Die 121 Volksbanken und Raiffeisenbanken in Baden-Württemberg sind insgesamt weiter auf Wachstumskurs und schauen auf ein solides Geschäftsjahr 2024. In einem von wirtschaftlicher Stagnation und globalen Krisen geprägten Umfeld verzeichnen die Genossenschaftsbanken sowohl im Kreditgeschäft als auch auf der Einlagenseite erfreuliche Zuwächse. Die Kreditbestände legten um 2,4 Prozent auf 139,7 Milliarden Euro zu. Auf der Einlagenseite verbuchten die Volksbanken und Raiffeisenbanken im Südwesten einen Zuwachs von 3,4 Prozent auf 162,6 Milliarden Euro. Die addierte Bilanzsumme erhöhte sich um 2,2 Prozent auf 213,3 Milliarden Euro. Das operative Ergebnis (Betriebsergebnis vor Bewertung) stieg dank des regen Kundengeschäfts auf 1,7 Milliarden Euro – ein Plus von 4,9 Prozent. Der Jahresüberschuss nach Steuern erhöhte sich deutlich um 74 Prozent auf 572 Millionen Euro.
„Die baden-württembergischen Volksbanken und Raiffeisenbanken haben sich trotz konjunktureller und struktureller Belastungen im Jahr 2024 gut entwickelt. Sie schauen auf ein erfreuliches Kundengeschäft zurück, das sich positiv auf die Ertragslage auswirkte und zu einem starken Jahresergebnis führte“, fasst Dr. Ulrich Theileis, Präsident des Baden-Württembergischen Genossenschaftsverbands (BWGV), das Geschäftsjahr 2024 zusammen. Er betont: „Unsere Genossenschaftsbanken haben einmal mehr unter Beweis gestellt: Sie sind gerade auch in schwierigen Zeiten verlässlicher Partner des Mittelstands und der Privatkunden.“
2,4 Prozent Kreditwachstum
Mit dem Rückenwind einer signifikanten Belebung im Bereich der privaten Immobilienfinanzierungen schauen die Genossenschaftsbanken im Südwesten auf ein ordentliches Kreditgeschäft mit moderaten Wachstumszahlen. Das Volumen aller von den baden-württembergischen Volksbanken und Raiffeisenbanken ausgegebenen Kredite ist um rund 3,3 Milliarden Euro auf 139,7 Milliarden Euro angestiegen – ein Plus von 2,4 Prozent. Auf der Privatkundenseite wuchsen die Kredite um 3,4 Prozent oder 2,7 Milliarden Euro auf 80,1 Milliarden Euro. Ursächlich sind hierbei die privaten Wohnimmobilienkredite, die sich als Wachstumstreiber erwiesen. Deren Volumen beläuft sich auf 74,7 Milliarden Euro, 3,6 Prozent mehr als im Vorjahr.
„Nachdem im Jahr 2023 die private Immobilienfinanzierung aufgrund der Zinswende stark eingebrochen war, hat sich der Markt mit Wohnimmobilien wieder erholt – auch wenn die Kreditneuvergaben noch nicht das Niveau während der Niedrigzinsphase erreichen“, berichtet Theileis und stellt heraus: „Unsere Genossenschaftsbanken sind verlässlicher Finanzierungspartner und haben vielen Menschen dabei geholfen, ihren Traum der eigenen vier Wände zu realisieren.“
Kritisch bewertet der BWGV-Präsident den nach wie vor verhaltenen Wohnungsneubau, vor allem bei größeren Bauträgerprojekten: „In Baden-Württemberg werden laut Expertenmeinung pro Jahr rund 10.000 Wohnungen zu wenig fertiggestellt, um den Bedarf zu decken. Hier muss mehr Tempo rein. Die Politik muss die Weichen stellen, um die hohen Hürden beim Wohnungsneubau zu senken. Baustandards müssen vereinfacht und Genehmigungsverfahren beschleunigt werden.“
Das Kreditgeschäft im gewerblichen Umfeld verlief allgemein verhaltener als die Ausleihungen an Privatkunden. Die Kredite der Genossenschaftsbanken aus dem Südwesten an Unternehmen und Selbstständige sind um 1,1 Prozent oder 634 Millionen Euro auf nunmehr 56,5 Milliarden Euro angewachsen. „Hier registrieren wir eine deutlich geringere Kreditnachfrage als noch im Jahr 2023, als das Wachstum noch bei 2,9 Prozent lag“, macht Theileis deutlich. Er betont: „Die anhaltend schwache deutsche Konjunktur hinterlässt deutliche Spuren. In Kombination mit einer starken generellen Unsicherheit, fehlender Planbarkeit und hohem Kostendruck hat sich der Mittelstand merklich mit Investitionen zurückgehalten. Dies ist ein alarmierendes Signal. Denn wir brauchen dringend Investitionen in Transformation, Wachstum und Zukunftsfähigkeit.“
Daher begrüßt der BWGV-Präsident – trotz aller noch bestehenden Unwägbarkeiten und Fragestellungen im Detail – grundsätzlich die von der künftigen Bundesregierung präsentierten finanzpolitischen Großprojekte im Bereich der Verteidigung und der Infrastruktur. Theileis: „Sie haben das Potenzial, die deutsche Wirtschaft spürbar zu beleben, auch den baden-württembergischen Mittelstand. Es muss allerdings zwingend darauf geachtet werden, dass die Investitionsoffensive nicht durch lähmende Bürokratie oder unverhältnismäßig lange Planungs- und Genehmigungszeiten ausgebremst wird.“ Darüber hinaus mahnt er an, gleichzeitig auch über die Möglichkeiten von Einsparungen zu diskutieren.
Plus 3,4 Prozent: Deutliche Steigerung der Kundeneinlagen
Auf der Einlagenseite verbuchten die baden-württembergischen Volksbanken und Raiffeisenbanken ein deutliches Plus von 3,4 Prozent. Die bilanziellen Kundeneinlagen stiegen um 5,4 Milliarden auf 162,6 Milliarden Euro. Wie bereits im Vorjahr haben die Kunden das gestiegene Zinsniveau über klassische Fest- und Termingelder genutzt. Knapp 7,7 Milliarden Euro haben die Kunden mehr in Termineinlagen investiert und damit 25 Prozent mehr als im Vorjahr. Insbesondere Laufzeiten von ein bis zwei Jahren waren nachgefragt. Gleichzeitig nahmen Spareinlagen mit zumeist kurzer Kündigungsfrist um 14 Prozent oder 3,6 Milliarden Euro ab. Das außerbilanzielle Kundenanlagevolumen hat sich um 14,4 Prozent oder 16,4 Milliarden Euro auf 129,8 Milliarden Euro verbessert. Dies liegt an gestiegenen Aktienkursen und damit verbundenen Steigerungen in den Wertpapierdepots der Kunden.
„Die guten Zuwächse bei den Einlagen zeigen, dass die Volksbanken und Raiffeisenbanken mit attraktiven Spar- und Anlagemöglichkeiten ihre Mitglieder und Kunden überzeugt haben“, so Theileis. Gleichzeitig würden die Menschen auch nach dem Abebben der Inflation ihr Geld zusammenhalten. Theileis: „Die Unsicherheit in der Bevölkerung ist deutlich zu spüren. Daher legen Sie ihr Geld lieber auf die hohe Kante und stecken es nicht in den Konsum. Von 100 Euro verfügbarem Einkommen sparen die Bundesbürger 11 Euro.“
Erfreulicher Jahresüberschuss von 572 Millionen Euro
Der Zinsüberschuss der baden-württembergischen Genossenschaftsbanken lag auf hohem Vorjahresniveau von 3,2 Milliarden Euro. Der Provisionsüberschuss wuchs angesichts des regen Kundengeschäfts um 4,8 Prozent auf mehr als 1,3 Milliarden Euro. Das Betriebsergebnis vor Bewertung entwickelte sich im Zuge dessen mit einer Steigerung von 4,9 Prozent erfreulich und beträgt im Berichtsjahr 1,72 Milliarden Euro, während sich das Bewertungsergebnis bei minus 330 Millionen Euro bewegte. Nach Steuern steht ein Jahresüberschuss in Höhe von 572 Millionen Euro (Vorjahr: 329 Millionen Euro).
Kernkapitalquote steigt auf 17,5 Prozent
Das haftende Eigenkapital (Eigenmittel) erhöhte sich um 765 Millionen Euro (3,8 Prozent) auf 20,7 Milliarden Euro. Das Kernkapital (Geschäftsguthaben der Mitglieder und Rücklagen) stieg um 725 Millionen Euro (4 Prozent) auf 18,9 Milliarden Euro. Die Kernkapitalquote verbesserte sich auf durchschnittlich 17,5 Prozent (Vorjahr: 16,8 Prozent). Theileis: „Dies verdeutlicht die nachhaltige und robuste Aufstellung des genossenschaftlichen Bankensektors. Unsere Banken haben ihre solide Eigenkapital- und Liquiditätsausstattung weiter ausgebaut.“ Damit seien sie auch auf einen moderaten Anstieg von Kreditausfällen und Insolvenzen vorbereitet.
65 Millionen Euro für Ehrenamt und soziale Einrichtungen
Die Zahl der Volksbanken und Raiffeisenbanken in Baden-Württemberg hat sich im Jahr 2024 fusionsbedingt um acht Institute auf 121 reduziert. Sie beschäftigen knapp 20.000 Mitarbeitende (Vollzeitstellen), rund 1.900 Auszubildende und zählen mehr als 6,5 Millionen Kundinnen und Kunden, wovon 3,55 Millionen – und damit mehr als die Hälfte (54,2 Prozent) – auch Mitglied sind. „Wir zählen zu den mitgliederstärksten Wirtschaftsorganisationen in Baden-Württemberg. Trotzdem erkennen wir, dass das genossenschaftliche Prinzip der Teilhabe nicht überall hinreichend bekannt ist“, macht Theileis deutlich. Hier setzt er auf das diesjährige baden-württembergischen Jahr der Genossenschaften unter der Schirmherrschaft von Ministerpräsident Winfried Kretschmann: „Die Genossenschaftsbanken stehen für Mitbestimmung, demokratischen Aufbau und Nachhaltigkeit. Außerdem fördern sie ehrenamtliches Engagement und soziale Einrichtungen jährlich mit rund 65 Millionen Euro pro Jahr. Das muss noch bekannter werden. Denn das alles sind Werte, die gerade von der jungen Generation nachgefragt werden.“