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Über die Pilotierung von BVR-NachhaltigkeitsCockpit und -Nachhaltigkeitsleitfaden

Nachhaltigkeitscockpit des BVR
Joujou / pixelio.de

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Dynamik trotz Pandemie? Ein klares Ja. Das Thema Nachhaltigkeit bekommt in unserer Gesellschaft einen immer wichtigeren Stellenwert. Durch Social Media und Life-Hacks ist es mittlerweile stets präsent und findet sich im täglichen Leben wieder. Immer öfter entstehen Ideen mit gesellschaftlichem Wert und sozialen Aspekten und werden mit viel Engagement und Motivation einfach umgesetzt. Spontan werden Azubis zum Erdbeeren pflücken umdisponiert (Volksbank Bühl), wenn aufgrund von Corona die Erntehelfer fehlen oder kurzerhand ein Portal für Liefer- und Abholservices in Lockdown-Zeiten ins Leben gerufen (Volksbank Ludwigsburg, VR-Bank Neckar-Enz, VR-Bank Asperg-Markgröningen, Volksbank Remseck). Diese und noch viele weitere Beispiele können im BVR-Bericht über das gesellschaftliche Engagement der Genossenschaftlichen Finanzgruppe (GFG) nachgelesen werden.

Darüber hinaus gibt es sowohl in Baden-Württemberg als auch in ganz Deutschland eine Vielzahl an Beispielen von Genossenschaftsbanken, die es alle wert sind erzählt zu werden. Die zahlreichen Posts, Blog-Beiträge, Videobotschaften oder Crowdfunding-Aktionen der Banken belegen dies.

Auch auf politischer Ebene gewinnt die Nachhaltigkeit immer mehr an Bedeutung. Seit dem Pariser Klimaabkommen im Jahr 2015 hat das Thema durch den EU Aktionsplan (2018 – Finanzierung nachhaltigen Wachstums) und die EU-Taxonomie (2020 – Kriterien zur Bestimmung, welche Wirtschaftstätigkeiten ökologisch nachhaltig sind) zunehmend Fahrt aufgenommen. Diese Dynamik spürt man auch im Finanzsektor – und zwar deutlich. Die gesellschaftliche Wahrnehmung und Auseinandersetzung damit ist heute anders als noch vor einem Jahr. Bankkunden fragen aktiver nach nachhaltigen Produkten oder hinterfragen Fonds-Zusammensetzungen, die energieeffiziente Baufinanzierung ist Mindeststandard, der Auftrag zur Förderung der Region hebt sich noch stärker von anderen Geschäftsmodellen ab und ist nicht nur eine Floskel.

Eine Reise mit NachhaltigkeitsCockpit und Reifegradfächer als Kompass

Der BVR nahm diese Entwicklung zum Anlass und informierte erstmals mit der Februar-Ausgabe 2021 seiner Zeitschrift BankInformation zum Thema Nachhaltigkeit mit diversen Beiträgen, flankiert mit Praxisberichten von Genossenschaftsbanken. Die hohe Themenrelevanz zeigt sich bereits mit der Überschrift des Leitartikels:

„Große Chance für die Gruppe – Nachhaltigkeit ist eine Reise, keine Destination“.

Die Volksbanken und Raiffeisenbanken befinden sich nach unserem Verständnis allein durch ihr Leitbild, ihren Auftrag zur Förderung der Region und Mitglieder, aber auch durch ihr hohes soziales Engagement sicherlich schon lange auf dieser Reise. Nicht umsonst heißt es seit jeher: Was den Einzelnen nicht möglich ist, das schaffen viele. Nur legt man bei einer langen Reise gelegentlich auch mal Rast ein. Dabei erinnert man sich gerne an das bereits Erlebte zurück, um sich auf das Kommende zu freuen.

Um diesen Gedanken weiterzuverfolgen, hat der BVR in Zusammenarbeit mit den Verbänden und Verbundunternehmen 2020 einen „Nachhaltigkeitsleitfaden“ und das „NachhaltigkeitsCockpit“ erarbeitet. Das Ziel hierbei ist, nachfolgende Fragen beantworten zu können: Wie lange befindet sich eine Bank bereits auf der Reise? Welche Strecke und Zwischenstopps wurden bis dahin zurückgelegt? Und wie soll die Reise nun fortgesetzt werden und mit welchem Ziel oder welcher Destination? Im Ergebnis soll das Cockpit die Banken in die Lage versetzen, den aktuellen Umsetzungsstand (Ist-Positionierung) in Sachen Nachhaltigkeit erheben sowie darauf aufbauend ein Ziel beziehungsweise ein zukünftiges Level auf dem Reifegradfächer ableiten und bestimmen zu können. Das Ziel-Level gibt an, auf welchem Niveau und mit welchen Ambitionen die Bank sich zukünftig bewegen möchte.

Das Cockpit enthält die wesentlichen Handlungsfelder (Nachhaltigkeits-Landkarte) einer Bank. Diese sind: Strategie, Risikomanagement, Geschäftsbetrieb, Kerngeschäft, Kommunikation und Gesellschaft sowie Ethik und Kultur. Jedes Handlungsfeld besteht aus Unterkategorien, welche anhand einer Skala von 1 bis 5 bewertet werden. Bei Themen von zentraler Bedeutung wird eine zusätzliche Gewichtung vorgenommen oder es können Bonuspunkte angerechnet werden. Nach der Bewertung ergibt sich pro Handlungsfeld ein Gesamtwert. Aggregiert man diese über alle Handlungsfelder auf, ergibt sich ein Gesamt-Score. Dieser Score-Wert wird auf den Reifefächer übertragen und einem Level entsprechend zugeordnet. Dabei bedeutet Level 1, dass lediglich Einzelmaßnahmen umgesetzt sind, wohingegen Level 5 mit einer Spezialisierung auf Nachhaltigkeit übersetzt werden kann. Die Vorgehensweise sowie weitere Erklärungen zu den einzelnen Leveln sind darüber hinaus im Nachhaltigkeitsleitfaden nochmals ausführlich beschrieben. Ebenso sind Hinweise und Hilfen für eine prozessuale Umsetzung (13 Schritte) enthalten.

Die gesamte Genossenschaftliche FinanzGruppe hat sich bis 2025 das Ziel gesetzt, flächendeckend in ganz Deutschland ein Level von 3 bis 4 zu erreichen. Diese Zielsetzung ist sicherlich ambitioniert, allerdings kann in Sachen Nachhaltigkeit nur gemeinsam ein Beitrag geleistet und messbar gemacht werden. Daher sollte es eher als Anreiz und Motivation verstanden werden, da nach den Pilotierungen und ersten Auswertungen die Volks- und Raiffeisenbanken im Durchschnitt bei 0,8 bis 1,0 liegen. Es besteht also noch Potenzial nach oben.

Welche Reiseroute mit welchen Zwischenstopps passen zu einer Genossenschaftsbank?

Wenn nun die Ist-Position bestimmt, das Ziel-Level abgeleitet und der Zeithorizont gesetzt ist, stellt sich die Frage: Wie kommt man von zum Beispiel Level 1 auf 2? Letztlich ist diese Frage nur bankindividuell zu beantworten. Die Transformation zu einem besseren, nachhaltigeren Wirtschaften wird mitunter ein langfristiger Prozess sein. Wenn man so will, die Fortsetzung der Reise über mehrere Jahre. Auch sind alle Mitarbeitenden einer Bank gefragt, angefangen vom Vorstand und der Aussprache einer klaren Positionierung sowie Regelung der Verantwortlichkeit bis hin zum Mitarbeitenden, da Nachhaltigkeit in allen Bereichen einer Bank „wirkt“. Es sollten sich demnach alle bei der Reise anmelden und nicht nur ein Teil der Kolleginnen und Kollegen.

Auf der einen Seite sind sicherlich Einmaleffekte oder kurzfristige Maßnahmen wie zum Beispiel die Umstellung auf Ökostrom richtig und zielführend. Auf der anderen Seite werden langfristig ausgerichtete Maßnahmen ihren Teil dazu beitragen, wie beispielsweise die Neuausrichtungen von Portfolios anhand der Einführung von Nachhaltigkeitskriterien oder Zielniveaus für ESG-Ratings. Es werden dabei auch unterschiedliche Maßnahmen notwendig sein, da die Geschäftstätigkeit von einer Genossenschaftsbank sich je nach Region, je nach Branchen im Geschäftsgebiet und je nach Kunden- sowie Mitgliederstruktur unterscheiden. In einer ländlich geprägten Region gibt es andere „Mitfahrgelegenheiten“ als in einem Stadtgebiet. Das Cockpit sowie der Leitfaden unterstützen hier mit ersten Beispielen oder Best-Practice-Ansätzen. Darauf muss aufgebaut werden und der für die Bank passende individuelle Mix abgeleitet werden. Zudem sollte Raum gelassen werden, um lernen zu können. Sei es von anderen Genossenschaftsbanken, anderen Verbundunternehmen oder gar Unternehmen und Kunden in der Region. Wichtig ist es, dass die Reise gemeinsam fortgesetzt wird.

Wir sind schon sehr gespannt, welches genossenschaftliche Bild sich weiterhin abzeichnet und welche neuen Impulse sich in der Zukunft aus Praxisdialogen oder -workshops ergeben werden.

Erster Praxistest mit dem Ergebnis: Es wird bereits viel gemacht allerdings sollten wir uns gemeinsam auf den Weg machen

Vor dem Rollout des NachhaltigkeitsCockpits durften wir als BWGV bei der Pilotierung gemeinsam mit zwei unserer Mitgliedsbanken das Instrument verproben. Das Resümee ist durchweg positiv – das Cockpit ist praxistauglich, übersichtlich und gut strukturiert sowie zur Positionierung über alle Handlungsfelder transparent. Die Handlungsfelder können nachvollzogen werden, ebenso können Ziele beziehungsweise Maßnahmen (kurz- wie langfristig) abgeleitet werden. Verbesserungspotenziale wurden identifiziert und ins Gesamtprojekt eingebracht.

Wir für uns halten fest: Durch die genossenschaftlichen Werte und die regionale Verwurzelung leisten bereits heute viele unserer Mitglieder einen Beitrag in Sachen Nachhaltigkeit. Sei es durch Eigeninitiativen und Einzelmaßnahmen oder Beteiligung bei Verbundaktivitäten (zum Beispiel Gewinnsparverein). Letztlich werden aber Einzelmaßnahmen nicht ausreichen, um das gemeinsame Ziel von Level 3 bis 4 zu erreichen. Daher sollten wir uns nun gemeinsam auf den Weg machen.

Umsetzungsbegleitung

Wir begleiten Sie gerne bei Ihrer bankindividuellen Umsetzung oder Ideen- und Maßnahmenfindung:
Die Möglichkeiten für nachhaltiges Engagement sind vielfältig. Gerne unterstützen wir Sie hier und geben Hilfestellung in Form von Umsetzungsbegleitung, Qualitätssicherung oder bei strategischen Überlegungen.

Ein möglicher Prozessaufbau könnte sein:

  • Überblick, Einordnung und Wissensaufbau zum Thema Nachhaltigkeit
  • Projektinitiierung (bankübergreifend) und Bestimmung der Projektkoordination und -leitung
  • Prüfung der Ablauf- und Aufbauorganisation, Identifizierung der mitwirkenden Mitarbeitenden sowie Regelung der Verantwortlichkeiten
  • Auseinandersetzung mit dem BVR-Nachhaltigkeitsleitfaden und NachhaltigkeitsCockpit
  • Durchführung einer Bestandsaufnahme der bereits etablierten und umgesetzten Einzelmaßnahmen pro Handlungsfelder
  • Gemeinsame Erarbeitung der Ist-Positionierung mit Hilfe des NachhaltigkeitsCockpits
  • Ableitung des gewünschten Reifegrads respektive Ziel-Level über den Zeithorizont
  • Ableitung von kurzfristigen und langfristigen Maßnahmen zur Verbesserung der Ist-Situation
  • Nachhalten und Umsetzung der gesetzten Ziele und Maßnahmen
  • Regelmäßiges Reporting beziehungsweise Projektmanagement

Wir empfehlen zudem einen bereichsübergreifenden und permanenten Wissensaufbau. Gerne überstützen wir hier durch fachliche Webinare oder Präsenzseminare (siehe BWGV-Akademie). In Ihren Überlegungen kann auch der Aufbau eines Nachhaltigkeitsbeauftragten eine Rolle spielen. Zertifizierungen und Ausbildungen sind hier auf Verbundebene geplant. Workshops, die einen Erfahrungsaustausch zwischen den Banken und Netzwerkpartnern fördern, befinden sich aktuell in Planung und finden voraussichtlich ab dem zweiten Quartal 2021 statt. Konkrete Termine entnehmen Sie der Ausschreibung unserer BWGV-Akademie.

Weitere Themen sind ebenso in Planung, wie beispielsweise die Erstellung des Nachhaltigkeits- oder Engagementberichts sowie Unterstützungsmöglichkeiten von bankindividuellen (Kunden)Veranstaltungen.

Ihre Ansprechpartner im BWGV sind:

Saskia Spaderna, BWGV-Bereich Beratung Genossenschaftsbanken – Abteilungsleiterin Steuerung
saskia.spaderna@bwgv-info.de
Lisa Moosmann, BWGV-Bereich Bankbetriebswirtschaft und Bankenaufsichtsrecht – regulatorische Themen
lisa.moosmann@bwgv-info.de

BVR Nachhaltigkeit
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