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Niedrigzinsphase: EZB und Fed gehen vorerst getrennte Wege

Der Euro
Herbert Walter Krick / pixelio.de

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Janet Yellen, Präsidentin der Federal Reserve (Fed), hat die Zinswende in den USA verkündet. Obwohl diese auf einem geringen Niveau stattfindet, werden die Auswirkungen mit Spannung erwartet. Neben den Schwellenländern, die durch ihre hohe Dollar-Verschuldung direkt von den Entscheidungen der Washingtoner Zentralbanker betroffen sind, wird auch die Europäische Zentralbank (EZB) die Entwicklungen aufmerksam beobachten. Vor genau zwei Wochen kündigte deren Chef, Mario Draghi, eine Ausweitung des Anleihekaufprogramms an. Im Rahmen dessen pumpt die EZB seit März dieses Jahres monatlich 60 Milliarden Euro durch den Kauf von Staatsanleihen und anderen Wertpapieren in den Markt. Das Programm der „Quantitativen Lockerung“, das ursprünglich bis September 2016 laufen sollte, wird nun mindestens bis Ende März 2017 ausgeweitet. Durch diese Verlängerung um sechs Monate erhöht sich der Umfang der Ankäufe von 1140 auf 1500 Milliarden Euro.

Fed und EZB treffen grundsätzlich unterschiedliche politische Entscheidung

Darüber hinaus wurde der Strafzins für Bankeinlagen noch weiter gesenkt – von minus 0,2 auf minus 0,3 Prozent – und der Leitzins im Euroraum auf dem Rekordtief von 0,05 Prozent belassen. Im Gegensatz dazu gab die Fed gestern bekannt, ihren Leitzins von einer Bandbreite zwischen 0,00 und 0,25 auf eine Bandbreite zwischen 0,25 und 0,50 Prozent zu erhöhen. Die letzte Leitzinserhöhung in den Vereinigten Staaten fand 2006 statt, seit fast sieben Jahren lag der Leitzins praktisch bei null Prozent. Und nun also eine moderate Erhöhung, aber eine mit Signalwirkung. Damit haben die beiden wichtigsten Notenbanken, die Fed und die EZB innerhalb von vierzehn Tagen grundsätzlich unterschiedliche geldpolitische Entscheidungen getroffen.  

Genossenschafts-Verband und Sparkassen-Verband befürchten weitreichende Folgen der Niedrigzinsphase

Während Yellen das Vorgehen der Fed mit Fortschritten am Arbeitsmarkt und der Erwartung, dass es mit der US-Konjunktur weiter bergauf gehe rechtfertigt, verweist Draghi auf das selbstgesteckte Ziel einer Inflationsrate von nahe, aber unter zwei Prozent. Letzteres sei, so die Befürworter der expansiven EZB-Gelpolitik, nur durch weitere Stimuli des Marktes durch frisches Geld zu erreichen. Doch die Kritiker der niedrigen Zinsen werden lauter. So betonen Dr. Roman Glaser, Präsident des Baden-Württembergischen Genossenschaftsverbands, und Peter Schneider, Präsident des Sparkassenverbandes Baden-Württemberg, in einem Gastbeitrag in der Börsen-Zeitung vom 11. Dezember, „dass die weitreichenden Folgen dieser Niedrig- und Nullzinsphase für Wirtschaft und Gesellschaft bisher noch unterschätzt werden“. Tatsächlich befürchten Glaser und Schneider bei einem Festhalten am aktuellen Leitzins, Strafzins und Anleihekaufprogramm verschiedene Gefahren für Bürger und Unternehmen: „Erosion der Sparkultur, Einbrüche bei der Altersvorsorge, Vertrauensverlust in Lebensversicherungen, Altersarmut, längere Lebensarbeitszeiten, die Gefahr von Spekulationsblasen und unerwünschten Umverteilungseffekten – dies sind die drastischen Konsequenzen der aktuellen Geldpolitik der Europäischen Zentralbank.“

Aus Sicht der Regionalbanken ist Geldpolitik der EZB schädlich

Diese Sorgen werden auch von Prof. Dr. Gunther Schnabl, Universität Leipzig, geteilt. Er zeigt – insbesondere am Beispiel Japan – auf, dass die Niedrig-, Null- und Negativzinspolitik zwar kurzfristig stabilisiert, langfristig jedoch negative Auswirkungen auf die Grundpfeiler der marktwirtschaftlichen Ordnung hat. In einem Gastbeitrag für die Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 2. Dezember weist Schnabl ebenfalls auf die fragwürdigen Verteilungseffekte hin. Denn die EZB drückt die Verzinsung risikoarmer Anlageformen, die von der Mittelschicht bevorzugt werden, und gleichzeitig steigen durch die Geldschwemme die Preise von Vermögenswerten wie Aktien und Immobilien, die weit überdurchschnittlich von hohen Einkommensklassen gehalten werden.

Die Anreize, die aus der Niedrig- und Nullzinsphase im Euroraum resultieren, bleiben auch und gerade vor dem Hintergrund der gestrigen Fed-Entscheidung fragwürdig. Und je länger die EZB an ihren Rahmenbedingungen festhält, desto riskanter wird eine Rückkehr zur geldpolitischen Normalität – denn der Druck auf die Euro-Staaten zur Konsolidierung ihrer Finanzen sinkt weiter und die Märkte gewöhnen sich an das billige Geld.

Gleichzeitig stellt die Niedrigzinspolitik gerade Regionalbanken mit einem risikoarmen Geschäftsmodell vor besondere Herausforderungen. Entsprechend sollten mögliche politische Spielräume genutzt werden, um kleine und mittlere Banken in ihrer Funktion als Finanzierer des Mittelstands weiter zu stärken. Ansätze sind hierbei eine bessere Differenzierung von kleinen und mittleren Banken, um die hohen Kosten der Regulatorik zu reduzieren sowie eine wirksame Entbürokratisierung, um realwirtschaftliche Investitionen ohne Reibungsverluste forcieren zu können.

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