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Volksbank Hohenlohe »die älteste Genossenschaftsbank der Welt wird 175«

VB Hohenlohe 175 Jahre Jubiläum
VB Hohenlohe

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1843 waren unsere Gründerväter Friedrich Wilhelm Raiffeisen und Hermann Schulze-Delitzsch 25 beziehungsweise 35 Jahre alt und hatten mit dem Genossenschaftswesen nichts zu tun. Im württembergischen Öhringen taten sich Kommunalpolitiker, Handwerker und Gewerbetreibende zusammen, um eine mittelständische Kreditklemme zu beheben. Sie waren nicht die Ersten. Selbsthilfemodelle begleiten die gesamte Menschheitsgeschichte. Moderne Genossenschaften sind allerdings Kinder der sozialen Frage. Ihre Entstehungsgeschichte ist vielfältig und reicht bis ins frühe 19. Jahrhundert zurück.

Als älteste bekannte Genossenschaftsbank der Welt gilt die 1820 im Harz entstandene „Privatsparkasse zu Lerbach“. Der ländliche Finanzintermediär entwickelte sich aus den Anfängen der örtlichen Eisensteiner-Gnadenkasse, die seit 1770 das Begräbnis und die Hinterbliebenenversorgung von Bergleuten regelte. Die heute älteste Wurzel der Volksbank im Harz war bis 2006 eine selbständige Raiffeisenbank.

Gemeinsame Idee der Selbsthilfe und Selbstverwaltung

In geordnete Bahnen gelenkt und kanonisiert wurde die Genossenschaftsidee durch Hermann Schulze-Delitzsch und Friedrich Wilhelm Raiffeisen. 1855 entwickelte Schulze-Delitzsch, der sozialliberale Gesellschaftsreformer, einen Leitfaden zur Gründung gewerblicher Volksbanken. Gleichzeitig entstanden im Raum Delitzsch die ersten Selbsthilfeorganisationen dieses Typs. Im Westerwald entwickelte sich 1862 im protestantischen Pfarrhaus der Gemeinde Anhausen die erste Darlehnskasse nach dem Prinzip des christlichen Sozialreformers und Bürgermeisters Raiffeisen. So unterschiedlich die Gründer auch waren, sie verband die Idee der Selbsthilfe und Selbstverwaltung auf demokratischer Basis: „Was einer allein nicht schafft, das schaffen viele“. Die Struktur der genossenschaftlichen Finanzintermediäre spiegelt den föderalen Aufbau Deutschlands wider. Dieser ist auch heute noch in der Mehrzahl der Bundesländer durch die verschiedenen Traditionen und Mentalitäten zu erkennen.

Bereits in der über 1.000 Jahre währenden Tradition des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation, das zu Beginn des 19. Jahrhunderts aufgelöst wurde, zeichnet sich der Föderalismus ab. Dieses mitteleuropäische Reich war mehr eine Idee als ein Staat – allenfalls ein Staatenbund, abfällig als „Flickenteppich“ bezeichnet. Allein auf baden-württembergischen Gebiet lagen 500 der 1000 Einzelstaaten. Provokant formuliert könnte man sagen: Jedes Dorf ein anderer Staat! Durch territoriale Neuordnungen im 19. Jahrhundert bis zur Reichsgründung 1871 verschwanden diese Kleinststaaten. Mit der Reichsgründung Bismarcks entstand ein im Vergleich mit vielen anderen europäischen Ländern sehr verspäteter, föderalistisch geprägter deutscher Nationalstaat. Bismarck äußerte sich bei der Gründung, man solle fragen, was absolut gemeinsam sein müsse und alles, was nicht gemeinsam zu sein brauche, der speziellen Entwicklung zu überlassen – das könnte so auch genossenschaftlicher Grundsatz sein.

Auswirkungen auf das Wirtschaftsleben

Die Folgen der dargestellten Zersplitterung Südwestdeutschlands bis 1871 waren fehlende ökonomische Prosperität, Armut und Auswanderung. Zugleich zeigte diese extreme Kleinstaaterei mancherorts auch positive Wirkungen, weil sie den Wettbewerb beflügelte. Mangels leistungsfähiger Staatlichkeit griffen viele Bürger zur Selbsthilfe und gründeten die ersten Genossenschaften.

Genossenschaftliche Parallelen

Die Volksbank Hohenlohe ist dafür ein sehr gutes Beispiel. Die Stadt Öhringen war 1843 bereits Mittelpunkt des Oberamtsbezirks Öhringen mit ungefähr 27.000 Einwohnern, worunter die Gruppe der Handwerker am stärksten vertreten war. Große Betriebe gab es nicht, Teile der Bevölkerung waren in der Landwirtschaft und im Weinbau tätig. Nach dem Vorbild des bereits 1838 entstandenen, nicht mehr existenten Privatsparvereins Künzelsau wurde am 11. August im örtlichen „Intelligenz-Blatt für den Oberamtsbezirk Öhringen“ ein Aufruf zur Gründung eines „Sparvereins“ veröffentlicht. Ungefähr 50 Personen gründeten daraufhin am 27. August 1843 im örtlichen Gasthof „Zum Römischen Kaiser“ die Öhringer Privatspar- und Leihkasse. Der Verein sollte „einerseits seinen Mitgliedern sichere Gelegenheit zu nutzbringender Anlegung von Ersparnissen geben, andererseits aber durch Anleihen gegen Bürgschaft oder auf Faustpfand den Personalkredit heben“. Bereits Ende 1844 zählte man 90 Vereinsmitglieder und zum Ende der zweiten Verwaltungsperiode 1853 waren 715 Mitglieder zu verzeichnen. Durch Fusionen in den 1990er Jahren entstand mit der Volksbank Hohenlohe eine mittelgroße Bank, die von ungefähr 45.000 Mitgliedern getragen wird.

Südwestdeutsche Winzer gehörten zu den frühen Gründern moderner Genossenschaften. Neben den schlechten Voraussetzungen, unter denen alle Handwerker und Bauern gleichermaßen litten, trugen bei den Winzern ausländische Billigimporte sowie Schädlinge und Krankheiten zur Existenzkrise bei. Bereits 1821 gab es in Baden erste landwirtschaftliche Vorschussvereine. 1824 wurde in Heilbronn die „Gesellschaft für die Weinverbesserung“ gegründet. Zehn Jahre später gründeten Winzer aus Neckarsulm einen Weingärtnerverein und legten den Grundstein für die 1855 entstandene älteste Weingärtnergenossenschaft Deutschlands, die seit 2007 Teil der Genossenschaftskellerei Heilbronn-Erlenbach-Weinsberg eG ist.

Baden-Württemberg ist eine Wiege des Genossenschaftswesens

Als eine der ältesten Genossenschaften in Württemberg gilt die heute noch existierende Osterwaldgenossenschaft Eglofs eG. Nach dem Ende des Alten Reichs 1806 wurde den Bauern nach einem jahrzehntelangen Streit mit dem württembergischen König um alte Holznutzungsrechte schließlich der Osterwald als gemeinschaftlicher Besitz zuerkannt. 1832 gründeten die 169 Besitzer die Genossenschaft, die noch heute aus 100 Familien besteht.

Dass viele der ältesten Genossenschaften ihren Ursprung im Südwesten Deutschlands haben, zeigt, dass Baden-Württemberg eine Wiege des Genossenschaftswesens ist. Vor 175 Jahren machten hier die Menschen durch Selbsthilfe und Selbstverantwortung die strukturellen politischen und wirtschaftlichen Nachteile wett. Sie gründeten eine der ersten Bankgenossenschaften der Welt und förderten damit die heute so bewunderte mittelständisch geprägte Wirtschaft. Erst fünfzig Jahre nach der Volksbank entstand in Öhringen die erste Sparkasse. In der Region Öhringen sind zudem 14 namhafte mittelständische Unternehmen tätig, von denen viele in ihren Sparten Weltmarktführer sind. Öhringen ist ein Symbol dafür, dass das Geschäftsmodell der Kreditgenossenschaft eine deutsche Erfindung ist, um mittelständische Wirtschaft zu fördern. Öhringen steht aber auch dafür, dass die Primärgenossenschaft ursprünglicher ist als Genossenschaftsverbände und -gesetze.

Das Gebäude der Bank in Öhringen um 1909.
Das Gebäude der Bank in Öhringen um 1909.
Mit einer Zeitungsanzeige wurde am 10. August 1843 zur Gründungsversammlung eingeladen: „zur Konstituierung des Vereins … am Sonntag, den 27. dieses Monats, Nachmittags 3 Uhr im Gasthof zum römischen Kaiser dahier gefällig einzufinden“.
Mit einer Zeitungsanzeige wurde am 10. August 1843 zur Gründungsversammlung eingeladen: „zur Konstituierung des Vereins … am Sonntag, den 27. dieses Monats, Nachmittags 3 Uhr im Gasthof zum römischen Kaiser dahier gefällig einzufinden“.

 

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