Diese Innovation hat das Potenzial, die Recyclingbranche zu revolutionieren: Künstliche Intelligenz (KI) erkennt und analysiert vollkommen automatisiert mineralische Bauabfälle, kategorisiert diese und hilft somit präzise bei der Trennung. Auf diese Weise können mehr Materialien recycelt und der Kreislaufwirtschaft zugeführt werden. Dies erhöht die Wirtschaftlichkeit der Branche, schont Ressourcen und ist ein wertvoller Beitrag zu mehr Umweltschutz. Dafür erhält das Tübinger Start-up Optocycle den VR-InnovationsPreis Mittelstand 2024 der baden-württembergischen Volksbanken und Raiffeisenbanken. Überreicht wurde der mit 20.000 Euro dotierte Preis von Dr. Ulrich Theileis, Präsident des Baden-Württembergischen Genossenschaftsverbands (BWGV), und Dr. Nicole Hoffmeister-Kraut (CDU), Ministerin für Wirtschaft, Arbeit und Tourismus des Landes Baden-Württemberg, beim VR-Mittelstandstag am Donnerstag (27. Juni) in Stuttgart. Der zum 24. Mal verliehene VR-InnovationsPreis gehört zu den wichtigsten und höchst dotierten Auszeichnungen für den baden-württembergischen Mittelstand.
Neben der Optocycle GmbH wurden zwei weitere Unternehmen für zukunftsweisende Innovationen ausgezeichnet. Die Park-Solar GmbH aus Stuttgart erhält den ebenfalls mit 20.000 Euro dotierten Preis des Handwerks. Das Unternehmen macht Parkplatzdächer zu Solarkraftwerken. Dank einer außergewöhnlich leichten, schmalen und ressourcenschonenden Bauweise können auch bestehende größere Parkplätze und damit ohnehin schon versiegelte Flächen für die Produktion von CO2-freiem Strom genutzt werden. Der erzeugte Solarstrom kann direkt vor Ort von E-Autos getankt werden.
Der mit 10.000 Euro dotierte Förderpreis der Genossenschaftlichen Finanz-Gruppe Volksbanken Raiffeisenbanken geht an die Hellstern medical GmbH aus Wannweil (Landkreis Reutlingen). Ihre Innovation entlastet Chirurginnen und Chirurgen bei ihrer körperlich anstrengenden Tätigkeit am OP-Tisch – und zwar wortwörtlich. Eine sensorgesteuerte Mischung aus einem Außenskelett und Robotik, ein ExoRobot, gibt dem Operateur jederzeit festen Halt. Das Hightech-Produkt folgt dabei den Bewegungen des Chirurgen intuitiv und dynamisch. Weniger Ermüdung und präzisere Eingriffe zum Wohl der Patientinnen und Patienten sind das Ergebnis.
„Der erfolgreiche Mittelstand in Baden-Württemberg steht seit jeher für Kreativität, unternehmerischen Mut und Pioniergeist. Es ist beeindruckend, wie insbesondere kleine und mittlere Unternehmen mit Innovationen immer wieder praktikable Lösungen für die Herausforderungen unserer Zeit finden und somit aktiv unsere Zukunft gestalten“, betonte Theileis bei der Preisverleihung. Er stellte heraus: „Diese besondere Innovationskultur darf nicht durch überbordende Bürokratie und Berichtspflichten eingeengt werden. Innovation lebt von Mut, Vertrauen und der Freiheit, neue Dinge auszuprobieren. Daher muss die Politik der Wirtschaft mehr zutrauen und vertrauen.“
Ebenso brauche es verlässliche Finanzpartner und passgenaue Fördermöglichkeiten, damit die Ideen von kleinen und mittelständischen Unternehmen nicht am notwendigen Kapital scheitern. Theileis: „Die Volksbanken und Raif-feisenbanken kennen ihre Kunden und werden ihrer Rolle als Innovationsförderer und Transformationsbegleiter gerecht.“ So haben im vergangenen Jahr die Genossenschaftsbanken in Baden-Württemberg Unternehmen und Betriebe mit Krediten in Höhe von 55,8 Milliarden Euro unterstützt. „Gerade in einem von den Auswirkungen der globalen Krisen gekennzeichneten konjunkturellen Umfeld braucht der Mittelstand starke Bankpartner, damit er auch weiterhin investieren und Wachstum generieren kann“, so der BWGV-Präsident beim VR-Mittelstandstag vor mittelständischen Unternehmerinnen und Unternehmern sowie genossenschaftlichen Bankvertretern im Internationalen Congresscenter der Messe Stuttgart.
Diese hob auch Ministerin Hoffmeister-Kraut beim VR-Mittelstandstag hervor: „Der VR-Innovationspreis stellt Jahr für Jahr die Kreativität und Innovationskraft des baden-württembergischen Mittelstands unter Beweis. Auch in der diesjährigen Wettbewerbsrunde hat die Jury wieder würdige Preisträger ausgewählt. Den Volks- und Raiffeisenbanken im Land danke ich für ihre verlässliche Unterstützung der mittelständischen Unternehmen auch in schwierigen Zeiten und für ihre großzügige Unterstützung des Wettbewerbs um den VR-Innovationspreis."
Hauptpreis: Aus Bauschutt wird neuer Baustoff
Rund 230 Millionen Tonnen Bauabfall entstehen jedes Jahr in Deutschland. Beim Abtransport landen in der Regel vielfältige mineralische Überreste gemeinsam auf den Lastwagen: etwa Beton, Ziegel, Gips oder Keramik. Die Innovation der Optocycle GmbH analysiert über modernste Kameratechnologien den bunt zusammengewürfelten Bauschutt und klassifiziert die verschiedenen Materialien. Eine vom Tübinger Start-up programmierte KI wertet die Bilder aus und liefert die Daten in Echtzeit an alle relevanten Stellen. Dadurch können die Recyclingunternehmen zielgenau und effizient mit der Aufbereitung beginnen und die erhaltenen Materialien – dort wo es sinnvoll und möglich ist – einer Wiederverwendung zuführen und abrechnen. Auch potenzielle Abnehmer des recyclebaren Materials können in den Prozess integriert werden
Mineralische Abfälle können damit zu hochwertigen Produkten wie etwa Recyclingbeton oder Dämmstoffe verarbeitet werden. Dies spart Rohstoffe, schont Ressourcen und kann einen Beitrag zu CO2-Einsparung und Umweltschutz leisten. Die Vision von Optocycle-CEO Max-Frederick Gerken ist, dass jeder Bauschutt auch ein neuer Baustoff ist. Der gesamte Prozess ist hochpräzise, vollautomatisiert und daher sehr effizient. Eine manuelle oder gar nach Augenmaß vorgenommene Kategorisierung von Bauabfällen müsste nicht mehr gängige Praxis sein.
Preis des Handwerks: Parkplatzdächer werden zu Solarkraftwerken
Kostengünstig, effektiv, ressourcensparend: Diese drei Merkmale zeichnet die Innovation der Park-Solar GmbH aus, die mit dem Preis des Handwerks ausgezeichnet wird. Die Patenschaft für das Unternehmen hat die Raiffeisenbank Hohenloher Land eG übernommen. Der Stuttgarter Preisträger hat eine spezielle patentierte Konstruktion in Leichtbauweise für eine Fotovoltaik-Parkplatzüberdachung entwickelt, die außergewöhnlich schlank und trotzdem hochbelastbar ist. Vorbild ist eine zugbeanspruchte Stahlbau-Konstruktion nach dem Vorbild von Hängebrücken. Das schlanke Design sorgt außerdem dafür, dass an den Parkplatz angrenzende bestehende Gebäude nicht verdeckt werden und weiterhin gut sichtbar sind.
Die für den Aufbau der Konstruktion benötigte Fläche ist minimal, und auch verhältnismäßig kleine Fundamente sind problemlos möglich, was Platz und Beton einspart. Damit eignet sich die Park-Solar-Lösung auch für bereits bestehende größere Parkplatzanlagen zum Nachrüsten. Somit können bereits versiegelte Flächen für die Erzeugung von CO2-freiem Strom genutzt werden und gleichzeitig mit dem zusätzlichen Komfort eines Sonnen- und Regenschutzes für die parkenden Fahrzeuge aufgewertet werden. Der erzeugte Strom kann direkt vor Ort für den eigenen Bedarf verwendet werden – etwa über Ladesäulen für Elektroautos.
Interessant ist die ausgezeichnete Innovation nicht zuletzt auch aufgrund gesetzlicher Bestimmungen: Seit Januar 2022 ist es in Baden-Württemberg Pflicht, neue offene Parkplätze mit mehr als 35 Stellplätzen mit Fotovoltaik auszustatten. Ähnliche Regelungen bestehen auch in Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz. Ein weiterer Geschäftsansatz von Park-Solar ist es, auch Gebäudefassaden für die Stromerzeugung zu nutzen.
Förderpreis: ExoRoboter „noac“ entlastet Chirurgen
Die mit dem Förderpreis der Genossenschaftlichen FinanzGruppe Volksbanken Raiffeisenbanken ausgezeichnete Innovation der Hellstern GmbH aus Wannweil geht ein Problem an, das weltweit täglich in tausenden Operationssälen auftritt: Rund zwei Drittel aller Chirurginnen und Chirurgen leiden unter arbeitsbedingten Muskel- und Skeletterkrankungen, sodass sie regelmäßig auf Schmerzmittel angewiesen sind. Die Ursache liegt in der über den Patienten gebeugten, stundenlangen Haltung am OP-Tisch.
Mit dem weltweit ersten ExoRobot „noac“ – eine Kombination aus Außenskelett (Exoskelett) und Robotik – können Operateure ergonomisch und damit schmerz- und ermüdungsfrei arbeiten. Dank des permanenten und sicheren Halts durch ein Gurtsystem können die Chirurgen gewissermaßen im Stehen sitzen. Für den Operierenden fühlt es sich an, als würde er aufrecht auf einem Stuhl sitzen – und dies obwohl sein Körper mitunter stark verdreht ist. Diese starke Entlastung führt zu präziseren Eingriffen und zu weniger Behandlungsfehlern.
Das patentierte Hightech-Produkt ist sensorgesteuert, fühlt die Bewegungen des Chirurgen und folgt ihm flexibel und dynamisch. Während Präzisionsarbeiten wird der Operateur sicher und genau gehalten, seine Beine und der Oberkörper werden bis zu 100 Prozent entlastet. Dank selbst entwickelter Mecanum-Räder kann der Operateur seine bestmögliche Position am OP-Tisch millimetergenau einnehmen. Da die automatische, der Körperbewegung folgende Steuerung „handsfree“ erfolgt, muss der Operateur die steri-len Instrumente nicht aus der Hand legen. Ein weiterer großer Vorteil des ExoRobot „noac“ ist, dass er für 95 Prozent aller OP-Settings eingesetzt werden kann. Damit unterscheidet er sich von anderen Robotiklösungen, wie etwa dem OP-Roboter DaVinci, mit dem nur bestimmte Eingriffe durchgeführt werden können. Bank-Pate für die Hellstern GmbH ist die Volksbank Stuttgart.
VR-Mittelstandstag mit namhaften Gästen und Referenten
Eingebettet war die Preisverleihung in den VR-Mittelstandstag der baden-württembergischen Volksbanken und Raiffeisenbanken. Unter dem Titel „Pioniergeist im Mittelstand: Die Kraft der Innovation“ wurde unter Moderation der Fernsehjournalistin und Nachrichten-Moderatorin Gundula Gause mit namhaften Referenten und Unternehmern über die Möglichkeiten für Wachstum und Entwicklung diskutiert. Über „politische und wirtschaftliche Perspektiven für Deutschland und Europa nach der den US-Präsidentschaftswahlen“ sprach der ehemalige Bundesminister und Vizekanzler Sigmar Gabriel.
Die drei Preisträger im Videoporträt
Hauptpreis: Optocycle GmbH
Preis des Handwerks: Park-Solar GmbH
Förderpreis: Hellstern GmbH