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Collegium Wirtemberg setzt auf Qualität

Grabkapelle auf dem Stuttgarter Rotenberg bei Sonnenuntergang.
Collegium Wirtemberg

Der deutsche Weinmarkt ist ein schwieriger. Winzer- und Weingärtnergenossenschaften sind aufgerufen, sich zu positionieren. Konsequentes Qualitätsstreben, Einbindung in Tourismus und Gastronomie, Veranstaltungen, Spezialitäten, Nischenprodukte. Die Möglichkeiten sind vielfältig. Was tut das Stuttgarter Collegium Wirtemberg - Weingärtner Rotenberg&Uhlbach eG? Ein Besuch bei Betriebsleiter Martin Kurrle.

Herr Kurrle, wie ist die aktuelle Verfassung des Collegium Wirtemberg?

Martin Kurrle ist Betriebsleiter des Collegium Wirtemberg
Martin Kurrle ist Betriebsleiter des Collegium Wirtemberg.

Hervorragend. Lassen Sie mich mit unseren Genossenschaftsmitgliedern beginnen. Sie ziehen seit nunmehr 20 Jahren bei unserer Qualitätsoffensive begeistert mit. Jedes Jahr sind sie bereit, mit uns Verantwortlichen noch ein bisschen mehr an der Qualitätsschraube zu drehen. Ich nenne da zum Beispiel die gestaffelte Lese, um noch bessere Weine erzeugen zu können. Die Mitglieder stärken mir bei diesem Streben den Rücken und stehen geschlossen hinter mir. Ich versuche, diesen Rückhalt durch meine Tatkraft zum Nutzen unserer Mitglieder zurückzuzahlen.

Zweiter Faktor: unser Mitarbeiterteam. Wir haben in allen drei Keltern sehr gut ausgebildete Hochschulabsolventen.  Sie bekommen Raum für ihre berufliche Entwicklung und arbeiten mir ideal zu – bei selbstbewusster und eigenständiger Gestaltung ihrer Zuständigkeiten. Die  Kollegialität ist bestens. Dies soll sich auch in unserem Namen „Collegium“ widerspiegeln. Wenn nun Weinqualität und Kundenorientierung der Mitarbeiter mit ihrer freundlichen, kompetenten Beratung passen, kann in Sachen Kundenzufriedenheit eigentlich nichts schiefgehen. In
unseren beiden Ortskeltern Rotenberg und Uhlbach begrüßen wir zufriedene Kunden, sind wir überzeugt. Wir verkaufen über die Hälfte unserer Weine direkt ab Theke. Wir vertreiben zudem unsere Produkte an die besten Weinfachhändler in der Region und darüber hinaus. Ein weiteres starkes Standbein ist die Gastronomie. Unsere Tropfen finden sich auf den besten Restaurant-Weinkarten des Landes. Das freut mich besonders.

Also keine Baustellen?

Wir investieren ständig in den Betrieb – ganz klar im Hinblick auf die Traubengeldauszahlung an unsere Mitglieder.  Wir haben uns da einen Benchmark gesetzt. Wir sind im Zielkorridor unterwegs. Unsere größte mittelfristige Herausforderung besteht darin, genügend Nachfolger zu haben, die diese herrliche Weinlandschaft hier
weiterhin pflegen.

Die Altersstruktur der Mitglieder ist im genossenschaftlichen Weinbau ein großes Thema. Wie sieht es bei Ihnen aus?

Rund 70 Prozent unserer Rebfläche wird von hauptberuflichen Erzeugern bewirtschaftet. Diese Mitgliedergruppe der Vollerwerbswengerter ist zwischen 40 und 60 Jahre alt und die meisten davon  zusammen  mit  hoch  engagierten  Nebenerwerbswinzern in unseren Gremien vertreten. Gerade diese vom Vorstand geführte Gremienarbeit in vielen Bereichen sorgt für Stabilität und führt mit zu unserem großen Erfolg und ist nicht wegzudenken. Ein Beispiel dafür: Mit dem Projekt „Wineguides“, das wir vor etwa vier Jahren gestartet haben, sind sage und schreibe 20 junge Leute zusammengekommen, die zu Wineguides ausgebildet worden. Einige studieren inzwischen Weinbau, andere helfen nebenher hier im Verkauf mit und machen bei Verkaufsevents mit. Das ist eine ausgesprochen positive Entwicklung. Denn mit der Strategie, die Jugend übers Marketing an den Weinbau als Beruf heranzuführen, gewinnen wir den nötigen Nachwuchs für die Genossenschaft.

Kommen wir vom Erzeuger zum Produkt: Wie hat sich der Sortenspiegel bei Ihnen entwickelt?

Der Vorstand der Genossenschaft Collegium Wirtemberg (v.l.): Betriebsleiter Martin Kurrle, Rüdiger Lebrecht, Vorstandsvorsitzender Rolf Berner, Markus Nanz, Thomas Ziegler und der stv. Vorstandsvorsitzende Heinz Munder.
Der Vorstand der Genossenschaft Collegium Wirtemberg (v.l.): Betriebsleiter Martin Kurrle, Rüdiger Lebrecht, Vorstandsvorsitzender Rolf Berner, Markus Nanz, Thomas Ziegler und der stv. Vorstandsvorsitzende Heinz Munder.

In den vergangenen 15 Jahren hat sich der Anteil Rotwein von 78 auf 68 Prozent geändert. Also sind nun rund ein Drittel weiße Sorten. Klar, die Sortenvielfalt ist und bleibt wichtig. Schon deshalb, weil wir ganz unterschiedliche Märkte bedienen. Wir haben uns dennoch die Frage gestellt: Was können wir besonders gut, wenn man die Faktoren Standort, Böden, Lagen betrachtet? Unsere Antwort lautet: beim Weißwein ganz klar der Riesling. Die Nachfrage ist da. Deshalb haben wir  verstärkt  Riesling  gepflanzt.  Zweites wichtiges Standbein sind die weißen Burgundersorten: Chardonnay, Weiß-  und Grauburgunder. Unsere
Muschelkalk- und Gipskeuperböden ergeben sehr gute mineralische Weine. Bei den Rotweinen pflegen wir den  Trollinger, übrigens auf der Maische vergoren, weiter. Wir besinnen uns auf die roten Burgunder-Weine. Dazu kommt natürlich noch der Lemberger. Eine Leidenschaft von uns sind internationale  Weine:  Merlot,  Syrah,  die Cabernet-Sorten. Dieses Segment funktioniert bestens.

Das Collegium Wirtemberg erringt regelmäßig Weinprämierungen. Was ist Ihr jüngster Preis?

Das ist der 1. Preis „Best of Riesling“ des Meininger Verlags. Da haben wir uns in der Kategorie „Gutsweine  über  12,5  Prozent  Volumenalkohol“ gegen die Riesling-Prominenz anderer Anbaugebiete, die vom Terroir her eigentlich prädestiniert für  Gewinner-Rieslinge  sind,  durchgesetzt.  Was mich am meisten freute, war das Lob der Kollegen von der Mosel, aus dem Rheingau und der Pfalz, nachdem sie unseren Wettbewerbswein probiert hatten.

Lassen Sie uns einen Blick in die mittelfristige Zukunft des Weinbaus in Baden-Württemberg richten. Was ist Ihre Meinung?

Die Zahlen der Gesellschaft für Konsumforschung zeigen, dass immer mehr Wein nach Deutschland eingeführt wird, und dass die Zahl der Weintrinker hierzulande nicht zunimmt. Das bedeutet: Der Wettbewerb  unter  den Erzeugern wird ganz bestimmt nicht geringer werden. Die eine oder andere schwierige Rebfläche, sei es vom geringen Qualitätspotenzial oder einfach von der Lage her – ich meine aufwändig zu bewirtschaftende Steillagen – könnte aufgegeben werden. Aber Betriebe, die auf Qualität und Marketing setzen, werden auch in Zukunft hochpreisige Weine verkaufen können.

Hier spielt die Regionalität eine große Rolle. Ich bin davon überzeugt, dass unsere Weintrinker regionaltypische Weine auch künftig stark nachfragen werden. Für unsere Genossenschaft sehe ich ausgesprochen positiv in die Zukunft.

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