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Biowärme Ersingen eG: Genossenschaftliche Wärme aus Kuhmist

Die Macher des Projekts Genossenschaft auf der Fernwärme-Pipeline (von links nach rechts) Gerhard Braun, Theo Heckmann und Hans Dennig.
L-Bank

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Eine Genossenschaft als lokaler Energieversorger? Das funktioniert, wenn die richtigen Leute zusammenkommen und miteinander reden. Leute wie der Landwirt Theo Heckmann mit seinen Söhnen Nicolai und Christian, für die Nachhaltigkeit kein Fremdwort ist. Die drei haben eine Entwicklung angestoßen, die im Kleinen zeigt, welche Chancen die Energiewende bietet und wie dabei die Förderung der L-Bank zur Finanzierung genutzt werden kann. „Man muss mit den Leuten reden“, findet Theo Heckmann aus Kämpfelbach (Enzkreis) nahe Pforzheim und unterhält sich mit den Menschen, die in seinem Hofladen einkaufen. So erfuhren die zwei äußerst aktiven Ruheständler Gerhard Braun und Hans Dennig beim Einkauf von Milch und Eiern, wo den umtriebigen Landwirt die Stiefel drückten: Seinen landwirtschaftlichen Betrieb hatte er Ende 2009 mit einer Biogasanlage ergänzt und damit neben Milchkühen, Mastrindern und einem Hofladen eine weitere Einnahmequelle erschlossen. Nur für die Wärme, die bei der Biogaserzeugung anfiel, hatte er keine Verwendung. Mit den beiden Kunden seines Hofladens hatte er genau die richtigen Ansprechpartner gefunden: Der ehemalige Heizungsbauer und der Ex-Bankvorstand gründeten eine Genossenschaft, die „Biowärme Ersingen eG“. Als Vorstände verwirklichten sie ein Fernwärmenetz, mit dem seit Ende 2014 Gebäude im Ortsteil Ersingen beheizt werden.

Gründungsphase rasch bewältigt

Die Geschichte des Projekts zeigt, dass die Umsetzung der Energiewende vor Ort machbar, aber nicht ganz einfach ist. Mit der Genossenschaft wählten Gerhard Braun und Hans Dennig eine Rechtsform, die eine starke Einbindung der Bürger und eine Identifikation mit ihrem lokalen Fernwärmenetz ermöglicht. Denn neben öffentlichen Gebäuden sollten auch Privathaushalte mitwirken, um das Netz finanzierbar zu machen. Doch bevor man überhaupt die Bürger einbeziehen konnte, waren viele Hürden zu meistern. Dazu gehörte zum Beispiel die Gründung der Genossenschaft: „Wir haben das in nur drei Monaten geschafft“, erzählt Gerhard Braun. Dann mussten der aktuelle Wärmebedarf und die voraussichtliche Entwicklung in den nächsten 20 Jahren berechnet sowie ein Konzept für das Fernwärmenetz und die Anlagentechnik entwickelt werden. Zur Abdeckung von Spitzenzeiten wurde ein Hackschnitzelheizwerk geplant.

Ausgeklügeltes Finanzierungskonzept

Hans Dennig kümmerte sich als früherer Bankvorstand um ein Finanzierungskonzept. „Hier haben uns Fördermittel der L-Bank sehr geholfen“, erinnert er sich. So gab es ein zinsgünstiges Darlehen über das Programm „Neue Energien vom Land“. Mit diesem Programm fördert die L-Bank in Kooperation mit der Landwirtschaftlichen Rentenbank Vorhaben, die die energetische Verwertung nachwachsender Rohstoffe ermöglichen, aber auch Investitionen in Fotovoltaik, Wind- und Wasserkraftanlagen. Mit der „Energieeffizienzfinanzierung – Sanieren“, einem Programm für Privatleute, erleichterte die L-Bank den Hausbesitzern die Entscheidung, sich an das Fernwärmenetz anschließen zu lassen. Gefördert wurden in Kooperation mit der KfW jeweils die Kosten für den Anschluss an das Fernwärmenetz. Einen weiteren Beitrag leisteten Zuschüsse aus dem Europäischen Fonds für Regionale Entwicklung (EFRE) und des Ministeriums für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft. Grundlage für die Zuschüsse war das EFRE-Förderprogramm „Bioenergiedörfer“. Ausbezahlt wurden die Gelder von der L-Bank.

Örtliche Raiffeisenbank mit im Boot

Die Unterstützer des Projekts Fernwärme-Genossenschaft: die Vorstände der Raiffeisenbank Ersingen eG, Anette Waidelich und Richard Weber.
Die Unterstützer des Projekts Fernwärme-Genossenschaft: die Vorstände der Raiffeisenbank Ersingen eG, Anette Waidelich und Richard Weber.

Schließlich ging man auf die Bürger zu. „Die spannende Frage war, ob genügend Hausbesitzer mitziehen würden“, erklären die beiden heutigen Vorstände der Biowärme Ersingen eG. Wesentliche Argumente waren die Unabhängigkeit von fossilen Brennstoffen sowie niedrigere Kosten im Vergleich zu herkömmlichen Öl- und Nachtspeicherheizungen. „Wichtig war uns die Möglichkeit, unabhängig von großen Energieversorgern autonome Entscheidungen vor Ort zu treffen und das Geld, das für das Heizen ausgegeben werden muss, hier in der Region zu behalten“, erläutert Hans Dennig. „Auch die Förderprogramme haben dabei geholfen“, sagt Anette Waidelich. Sie ist Vorstandsmitglied der Raiffeisenbank Ersingen eG, über die die Förderanträge gestellt wurden. „26 der 58 Genossenschaftsmitglieder haben ihre Investition über Fördermittel finanziert.“

Wärmenutzung aus Biogaserzeugung

Auch Landwirt Theo Heckmann ist zufrieden, denn der Kreislauf ist jetzt geschlossen: Das Rohmaterial zur Energieerzeugung liefern die etwa 250 Rinder sowie die insgesamt 200 Hektar Wiesen und Ackerland. Daraus entsteht das Biogas, das ein Blockheizkraftwerk mit einer Leistung von 380 Kilowatt antreibt und bis zu 800 Haushalte mit Strom versorgen kann. „Wir erhalten durch den Schnitt der Grünflächen die Kulturlandschaft und verwerten mit dem Mist einen Rohstoff, der sowieso anfällt.“ Was nicht zu Gas verwandelt wird, ist hochwertiger Dünger für die Felder. Die bisher verschwendete Wärme kann in das Fernwärmenetz eingespeist werden. Und was passiert im Sommer, wenn wenig Wärme verbraucht wird? Auch hier hat Heckmann schon eine Lösung: „Wir trocknen dann Hackschnitzel, die wir in der Hackschnitzelanlage verwenden können.“ Die Hackschnitzel stammen – wie kann es anders sein? – natürlich auch aus der Region.

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