Nachhaltige Geldanlagen werden bei Anlegerinnen und Anlegern in Deutschland über alle Altersklassen hinweg immer beliebter, dennoch besteht bei vielen Menschen Informationsbedarf. Dies hat Union Investment bei einer repräsentativen Befragung deutscher Finanzentscheider in privaten Haushalten herausgefunden. Die Geno-Graph-Redaktion hat darüber mit Anja Bauermeister, Abteilungsleiterin Publikumsfonds bei Union Investment, der Fondsgesellschaft der Gruppe der Volksbanken und Raiffeisenbanken, gesprochen.
Frau Bauermeister, wie beliebt sind nachhaltige Geldanlagen also derzeit bei deutschen Sparerinnen und Sparern?
Sechs von zehn Anlegern in Deutschland finden nachhaltige Geldanlagen attraktiv. Das sind neun Prozentpunkte mehr als noch vor einem Jahr und ein neuer Höchststand. Vor mehr als zehn Jahren, in 2010, haben wir diese Frage im Anlegerbarometer zum ersten Mal gestellt. Damals waren es nur halb so viele Befragte, die nachhaltige Geldanlagen als attraktiv bezeichneten.
Sie haben sich auch angeschaut, für welche Altersgruppen das Thema besonders interessant ist.
Ja, das ist richtig. Es zeigt sich, dass nachhaltige Geldanlage nicht nur – wie oftmals kolportiert – etwas für junge Menschen ist. Im Gegenteil. Es ist auch für andere Altersgruppen interessant. So finden zum Beispiel jeweils 62 Prozent der Befragten zwischen 50 und 59 Jahren sowie zwischen 30 und 39 Jahren nachhaltige Geldanlagen attraktiv, unter den 20- bis 29-Jährigen ist es gut die Hälfte. Die Beliebtheit steigt übrigens mit dem Haushaltsnettoeinkommen. Befragte mit bis zu 2.300 Euro pro Monat finden nachhaltige Geldanlagen zu 47 Prozent attraktiv. Bei denen, die 5.000 Euro und mehr zur Verfügung haben, finden dies 68 Prozent. Auffällig ist allerdings, dass Befragte mit wenig Einkommen sich am positivsten äußern. 73 Prozent der Befragten mit einem Einkommen unter 1.300 Euro monatlich finden nachhaltige Geldanlagen attraktiv.
Wie sieht es mit der Zahl derjenigen aus, die bereits nachhaltig angelegt haben? Steigt ihre Zahl ebenfalls?
Ja, auch die Zahl der Befragten, die bereits nachhaltige Geldanlagen besitzen, steigt im Vergleich zum Vorjahr an: Derzeit sind es 23 Prozent, im ersten Quartal 2020 waren es 14 Prozent. Die nachhaltige Geldanlage ist ein Wachstumsthema, dennoch stehen wir erst am Anfang eines langfristigen Trends. Zwar haben Privatkunden das Thema für sich bereits entdeckt. Aber Bankberater werden voraussichtlich ab dem kommenden Jahr dazu verpflichtet sein, Kunden zu ihrer Nachhaltigkeitspräferenz zu befragen. Dies wird der nachhaltigen Geldanlage weiteren Rückenwind geben.
Die Tendenz zu mehr Nachhaltigkeit bei den eigenen Finanzen wird auch in weiteren Ergebnissen deutlich. So gehen immer weniger Befragte, aktuell 26 Prozent, davon aus, dass nachhaltige Geldanlagen nur etwas für professionelle Anleger sind. Allerdings scheint mit der Bekanntheit des Themas auch der Informationsbedarf zu steigen, denn der Anteil derer, die investieren würden, wenn sie wüssten wie, ist auf 60 Prozent gestiegen. Ein Drittel der Befragten, die nicht in nachhaltige Geldanlagen investiert sind, hält das Angebot an nachhaltigen Geldanlagen für zu kompliziert.
Was kann man hier tun, um Licht ins Dunkel zu bringen?
Positiv ist, dass das Thema im Bewusstsein der Anlegerinnen und Anleger angekommen ist und sie es als Zukunftsthema betrachten. Um sich einen Überblick über Angebote zu verschaffen, hilft eine qualifizierte Beratung. Sie unterstützt dabei, das kundenindividuell passende Maß an Nachhaltigkeit, Ertrag und Risiko herauszuarbeiten.
Welche Nachhaltigkeitsfaktoren sind den Menschen besonders wichtig?
Bei der Frage, welche Aspekte beim nachhaltigen Investieren beachtet werden sollten, halten die Anlegerinnen und Anleger ökologische und soziale für beinahe gleich wichtig. 51 Prozent legen Wert auf Ökologie, also zum Beispiel die Gewinnerzielung in Einklang mit Umwelt und Klimaschutz. 47 Prozent der Befragten ist es wichtig, dass Gewinne im Einklang mit sozialen Aspekten wie dem verantwortungsvollen Umgang mit Menschen und Kulturen erzielt werden. Für die Mehrheit der Befragten ist es wichtig, dass Unternehmen langfristig handeln, statt kurzfristig Gewinne zu erzielen. Wie wichtig zukunftsgerichtetes Handeln für Anlegerinnen und Anleger ist, zeigt auch, dass die Mehrzahl (82 Prozent) auf ein monatliches bedingungsloses Einkommen von 1.000 Euro verzichten würde, wenn der Staat das Geld in Bildung, Klimaschutz oder ähnliches investiert.
Viele Investoren setzen auf Unternehmen, die sich erst auf den Weg gemacht haben zu mehr Nachhaltigkeit. Wie sehen die Befragten dies?
Die meisten unserer Umfrageteilnehmerinnen und -teilnehmer sehen viel Potenzial in diesen Unternehmen, die sich auf den nachhaltigen Weg machen. 59 Prozent der Anleger präferieren, dass sowohl in Unternehmen investiert wird, die bereits nachhaltig handeln als auch in solche, die nachhaltig handeln möchten. Es ist offensichtlich, dass Anlegerinnen und Anleger mit ihrer Geldanlage etwas bewegen wollen. Dabei setzen sie auch auf die Unterstützung von Unternehmen, die sich in Zukunft nachhaltiger aufstellen wollen.
Die nachhaltige Modernisierung der Wirtschaft bietet große Chancen. Denn nicht bei den derzeitigen Musterschülern, sondern bei den Transformations-Kandidaten liegt das größte Profitabilitätspotenzial und ein entsprechender Wirkungshebel. Insgesamt trauen sich die Befragten beim Thema Nachhaltigkeit übrigens auch selbst einiges zu. Acht von zehn meinen, dass Bürgerinnen und Bürger selbst den nachhaltigen Wandel am stärksten vorantreiben können.