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Junge Betriebsleiter für das genossenschaftliche Ehrenamt begeistern

Junge Betriebsleiter besuchen Obstgroßmarkt
Tobias Mann

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Um ländlichen Genossenschaften eine Plattform zum Austausch mit künftigen Mitgliedern zu bieten und Betriebsleiter von morgen für die genossenschaftliche Idee zu begeistern, bietet der Baden-Württembergische Genossenschaftsverband (BWGV) Genossenschaftstage für Schüler landwirtschaftlicher und weinbaulicher Fachschulen an.

Über das Wesen einer Genossenschaft

Wie wird die Genossenschaft gesehen
Die Schulung half mit, dass junge Betriebsleiter nun ein positiveres Bild von einer landwirtschaftlichen Genossenschaft haben.

Anfang Februar 2017 haben Fachschüler für Landbau der Fachschule für Landwirtschaft in Bruchsal im Rahmen der vom BWGV organisierten Tage an einer Schulung zu der Idee Friedrich Wilhelm Raiffeisens sowie den Besonderheiten der genossenschaftlichen Rechtsform teilgenommen. Die Schüler der insgesamt drei Fachschulklassen, darunter einer Klasse für Nebenerwerbslandwirte, hatten während des theoretischen Unterrichts sowie der eintägigen Exkursion die Möglichkeit, mit Vertretern der ZG Raiffeisen eG, des Obstgroßmarkts Mittelbaden eG, der LandFrauenWirtschaft eG sowie der Bürgerenergie St. Peter eG genossenschaftliche Themen zu diskutieren. Schwerpunkt der Schulung war es, die Betriebsleiter von morgen über ihre Rechte und Pflichten als Mitglied einer Genossenschaft aufzuklären und diese für das genossenschaftliche Ehrenamt zu begeistern.

Die künftigen Betriebsleiter haben täglich Kontakt zu den landwirtschaftlichen Genossenschaften, sei es über die Milchablieferung oder den Betriebsmitteleinkauf. Sie identifizieren sich jedoch häufig nicht mit dem Unternehmen. Zu Beginn der Schulung lehnten im Rahmen einer anonymen Meinungsabfrage die Schüler das Statement „die Mitglieder sehen die Genossenschaften als ,ihr‘ Unternehmen“ mit sehr deutlicher Mehrheit ab. Keiner der etwa 50 Teilnehmer konnte der Aussage voll zustimmen (siehe grüne und blaue Punkte in Abbildung). Auch der Aussage „die Mitglieder haben angemessene Mitwirkungs- und Gestaltungsmöglichkeiten, um den Unternehmenserfolg zu bestimmen“ konnte keiner der etwa 50 Teilnehmer voll zustimmen. Auch die Wahrnehmung, dass die Genossenschaften mehr sind als nur Geschäftspartner und es sich bei der eingetragenen Genossenschaft um ein demokratisch geführtes Unternehmen handelt, war nicht vorhanden.

Dem schlechten Image wurde mit Fakten und Wissensvermittlung begegnet: Paragraph 1 des Genossenschaftsgesetzes zum Förderauftrag jeder Genossenschaft, die Idee Raiffeisens, der demokratische Aufbau einer Genossenschaft, die Organe, die Rechte und Pflichten jedes Mitglieds, die genossenschaftliche Prüfung zum Schutz der Mitglieder, die Gewinnverteilung und nicht zuletzt die Vielfalt der Genossenschaften im Land standen auf dem Schulungsplan. Gerüstet mit den genossenschaftlichen „Basics“ begaben sich die Lernenden am Folgetag auf Exkursion zu Genossenschaften vor Ort.

Über die Arbeit im Obstgroßmarkt

Junge Betriebsleiter besuchen Obstgroßmarkt
Genossenschaft in der Praxis: Erster Haltepunkt war Oberkirch. Dort führte Wendelin Obrecht, Vorstandsvorsitzender der OGM Obstgroßmarkt
Mittelbaden eG, die Gruppe durch den Betrieb.

Erster Haltepunkt war Oberkirch. Dort führte Wendelin Obrecht, Vorstandsvorsitzender der OGM Obstgroßmarkt Mittelbaden eG, durch Obstlager, Verpackungsstraßen und erklärte die Funktionsweise und Kriterien der Apfelsortieranlage. Im Anschluss standen er sowie sein Kollege Markus Grimmig, Aufsichtsratsvorsitzender, den wissbegierigen Teilnehmern für Fragen zur Verfügung. Sie durften die Zukunftspläne der Genossenschaft, die Reaktion auf den weiter anhaltenden Strukturwandel in der Landwirtschaft, den Aufbau und die Arbeit in den ehrenamtlichen Gremien und nicht zuletzt die Vereinbarkeit von genossenschaftlichem Ehrenamt, Betrieb und Privatleben erläutern. Die Frage, auf welche Kulturen man in Zukunft als Obstbauer setzen solle, beantworte Obrecht mit einem Ratschlag für die jungen Landwirte: „Man kann nur erfolgreich sein in Kulturen, bei denen man sich wohl fühlt.“

Genossenschaftliches Café besucht

Nach knapp drei Stunden im Obstgroßmarkt folgte die Fahrt nach St. Märgen. Dort bot die LandFrauenWirtschaft eG im Café Goldene Krone ein Mittagessen zur Stärkung. Im Anschluss erläuterte Josef Waldvogel, Aufsichtsratsvorsitzender und einziger Mann in den Gremien der LandFrauenWirtschaft eG, die Entstehung der Genossenschaft und die Motivation der insgesamt 55 Mitglieder. Die Schüler waren beeindruckt von dem Erfolg der Genossenschaft und der weitreichenden positiven Wirkung auf die Infrastruktur in St. Märgen. Einige Teilnehmer konnten Impulse für Antworten auf die strukturellen Herausforderungen in den eigenen ländlichen Heimatdörfern mitnehmen.

Begegnung im Bioenergiedorf

Zum Abschluss ging es nur wenige Kilometer weiter zum inzwischen weit über die Grenzen Baden-Württembergs hinaus bekannten Bioenergiedorf St. Peter, wo die Gruppe von Rudolf Schuler, Ortsbürgermeister sowie Aufsichtsratsvorsitzender der Bürgerenergie St. Peter eG, im Dorfgemeinschaftshaus an der Heizzentrale empfangen wurde. Schuler berichtete von den Herausforderungen des Pionier-Projekts vor und während der Gründungsphase, den schwierigen Bauarbeiten zur Verlegung des Nahwärmenetzes im Ortskern der Gemeinde St. Peter und der weiter wachsenden Mitgliederzahl – sprich Haushalte, die ihre Wärme von der Bürgerenergie St. Peter eG beziehen. Auch Fragen zur Heiztechnik, Herkunft des Holzes, Sicherheit des Betriebs und insbesondere der Wirtschaftlichkeit musste Schuler standhalten. Ebenso wurden die Anlagen und das Hackschnitzellager besichtigt.

Zum Abschluss der zweitägigen Schulung wurden die Lernenden erneut aufgefordert, anonym über Aussagen zu Genossenschaften abzustimmen. Diesmal fielen die Ergebnisse für die Genossenschaften deutlich besser aus (siehe rote Punkte in Abbildung) als noch am Morgen des ersten Tages. Nun stimmten die künftigen Betriebsleiter den Aussagen „Die Mitglieder sehen die Genossenschaften als .ihr‘ Unternehmen“ sowie „Genossenschaften sind demokratisch geführte Unternehmen“ mehrheitlich zu. Das Ziel des Genossenschaftstags an landwirtschaftlichen Fachschulen, die Nachwuchs-Betriebsleiter für das genossenschaftliche Modell und bestenfalls für ein ehrenamtliches Engagement in einem genossenschaftlichen Gremium zu begeistern, ist somit zumindest bei der Mehrheit der Teilnehmenden erreicht worden.

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