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Energietag: Genossenschaftsverband wirbt für Nahwärme und eine dezentrale Energiewende

Die effiziente Nutzung von Energie sei ein wesentlicher Faktor für das Gelingen der Energiewende, sagte der baden-württembergische Umweltminister Franz Untersteller MdL.
Bürgerwerke eG, Heidelberg

Beim Thema Nahwärme sehen die Genossenschaften in Baden-Württemberg noch ein erhebliches Potenzial. „Die Versorgung der Menschen mit genossenschaftlicher Nahwärme ist ein Zukunftsmodell“, sagt Dr. Roman Glaser, der Präsident des Baden-Württembergischen Genossenschaftsverbands (BWGV), beim Energietag 2014 heute im Stuttgarter GENO-Haus. „Der Grundgedanke einer umweltschonenden und nachhaltig produzierten Wärme zu bezahlbaren Preisen gewinnt immer mehr an Bedeutung“, betont der oberste Repräsentant von mittlerweile fast 150 Energiegenossenschaften in ganz Baden-Württemberg, darunter 19 Nahwärme-Genossenschaften. Die effiziente Nutzung von Energie sei ein wesentlicher Faktor für das Gelingen der Energiewende, ergänzt der baden-württembergische Umweltminister Franz Untersteller MdL. So müsse zum Beispiel die Kraft-Wärme-Kopplung deutlich mehr als bisher gefördert und ausgebaut werden. Der Energietag wird gemeinsam vom BWGV und dem baden-württembergischen Ministerium für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft veranstaltet und findet bereits zum dritten Mal statt.

„Die Energiegenossenschaften und ihre Mitglieder setzen sich mit viel Engagement für den Ausbau der erneuerbaren Energien und für mehr Energieeffizienz ein. Sie sind für die Landesregierung daher wichtiger Partner bei der Umsetzung der Energiewende in Baden-Württemberg“, unterstreicht Franz Untersteller. Der Landesminister informierte vor knapp 200 Zuhörern im Stuttgarter GENO-Haus unter dem Titel „Die Energiewende in Baden-Württemberg – wo stehen wir?“ über die energiepolitischen Maßnahmen der grün-roten Landesregierung. Zuvor hatten Umweltministerium, BWGV und die Bausparkasse Schwäbisch Hall einen Kooperationsvertrag unterzeichnet und damit die weitere enge Zusammenarbeit zur Förderung der energetischen Gebäudesanierung im Land besiegelt.

Elf neue Energiegenossenschaften im Jahr 2014

„Eine nachhaltige Energieversorgung, bei der auch erneuerbare Energien eine wichtige Rolle spielen, muss wirtschaftliche, soziale und ökologische Ziele unserer Gesellschaft verbinden“, betont BWGV-Präsident Glaser. „Energiegenossenschaften haben in den vergangenen Jahren einen wesentlichen Beitrag hierzu geleistet.“ Mehr als 25.000 Menschen, Unternehmen und Organisationen sind in Baden-Württemberg in einer der mittlerweile 149 Energiegenossenschaften engagiert. Im Jahr 2014 gab es bis Mitte November elf Neugründungen von Energiegenossenschaften. Baden-Württemberg ist das Flächenland mit der größten Dichte an Energiegenossenschaften. „Das zeigt, dass Bürgerinnen und Bürger die Energiewende als Chance begreifen“, erläutert Umweltminister Franz Untersteller. „Mit ihrer Mitgliedschaft in Energiegenossenschaften beteiligen sie sich aktiv am Umbau des Energiesystems, leisten einen Beitrag zum Klimaschutz und profitieren gleichzeitig von der wirtschaftlichen Dynamik der Energiewende.“ Deutschlandweit sind mehr als 200.000 Bürgerinnen und Bürger Mitglied in einer von 800 Energiegenossenschaften. Der BWGV vertritt die Interessen der Energiegenossenschaften und setzt sich dabei branchen- und technologieübergreifend für eine dezentrale, bezahlbare und nachhaltige Energieversorgung ein.

Interessante Geschäftsfelder – von Energieeffizienz bis zum E-Auto

Mit dem Energietag will der Baden-Württembergische Genossenschaftsverband Impulse für die weitere Entwicklung geben und für Energiegenossenschaften interessante Geschäftsmodelle vorstellen. Vier spannende Modelle als vielversprechende Alternativen zu reinen Photovoltaik-Projekten werden präsentiert. „Diese vorbildlichen Modelle zeigen die enorme Innovationskraft und das Kreativpotenzial, die in unseren Genossenschaften stecken und sie weisen für Bürger und Unternehmen den Weg in eine erfolgreiche dezentrale Energiezukunft“, so Verbandschef Glaser. Die vier Projekte im Einzelnen: die Kraft-Wärme-Kopplung (KWK) der Mittelbadischen Energiegenossenschaft in Baden-Baden, der interkommunale Bürgerwindpark Südliche Ortenau, das durch die Bürger finanzierte Energieeffizienzprojekt für die Straßenbeleuchtung von Warthausen und die genossenschaftliche Elektromobilität der Weiler Wärme eG in Niederweiler, ein Car-Sharing-Projekt.

Umweltminister Franz Untersteller zeigt sich besonders erfreut darüber, dass das Thema Energieeffizienz einen Schwerpunkt bei diesen Projekten bildet: „Energieeffizienz wird nach wie vor in ihrer Bedeutung unterschätzt, dabei ist sie ein Hebel für den Erfolg der Energiewende. Dass Genossenschaften jetzt auch auf diesem Gebiet tätig werden, halte ich für sehr wichtig. Und ich hoffe, die Beispiele dazu machen Schule.“

Kritik an der EEG-Reform: BWGV fordert Nachbesserungen

Wenig erfreut zeigt sich der Genossenschaftspräsident dagegen über die Reform des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) und fordert dringend Nachbesserungen von Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel. „Leider erlebten wir gerade 2014 sehr oft, dass in der Politik die Arbeit der Genossenschaft gelobt wird, während bei der konkreten Gesetzgebung die dezentralen Akteure nicht berücksichtigt werden“, kritisiert Glaser. „Wir sehen dies bei der Reform des EEG. Die Wahrscheinlichkeit, dass die Ausschreibungsmodelle für Photovoltaik-Anlagen so umgesetzt werden, dass auch Energiegenossenschaften eine Chance haben, sinken von Tag zu Tag.“

Rückendeckung erhält der BWGV in diesem Punkt vom Umweltministerium. Minister Franz Untersteller: „Die Energiewende ist dezentral und sie kann nur bürgernah gelingen. Die Akteursvielfalt, ein Markenzeichen der Energiewende, müssen wir erhalten. Ich teile die Auffassung, dass die Umstellung der Förderung auf Ausschreibungssysteme ein Risiko für die Bürgerbeteiligung darstellt. Ich setze mich deshalb dafür ein, dass wir die Umstellung sorgfältig vorbereiten und behutsam vornehmen.“

Der BWGV fordert in einem aktuellen Positionspapier eine Stärkung regionaler Energiemärkte – etwa durch eine Gleichbehandlung genossenschaftlicher Anlagen zur Erzeugung von Eigenstrom mit Privathaushalten, eine bessere Förderung genossenschaftlicher Bürgerbeteiligung – unter anderem bei der Vergabe von Landesflächen für Windenergie-Projekte – und die Ermöglichung regionaler und genossenschaftlicher Vermarktungskonzepte für Strom. „Wir plädieren für eine dezentrale Energiewende, von der möglichst viele Menschen profitieren können“, bringt es Glaser auf den Punkt.

Nahwärme-Genossenschaften mit Zulauf – Alternative zu Öl und Gas

Immer mehr Bürgerinnen und Bürger im Südwesten nehmen die Wärmeversorgung ihrer Häuser und Wohnungen in die eigenen Hände: In den vergangenen fünf Jahren sind unter dem Dach des Baden-Württembergischen Genossenschaftsverbands 19 Nahwärme-Genossenschaften gegründet worden – Tendenz weiter steigend. Ein wichtiger Grund für die gesteigerte Nachfrage nach Nahwärmeversorgung sieht Glaser insbesondere in der regionalen Alternative zum Rohstoff Erdöl. Hohe Heizölkosten sowie fehlende Alternativen vor Ort erkennt der Genossenschaftsverband als Ausgangspunkt für die steigende Nachfrage nach der preisgünstigen und ökologischen Alternative. „Insbesondere in Orten, in denen die Menschen durch fehlende Gasversorgung keine Alternative zur Öl-Heizung haben, kommt der Nahwärme eine besondere Bedeutung zu“, betont der BWGV-Präsident.

Rund 2.400 Mitglieder zählen die 19 Nahwärme-Genossenschaften im Land, und fast alle nutzen auch als Kunden die Wärme aus regenerativen Rohstoffen. Über Rohrleitungen wird die Wärme, die von lokalen Holzschnitzel- und Biomasseanlagen oder Blockheizkraftwerken erzeugt wird, unterirdisch über kilometerlange Trassen durch die jeweiligen Gemeinden transportiert und dort in die Häuser eingeleitet. Mehr als 50 Millionen Euro wurden bisher von den Nahwärme-Genossenschaften investiert und rund 70 Kilometer an Wärmeleitungen verlegt. „Unsere von der Bürgerschaft getragenen, dezentralen Energiegenossenschaften, zu denen die Nahwärme-Genossenschaften gehören, leben die Energiewende vor“, stellt Glaser heraus. „Schon mehr als zehn Prozent unserer Energiegenossenschaften liefern Nahwärme“, berichtet der BWGV-Präsident, der davon überzeugt ist, dass dieser Wert in den kommenden Jahren weiter steigen wird: „In diesen auf die Beseitigung lokaler Defizite ausgerichteten Genossenschaften zeigt sich das genossenschaftliche Prinzip der Hilfe zur Selbsthilfe besonders deutlich.“

Stellvertretender Pressesprecher

Frank Lorho

Ministerium für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft Baden-Württemberg

Kernerplatz 9, 70182 Stuttgart
Telefon: 0711 126-27 83

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