Spätestens seit dem angekündigten Austritt der USA aus dem Klimaschutzabkommen ist das Thema Nachhaltigkeit bei vielen Menschen wieder stärker präsent. Alle anderen Unterzeichner haben jedoch sehr deutlich klar gemacht, daran weiter festhalten zu wollen. Die Einstellung institutioneller Anleger in Deutschland gegenüber nachhaltigen Investments spiegelt dieses Bekenntnis zu den vereinbarten Klimaschutzzielen wider: Sie entwickelt sich auch in diesem Jahr weiter positiv. Der von Union Investment in Zusammenarbeit mit Professor Henry Schäfer von der Universität Stuttgart erstellte Stimmungsindex zur nachhaltigen Kapitalanlage stieg im Vorjahresvergleich um 1,9 auf 19,4 Punkte. Der Anteil der Großanleger, die nachhaltige Strategien in der Kapitalanlage nutzen, erhöhte sich gegenüber dem Vorjahr um vier Prozentpunkte auf 64 Prozent.
Doch es bedarf weiter einer intensiven Auseinandersetzung, um der Komplexität des Themas gerecht zu werden. Eine Plattform hierzu bietet alljährlich die Nachhaltigkeitskonferenz von Union Investment. Alexander Schindler, Vorstandsmitglied von Union Investment, konnte im Offenbacher Büsing Palais auch in diesem Jahr viele Besucher aus der Genossenschaftlichen Finanzgruppe und prominente Referenten begrüßen.
„Für mehr Transparenz sorgen“
„Nachhaltige Investments sind längst kein Feigenblatt mehr, sondern gehören für viele Großanleger zum Alltag“, betonte Schindler zur Eröffnung der Konferenz. „Wir als Anbieter müssen künftig Investorenbedürfnisse noch passgenauer abbilden und für mehr Transparenz sorgen“, betonte er. Einen Ausstieg aus der nachhaltigen Kapitalanlage könnten sich immerhin mehr als zwei Drittel der Großanleger nicht mehr vorstellen. Daher gelte es, möglichst passgenaue Angebote und Produkte zu entwickeln.
„Der Klimawandel verändert den Handlungsrahmen für Politik und Wirtschaft in einschneidender Art und Weise“, konstatierte Professor Dr. Horst Köhler, Bundespräsident a.D. und Keynote-Speaker der Nachhaltigkeitskonferenz. Er erwartet große und entscheidende Transformationen der Ökonomie und der Gesellschaft. Der Finanzsektor müsse sich als „Ausrüster dieses globalen Wandels“ verstehen und könne so die Verbesserung des Wohlstands rund um den Globus aktiv mitgestalten. Köhlers Hoffnung: „Die sparstarken, alternden Gesellschaften des Nordens sollten Brücken bauen zu den jungen, wachsenden Gesellschaften des Südens.“ Für Investoren und Finanzdienstleister sei es eine große Chance, Teil dieser Hoffnungsgeschichte zu werden und dem globalen Wohlstand zu dienen.
Nachhaltigkeit, so wie sie Alexander Graf Lambsdorff, Vize-Präsident des Europäischen Parlaments, versteht, beinhaltet weit mehr als Klimaschutzpolitik. Denn er sieht den Begriff der Nachhaltigkeit verknüpft mit soliden Staatsfinanzen. Nur in diesem Rahmen könne Politik auch gestalten und dafür sorgen, dass soziale Gerechtigkeit, Wohlstand und Bildung, aber auch eine saubere Umwelt, für alle Menschen zugänglich sind: „Die Länder, die an der Spitze der Nachhaltigkeitsagenda stehen, sind die demokratischsten, rechtsstaatlichsten und auch die wohlhabendsten Staaten“, so der Politiker.
Bei Geldanlage Umwelt- und Sozialkriterien berücksichtigen
Der Klima- und Finanzexperte der Umweltschutzorganisation WWF, Matthias Kopp, beschäftigte sich in seinem Vortrag mit den Tragfähigkeitsgrenzen unseres Planeten. Er wies eindrücklich auf die Umweltverschmutzung und den Ressourcenverbrauch hin: „Wir ruinieren uns die eigenen Lebensgrundlagen. Auf dem Weg dahin nehmen wir eine Menge Arten mit.“ Er redete den Investoren ins Gewissen, bei der Geldanlage Umwelt- und Sozialkriterien sowie Unternehmensführung zu berücksichtigen. Er forderte, dass die Gesellschaft die Zukunft aktiv gestalten müsse, anstatt Probleme nur reaktiv anzugehen.
Rund 30 Milliarden Euro Vermögen verwaltet Union Investment mittlerweile nachhaltig. Und das starke Wachstum in diesem Bereich wird auch zukünftig anhalten, prognostizierte Ingo Speich, Leiter Nachhaltigkeit und Engagement bei Union Investment. Um diesem Bedarf gerecht zu werden, entwickelt sich Union Investment stetig weiter. So wurde beispielsweise im vergangenen Jahr das ESG Committee gegründet, das die zentrale Institution im Portfoliomanagement für die Integration von ESG-Kriterien im Investmentprozess bildet. Auch Stephan Hirschbrich, Leiter Rates bei Union Investment, äußerte sich in seinem Vortrag davon überzeugt, dass das Thema Nachhaltigkeit auch im Privatkundenbereich weiter an Bedeutung gewinnen wird. Auf die Folgen des Klimawandels und ihre Finanzierung wies Sean Kidney, CEO und Co-Founder der Climate Bonds Initiative hin. Bernhard Mattes, Präsident der American Chamber of Commerce in Germany und ehemaliger Ford-Chef in Deutschland, betonte die Bedeutung von Elektromobilität für den Klimaschutz und die Reduzierung der Treibhausgase.
Die wichtigsten Ergebnisse der Nachhaltigkeitsstudie von Union Investment
- 64 Prozent der institutionellen Investoren berücksichtigen Nachhaltigkeitskriterien bei ihren Anlageentscheidungen; vor fünf Jahren waren es noch 48 Prozent. Vorreiter sind die Kapitalverwaltungsgesellschaften: Bei ihnen nutzen bereits 90 Prozent nachhaltige Strategien in der Kapitalanlage.
- Der Stimmungsindex zur nachhaltigen Kapitalanlage stieg im Vorjahresvergleich um 1,9 auf 19,4 Punkte.
- Hohe Gesamtzufriedenheit: Bei Investoren, die Nachhaltigkeitskriterien berücksichtigen, ist auch die Zufriedenheit mit den dadurch erzielten Ergebnissen weiter gestiegen.
- Trotz der steigenden Nutzung nachhaltiger Strategien sind im Schnitt erst 37 Prozent aller investierten Assets nach Nachhaltigkeitskriterien angelegt. Die Spanne zwischen den Investorengruppen ist allerdings groß und reicht von 65 Prozent bei Stiftungen und Kirchen bis zu lediglich 21 Prozent bei Großunternehmen.
- Mehr als drei Viertel der bereits nachhaltig investierten Anleger können sich einen Ausstieg nicht mehr vorstellen. Hier haben vor allem Großunternehmen aufgeholt: Hielten 2016 noch 47 Prozent einen Ausstieg für denkbar, ist es 2017 nur noch ein Drittel.
- Entscheidender Treiber der Entwicklung hin zu nachhaltigen Anlagestrategien ist der Druck vonseiten der Politik: So sind regulatorische Bedingungen für die meisten befragten Investoren der entscheidende Grund, sich verstärkt mit Nachhaltigkeitskriterien auseinanderzusetzen. Allein für Großunternehmen sind veränderte Risikobedingungen ein noch wichtigerer Faktor.
- Das Klimaschutzabkommen von Paris hat Wirkung gezeigt: Während 2016 nur 21 Prozent der nachhaltig orientierten Investoren Klimaschutzaspekte in ihren Anlagerichtlinien berücksichtigten, sind es 2017 bereits 43 Prozent. Vor allem Kapitalverwaltungsgesellschaften und Großunternehmen haben den Klimaschutz als neue Risikodimension erkannt.