Pandemiebedingt fand die Veranstaltung als Web-Event im Livestream statt, mit renommierten Referenten wie dem RWE-Vorstandsvorsitzenden Dr. Markus Krebber und ZDF-Moderator Dr. Claus Kleber. Sie diskutierten mit den Teilnehmenden über die Herausforderungen einer nachhaltigen Transformation sowohl für die Realwirtschaft als auch die Finanzbranche.
In seinem Vortrag erläuterte RWE-CEO Krebber, wie der Energieversorger sein Geschäft derzeit umfassend transformiert. Ziel sei eine führende Position als Anbieter erneuerbarer Energien und die Klimaneutralität des Unternehmens bis zum Jahr 2040. Seit 2012 habe man die Treibhausgasemissionen bereits um 60 Prozent reduziert und wolle diese bis 2030 um weitere 75 Prozent vermindern. Er appellierte an die Investoren, in Unternehmen mit klaren Klimazielen und klarer Klimastrategie zu investieren.
Glaubwürdig auf den Weg machen
Den Ball nahm Dr. Henrik Pontzen, Leiter ESG bei Union Investment, direkt auf: „Wir müssen nicht grüne Unternehmen noch grüner machen, sondern braune Unternehmen grün machen.“ Entscheidend sei aus Investorensicht, dass Unternehmen glaubwürdig belegen können, dass sie sich auf den Weg gemacht haben, nachhaltiger zu werden. Denn in einer klimaneutralen Zukunft werde ebenfalls Energie gebraucht.
Null-Emission als physikalische Notwendigkeit
Alle Referenten stuften den Klimawandel als zentrale Herausforderung ein. „Null CO2-Emissionen sind keine radikale politische Forderung, sondern eine physikalische Notwendigkeit“, betonte Professor Anders Levermann vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung. Bereits im Jahr 2014 sei die Westarktis instabil geworden. Der Nordpol werde in Zukunft eisfrei sein und erwärme sich dann sogar doppelt so schnell wie der Rest des Planeten. „Die zunehmenden Wetterextreme werden auch extreme wirtschaftliche Implikationen haben“, prognostizierte Levermann. Gegensteuern könne man allerdings nicht durch individu-elle Verhaltensänderungen, sondern nur durch einen wirklichen Strukturwandel.
Deutscher Klimaschutz mit Signalfunktion
Die verschiedenen Dimensionen des Klimawandels erläuterte ZDF-Anchorman Dr. Claus Kleber den Teilnehmern der Konferenz. Während der Kampf gegen den Klimawandel vor Jahren oft noch als Gutmenschenattitüde abgetan worden sei, würde sich nun zunehmend die machtpolitische Komponente des Klimawandels zeigen: „Klimawandel ist ein Kriegsbeschleuniger“, warnte Kleber. Die Bedeutung sei allerdings vielen Menschen noch nicht bewusst. Zwar sei das Faktenwissen über den Klimawandel in Deutschland oft größer als in anderen Ländern, aber es fehle hierzulande das Bewusstsein, persönlich vom Klimawandel betroffen zu sein. Auch wenn zum Beispiel China und die USA viel mehr Energie verbrauchen würden, habe Deutschland international eine wichtige Rolle und seine Klimaschutzbemühungen hätten ungeachtet der relativ geringen Größe des Landes Signalfunktion. Außerdem betonte Kleber in seinem Vortrag die Verantwortung der Finanzbranche als entscheidender Hebel im Kampf gegen den Klimawandel.
Abschlussdiskussion: Kleinstaaterei vermeiden, Bürokratie abbauen
Die Abschlussdiskussion der Nachhaltigkeitskonferenz eröffnete Union-Vorstand Alexander Schindler mit der Feststellung: „Nach der Pandemie kommt das Thema Klimawandel mit Macht zurück.“ Er appelliert mit Blick auf den gesetzlichen Rahmen in Europa, Kleinstaaterei zu vermeiden, zumal Investoren aus Europa im europäischen Aktienmarkt nur einen Anteil von etwa einem Drittel hätten. Auch RWE-Chef Krebber warnte vor einem Übermaß an Bürokratie. Es gelte vielmehr, Genehmigungsverfahren zu beschleunigen. Klimaschutz und Wettbewerbsfähigkeit sollten Hand in Hand gehen. Sein Fazit: „Wir müssen alle schneller werden.“
Frischer Wind für nachhaltige Transformation
Nachhaltigkeit ist heutzutage für die meisten Großanleger in Deutschland unverzichtbar. Einen Ausstieg aus der nachhaltigen Kapitalanlage können sich nur noch sehr wenige institutionelle Investoren vorstellen. Über diese und weitere Ergebnisse der Nachhaltigkeitsstudie von Union Investment sprach die Geno-Graph-Redaktion mit Alexander Schindler, Vorstandsmitglied von Union Investment mit Zuständigkeit für das institutionelle Kundengeschäft.
Herr Schindler, welchen Stellenwert hat Nachhaltigkeit für institutionelle Anleger?
Wir sind vor gut 30 Jahren mit einem Fonds für kirchliche Anleger in das Thema Nachhaltigkeit eingestiegen. Die Nische haben nachhaltige Investments jedoch längst verlassen und sind bei institutionellen Anlegern Mainstream. In Deutschland investieren inzwischen 78 Prozent der institutionellen Investoren nachhaltig. Dagegen waren es vor fünf Jahren erst 64 Prozent. Gleichzeitig ist das Know-how der Investoren deutlich gewachsen. Die Ergebnisse unserer Studie unterstreichen, dass Nachhaltigkeit bei den meisten institutionellen Investoren fest etabliert ist. Sie agieren bei diesem Thema mit ebenso professioneller Selbstverständlichkeit wie bei den übrigen Dimensionen der Kapitalanlage.
Verzichten Investoren für Nachhaltigkeit auf Rendite?
Während in der Vergangenheit über mögliche Renditenachteile nachhaltiger Investments diskutiert wurde, ist das heutzutage kein Thema mehr für Profianleger. Das bestätigt auch die Studie. Von den Anlegern, die sowohl nachhaltig als auch konventionell investieren, gaben 78 Prozent an, dass die Rendite bei nachhaltigen Investments gleich hoch oder gar höher sei als bei konventionellen Strategien. Und 79 Prozent bescheinigten den nachhaltigen Anlagen ein ebenso gutes oder sogar besseres Risikomanagement. Daher verwundert es nicht, dass für gerade einmal sieben Prozent der befragten Investoren ein Ausstieg aus der nachhaltigen Kapitalanlage vorstellbar ist. Dagegen waren es vor fünf Jahren noch mehr als drei Mal so viele.
Was ist aus Sicht der Profianleger die größte Herausforderung?
Auch die institutionellen Anleger bewegt natürlich der Klimawandel. Bei unserer Befragung zeigten sich 88 Prozent überzeugt, dass es weniger kosten würde, den Klimawandel zu verhindern, als für seine Folgen aufzukommen. Eine Eindämmung des Klimawandels wiederum erfordert eine Transformation hin zu einer nachhaltigeren Wirtschaft. Hierbei sind auch die Investoren gefragt, dann das Engagement als aktiver Aktionär spielt bei der Transformation der Unternehmen eine wichtige Rolle.