Hervorragende Qualität, gute Erlöse und geringere Erntemengen. Auf diese Formel lässt sich die Obst- und Gemüsebilanz der genossenschaftlichen Erzeugermärkte in Baden-Württemberg für das Jahr 2015 bringen. 250.000 Tonnen Obst und 88.000 Tonnen Gemüse haben die Mitgliedsbetriebe im zurückliegenden Jahr bei den zwölf Genossenschaften beziehungsweise Vertriebsgesellschaften zur Vermarktung angeliefert, teilt der Baden-Württembergische Genossenschaftsverband (BWGV) nun auf der Jahrespressekonferenz der baden-württembergischen Obst-, Gemüse- und Gartenbaugenossenschaften in Karlsruhe mit. Beim Obst bedeutet dies einen Mengenrückgang um 11 Prozent, die Menge des vermarkteten Gemüses blieb dank eines hinzugewonnenen Vertriebspartners nahezu auf Vorjahresniveau. Aufgrund der europaweit geringeren Ernte und des dadurch kleineren Angebots konnten jedoch höhere Preise erzielt werden: Der erwirtschaftete Gesamtumsatz der genossenschaftlichen Erzeugergroßmärkte und ihrer Vertriebsgesellschaften lag 2015 mit 485 Millionen Euro um gut 13 Prozent höher als im Vorjahreszeitraum.
Mit rund 83 Millionen Euro Umsatz und mehr als 200.000 Tonnen vermarkteter Ernte steuerten die Äpfel den größten Anteil zum Gesamtergebnis bei. Weitere Umsatztreiber waren Erdbeeren (30,4 Millionen Euro) und Tomaten (30,4 Millionen Euro), gefolgt von Spargel (25,2 Millionen Euro). Die neun Gartenbaugenossenschaften melden einen Gesamtumsatz mit ihren Mitgliedern von rund 27 Millionen Euro, rund 3 Prozent weniger als im Vorjahr. Das erste Halbjahr 2015 lief kontinuierlich gut, das zweite etwas verhaltener.
Höhere Bewässerungskosten durch Trockenheit
„Nach einem eher kühlen Frühjahr war die Obst- und Gemüsesaison 2015 von starker Trockenheit und überdurchschnittlich hohen Temperaturen geprägt“, sagt BWGV-Präsident Dr. Roman Glaser. Dies habe bei den meisten Obst- und Gemüsekulturen zu höheren Bewässerungskosten und damit zu gestiegenen Gesamtkosten geführt, die durch bessere Vermarktungspreise nur teilweise kompensiert werden konnten. Insbesondere bei den Äpfeln haben Hitze und fehlende Niederschläge zu kleineren Fruchtgrößen geführt. Glaser: „Ein Millimeter mehr Durchmesser bei einem Apfel bedeutet, dass der Gesamtertrag bei der baden-württembergischen Apfelernte um vier Prozent zunimmt. Bei 250.000 Tonnen in 2015 sind das 10.000 Tonnen. Zum Vorjahr fehlen damit einige Millimeter.“ 2014 waren es 280.000 Tonnen. Zur Erleichterung der Erzeuger hat die Kirschessigfliege im Jahr 2015 keine großen Schäden angerichtet. „Bei Temperaturen von über 28 Grad vermehrt sich die Kirschessigfliege glücklicherweise nicht so schnell“, erklärt Glaser.
Mengen- und umsatzstärkstes Produkt waren mit mehr als 200.000 Tonnen und rund 83 Millionen Euro Umsatz 2015 erneut die Äpfel, wobei sowohl bei der vermarkteten Menge als auch beim Ertrag ein Rückgang von 9 Prozent gegenüber 2014 zu verzeichnen ist. „Bis zur Jahreshälfte bestimmte noch die außergewöhnlich ergiebige Ernte 2014 die Vermarktung mit unterdurchschnittlichen Erlösen. Ab der Vermarktung der neuen Ernte im September zogen dann die Absatzpreise an“, stellt Glaser heraus, der daher für den Apfel-Umsatz des Jahres 2016 eine positive Prognose abgibt. Bei der Äpfel-Vermarktung haben die genossenschaftlichen Erzeugermärkte neue Märkte im Visier. Der Blick richtet sich auf Länder wie China, Taiwan, Südkorea, Thailand, Vietnam und Indien sowie auf Brasilien und Kanada. „In Asien liegen die Apfelmärkte der Zukunft. Dort steigt die Nachfrage nach Äpfeln, da die eigene Produktion von Tafelware noch aufgebaut wird“, sagt Glaser.
Jeder Europäer isst im Schnitt 15 Kilogramm Äpfel pro Jahr
In Europa hingegen gehe der Apfelkonsum um jährlich rund 2 Prozent auf aktuell 7,5 Millionen Tonnen zurück, was einem jährlichen Rückgang von rund 150.000 Tonnen entspricht. Glaser: „Jeder Europäer isst im Schnitt 15 Kilogramm Äpfel pro Jahr.“ Und auch in Deutschland war der Konsum von Äpfeln in den vergangenen Jahren rückläufig: Haben private Haushalte 2011 noch 828.000 Tonnen gekauft, waren es im vergangenen Jahr nur noch 748.000. Man müsse in Europa zukünftig mit einer Apfelernte von rund zwölf Millionen Tonnen rechnen. Wenn der Konsum nicht nachhaltig gesteigert werden kann, müssten zeitnah neue Märkte in Asien erschlossen werden. „Der deutsche Apfelmarkt ist für unsere genossenschaftlichen Erzeuger mit großem Abstand der wichtigste Markt. Daher arbeiten wir natürlich auch daran, den heimischen Konsum zu stabilisieren.“
Kontinuierlich gute Absätze bei Spargel
Zufrieden mit dem Saisonverlauf sind die Spargelbauern, die über die gesamte Vermarktungszeit kontinuierlich gute Absätze verzeichneten. Mit 5.900 Tonnen wurde die Absatzmenge von 2014 nur um 200 Tonnen oder 4 Prozent unterschritten, was insbesondere der Tatsache geschuldet ist, dass 2014 der Erntebeginn im Vergleich zum normalen Saisonstart in 2015 sehr früh lag. Dafür lag der durchschnittlich erzielte Erlös für Spargel über dem Vorjahreswert, sodass der Gesamtumsatz mit 25,2 Millionen Euro um fünf Prozent höher lag als im Vorjahr.
Ein vergleichbares Bild ergibt sich bei den Erdbeeren: Mit 13.700 Tonnen und einem Umsatz von 30,4 Millionen Euro fällt die Bilanz noch gut aus – trotz eines Rückgangs um 16 Prozent bei der Menge und 11 Prozent beim Umsatz. Mit einem erzielten Preis von 2,20 Euro lag der Kiloerlös 2015 auf Vorjahresniveau. „Besonders die frühen Erdbeeren aus den Tunneln trugen wesentlich zum Vermarktungsergebnis bei. Ein starkes frühes Angebot erwarten wir auch in diesem Jahr bereits ab April“, stellt Glaser heraus.
Gute Preise und hervorragende Qualität bei Zwetschgen
Vergleichsweise gute Preise wurden 2015 dank hervorragender Qualität auch bei der Zwetschgenvermarktung erzielt: Mit einem Kilogrammpreis von durchschnittlich 76 Cent über alle Sorten hinweg konnten die genossenschaftlichen Erzeugermärkte einen Gesamtumsatz in Höhe von 11,8 Millionen Euro erzielen – ein Plus von 43 Prozent gegenüber dem Vorjahr, und dies obwohl witterungsbedingt die Zwetschgenernte mit 15.500 Tonnen um 18 Prozent geringer ausfiel. Gut die Hälfte aller in Deutschland vermarkteten Zwetschgen kommt aus Baden-Württemberg. Kräftig zugelegt haben die Umsätze bei Tomaten und Paprika: Mit 17.000 Tonnen Tomaten wurden 9 Prozent mehr vermarktet und damit ein Umsatz von 30,4 Millionen Euro erzielt – ein Plus von 23 Prozent. Um 4 Prozent stieg die vermarktete Menge von Paprika auf 7.700 Tonnen, und der Umsatz kletterte um 12 Prozent auf 13,8 Millionen Euro.
Herausforderndes Jahr für die Obst- und Gemüsebranche
BWGV-Präsident Glaser spricht von einem „herausfordernden Jahr“ für die Obst- und Gemüsebranche: Die wirtschaftlichen Sanktionen gegen Russland, die Auswirkungen des Mindestlohns und der starke Preiswettbewerb der Lebensmittelhandelskonzerne setzen die genossenschaftlichen Erzeuger unter Druck. „Beim Mindestlohn sind die Auswirkungen auf die Landwirte noch nicht abschließend bewertbar, da die Veränderungen über einen längeren Zeitraum in Verbindung mit der Erntedauer und Erntemenge gebracht werden müssen. Sicher sagen können wir aber, dass der Wettbewerbsvorteil für ausländische Mitbewerber vor allem beim Preis größer wird“, sagt Glaser. Darüber hinaus machen insbesondere auch die bürokratischen Anforderungen des Arbeitszeitgesetzes den Erzeugern zu schaffen.
Russischer Einfuhrstopp für Lebensmittel wirkt sich aus
Eine weitere Belastung für die baden-württembergischen Erzeuger stellt der russische Einfuhrstopp für Lebensmittel aus der EU dar. Auch wenn Deutschland selbst nur vergleichsweise wenig nach Russland exportiert hat, so wirkt sich doch der zunehmende Absatzdruck europäischer Mitbewerber stark auf den deutschen Markt aus. „Die Vermarktung unserer Produkte ist traditionell stark auf die Regionen und Deutschland ausgerichtet. Der Exportanteil unserer Erzeugermärkte liegt unter 10 Prozent und der Hauptanteil davon im europäischen Ausland“, erläutert Glaser.
Genossenschaften sind der verlängerte Arm der regionalen Erzeuger
Als wichtige Aufgabe der Genossenschaften sieht es der BWGV an, ihre Rolle als verlängerten Arm der regionalen Erzeuger beim Lebensmittelhandel zu stärken. „Die Mitglieder unserer genossenschaftlichen Obst- und Gemüsewirtschaft stehen mit ihren Produkten quasi selbst im Supermarkt und tragen so in hohem Maße dazu bei, die Bevölkerung mit gesunden und schmackhaften Nahrungsmitteln zu versorgen,“ erläutert Glaser. Mehr als 80 Prozent ihrer Produkte vermarkten die Genossenschaften und ihre Vertriebsgesellschaften schließlich über den Lebensmittelgroß- und Lebensmitteleinzelhandel. „Nur im Zusammenschluss vieler eigenständiger Betriebe mithilfe von Genossenschaften ist eine sichere und verlässliche Versorgung der Bevölkerung mit gesunden regionalen Produkten zu gewährleisten“, sagt Glaser. Die 21 Obst-, Gemüse- und Gartenbau-Genossenschaften in Baden-Württemberg werden von mehr als 7.000 Einzelmitgliedern getragen.