat eine sehr gute Anbindung an den Öffentlichen Personennahverkehr. Unsere Dächer sind bereits seit 1992 begrünt. Seit 2010 verwenden wir Stickoxide-reduzierende Fassadenfarben. Wir achten auf die Verwendung von Bauprodukten, die möglichst klimaneutral hergestellt sind. Seit 2009 nutzen wir zertifiziert regenerativ erzeugten Strom, hauptsächlich aus Wasserkraft. Wir achten auf die Langlebigkeit beim Einbau hocheffizienter gebäudetechnischer Anlagen. Seit 2009 haben wir einen 1.100 Kubikmeter großen Kaltwasserspeicher und wir reduzieren den Wasserverbrauch durch „trockene“ Rückkühler.

Peters: Zu den soziokulturellen Aspekten von Nachhaltigkeit nenne ich folgende Stichpunkte: Das Gebäude ist vollklimatisiert – 100 Prozent Außenluft, eine hohe Innenraumqualität durch anspruchsvolle Gestaltung, hoher akustischer Komfort durch Schallschutzfenster und schallisolierende Decken, visueller Komfort durch viel Tageslicht aufgrund großer Fensterflächen, hohe Außenraumqualität durch „Innenhof“ EG und Casino-Gebäude, Barrierefreiheit durch entsprechende Einrichtungen (Eingang über Räpplenstraße, Behindertenparkplätze, WC’s, Aufzüge usw.), Fahrrad-Stellplätze in der Tiefgarage auf Höhe der Heilbronner Straße erreichbar, Gestaltung der Büroflächengrundrisse – kurze Wege, schnelle Erreichbarkeit durch Aufzüge, sehr viele Arbeitsformen und -gestaltungen möglich, ergänzende Dienstleistungen in unmittelbarer Nähe (Frisör, Arzt, Einkaufszentrum, Bibliothek), eine hohe  Aufenthaltsqualität in den „öffentlichen Räumen“ EG-Foyer und Casino, Angebote für Frühstück und Mittagessen im Casino und auch Kunst am Bau.

Frick: Das GENO-Haus weist durch seine Skelettbauweise eine hohe Flexibilität in der Gestaltung der Flächen und deren Nutzungsmöglichkeiten auf. Durch seine hohe Marktattraktivität und den beständigen Markenkern „GENO“ weist das GENO-Haus seit Jahren keine Leerstände von Büroflächen aus. Es besitzt ein hohe Wertstabilität durch laufende Instandhaltung und Modernisierung, insbesondere gemäß dem Stand der Anlagentechnik.

Ein bekanntes Sprichwort lautet „Stillstand ist Rückschritt“. Welche Maßnahmen stehen im und ums GENO-Haus herum mittelfristig an?

Peters: Die Corona-Pandemie und anschließend der Ukraine-Krieg haben für den Betrieb des GENO-Hauses indirekt erhebliche Auswirkungen. Durch die Tendenz zu mehr Home Office arbeiten weniger Mitarbeitende im GENO-Haus. Hierdurch besuchen weniger Beschäftigte das Casino und es finden weniger Veranstaltungen im GENO-Haus statt. Hinzu kommt, dass die Büroflächen entsprechend der veränderten Anforderungen in immer kürzer werdenden Abschnitten neuen Formaten zugeführt werden müssen. Arbeitsplätze verlieren an Bedeutung und werden durch Räume für die Kommunikation (Think Thanks, Scrum Area, Coffee Lounge etc.) abgelöst.

Steigende Energiekosten, Lieferengpässe bei technischen Produkten, explodierende Bau- und Instandhaltungskosten haben dem Disponieren und Organisieren von Projekten eine neue Bedeutung gegeben. Wichtiger denn je ist die langfristig vorausschauende Planung in Investitionen, welche den weiteren Fortschritten in Energieeffizienz und der Ertragsoptimierung dienen. 

Für das Jahr 2023 steht eine Maßnahme im Vordergrund: der Einbau einer Wärmepumpe mit Nutzung der neuen „trockenen“ Rückkühler. Wärmepumpen werden zur Erzeugung von Heizenergie eingesetzt und beziehen die hierfür erforderliche Antriebsenergie aus Strom. Bislang erfolgt die Heizwassererzeugung aus Fernwärme, die mitunter auch mit Gas erzeugt wird. Die für das GENO-Haus vorgesehene Wärmepumpe wird die Wärme mit „grünem Strom“ erzeugen. Konkret werden dann aus 1 Kilowattstunde Strom rund 3 Kilowattstunden Wärme. Da die „trockenen“ Rückkühler zur Kälteerzeugung am Tag nicht zur Verfügung stehen, wird der Bedarf über den Kaltwasserspeicher gedeckt. Der wenige Kältebedarf in der kühleren Jahreszeit wird weiterhin über den Kaltwasserspeicher gedeckt.

Frick: Bei der Kälteerzeugung in der wärmeren Jahreszeit (Mitte April bis Mitte Oktober) zur Deckung des Kältebedarfes des Hauses fällt sehr viel heißes Wasser an. Diese Energie kann im Moment − auch über die Wärmeauskopplung − gar nicht vollständig genutzt werden und muss leider noch an die Umgebungsluft abgegeben werden (Rückkühler auf Dach im 12. OG). Das mittelfristige Ziel muss es daher sein, diese Energie so zu speichern, dass sie in der kälteren Jahreszeit auf einem möglichst hohen Niveau abgerufen werden kann. Derzeit werden Konzeptideen untersucht, große Heizwasserspeicher im westlichen Teil der Tiefgarage U 3 und U 4 aufzustellen.

Peters: Drei weitere wichtige Stichworte sind Stromspeicherung, Photovoltaik und Bürobeleuchtung. Eine Planung ist die Aufstellung von Batterien im UG des GENO-Hauses. Der Umsetzung steht entgegen, dass bislang die Batterien zu teuer sind und sich damit ein wirtschaftlicher Betrieb nicht rechnet. Getrieben durch die E-Mobilität geht die Entwicklung besserer, günstigerer Batterien rasch voran, so dass die Idee bald Realität werden könnte. 

Leider hat das GENO-Haus aufgrund seiner Grundrissstruktur und als Hochhaus sehr wenig für Photovoltaik nutzbare Dachflächen. In nicht allzu langer Zeit müssen die vorgehängten Sonnenschutzscheiben ersetzt werden. Auch Glas altert und somit ist die erforderliche Sicherheit als Brüstung nicht mehr gegeben. Hier wäre ein sinnvoller Einsatz einer Photovoltaikscheibe möglich. Doch müssen auch andere Randbedingungen wie zum Beispiel die Verschattungswirkung auf den Arbeitsplatz oder umgekehrt die Sicht vom Arbeitsplatz nach außen geprüft werden. Eine Wirtschaftlichkeit wird vermutlich nur schwer zu erreichen sein. 

Die vorhandene Beleuchtung der Arbeitsplätze in den oberen Geschossen des Haupthauses und fast allen Geschossen des Rückgebäudes wird über direktstrahlende Leuchten mit einer Leuchtstoffröhre bewerkstelligt. Die Leuchten besitzen eine hohe Effizienz und sind über Tageslichtsensoren geregelt. Zudem hat jeder Raum einen Bewegungsmelder. Hiermit ist der Stromverbrauch schon niedrig. Aber die Leuchtstoffröhre darf ab September 2023 nicht mehr produziert werden. Daher müssen auch in nicht allzu langer Zeit die Leuchten gegen solche mit LED-Technik ausgetauscht werden. Die Planung läuft, Musterleuchten sind gebaut. Wir erwarten allerdings keine großen Energieeinsparungen. Ein weiterer Faktor spricht für den Austausch: das Alter der vorhandenen Beleuchtung. Sie ist nunmehr 22 Jahre alt und immer mehr Bauteile gehen defekt.

Frick: Das veränderte Mobilitätsverhalten und die Entwicklung der E-Mobilität haben Auswirkungen auf die mit über 500 Stellplätzen ungewöhnlich große Tiefgaragenanlage im GENO-Haus. In den letzten Jahren ist die Belegung der Tiefgarage zurückgegangen. Gleichzeitig zeichnet sich im Umfeld des GENO-Hauses eine Verknappung des Stellplatzangebots für die nächste Jahre ab. Durch das langfristig angelegte Konzept zur Tiefgaragenoptimierung soll die künftige Nutzung der großen Flächen im Untergeschoss zukunftsorientiert ausgerichtet werden. An erster Stelle steht der Ausbau der E-Ladeinfrastruktur. Es sind neben den vier vorhanden weitere 20 E-Ladepunkte in der Realisierung. Für 2023 ist die Einführung eines Parkplatzmanagementsystems geplant, mit dem die Umschlagshäufigkeit der Stellplätze erhöht und die Bezahlung von temporär genutzten Stellplätzen optimiert werden kann. Parallel erfolgt in Abschnitten die aufgrund der langen Standzeit erforderliche Sanierung einzelner Anlagen wie beispielsweise der Beleuchtung.

Können Sie bereits verraten, ob und wenn ja, was im Jubiläumsjahr an Feierlichkeiten geplant ist?

Frick: 2023 steht das GENO-Haus seit 50 Jahren als Wahrzeichen der Genossenschaften im Zentrum von Stuttgart. Wer aus Stuttgart kommt, kennt das GENO-Haus seit seiner Kindheit. Kaum ein anderes Gebäude hat den Wandel dieser Stadt so gut vollzogen wie das GENO-Haus. Während andere Gebäude aus den 1970er-Jahren längst abgebrochen oder komplett umgebaut wurden, hat das GENO-Haus seinen eigenständigen Charakter weitgehend unverändert erhalten. Grund genug, auf dieses Haus mit seiner Marke „GENO“ aufmerksam zu machen. Das Jubiläum des GENO-Hauses werden wir über das Jahr hinweg über Pressemitteilungen, Fachartikel und mit einen speziell hierfür produzierten Imagefilm in das Gedächtnis der Öffentlichkeit bringen.

Am 23. Mai 2023 ist eine Veranstaltung mit Persönlichkeiten aus Politik und Wirtschaft geplant, in welcher die Architektur und Nachhaltigkeit des GENO-Hauses im Mittelpunkt steht. Und im Sommer ist ein Hoffest unter Beteiligung aller Mitarbeitenden der im GENO-Haus angesiedelten Unternehmen geplant.

GHV Geschäftsführer
Ulrich Frick (rechts) ist kaufmännischer Geschäftsführer der GENO-Haus-Betreibergesellschaft GHV, Uwe Peters ist deren technischer Geschäftsführer. 
GENO Haus
Ein Blick von der Stuttgarter Halbhöhe auf das markante verglaste GENO-Haus mit der Innenstadt im Hintergrund. 
GENO-Haus 50 Jahre
GENO-Haus Logo zum 50. Geburtstag
GENO Haus innen
Eine der großen Umbaumaßnahmen der jüngeren Vergangenheit: Im 1. OG des GENO-Hauses wurde eine moderne Bürofläche mit flexiblen Arbeitsplätzen und vielen Besprechungsräumen geschaffen.

 

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