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Interview zur Messe Intervitis: Mit Technik den Klimawandel meistern

Weintrauben
© uschi dreiucker / pixelio.de

Neuer Veranstaltungsrhythmus und thematischer Erweiterung der Technologiemesse für Wein und Obst „Intervitis/Interfructa“. Interview mit Dr. Rudolf Nickenig, Deutscher Weinbauverband.

Herr Dr. Nickenig, die traditionsreiche internationale Stuttgarter Technologiemesse „Intervitis/Interfructa“ war früher auf der Messe am Killesberg. Aussteller und Besucher schätzten unter anderem den Freibereich. Dort gab es zum Beispiel Vorführungen. Seit dem Umzug der Messe auf die Fildern kam hie und da Kritik auf. Der Deutsche Weinbauverband hat unter Ihrer Federführung für 2016 Änderungen beschlossen. Welche sind das?

Dr. Rudolf Nickenig, Generalsekretär des Deutschen Weinbauverbands, Bonn
Dr. Rudolf Nickenig, Generalsekretär des Deutschen Weinbauverbands, Bonn

Es wäre fatal, wenn die Weinbranche nur in Nostalgie schwelgen würde. Die Nachteile, die der Killesberg als Ausstellungsgelände für Besucher und Aussteller hatte, werden im träumerischen Rückblick oft vergessen. Die Weinbranche ist dynamisch, gefällt Konsumenten durch die Verbindung von Tradition und Moderne, was sich nicht nur in der Weinarchitektur, sondern auch in modernen Weinstilen niederschlägt. Diese Entwicklung können wir auf dem modernen Messegelände am Flughafen hervorragend mit Leben füllen. Wir haben verstanden, dass die Besucher Technik erleben, fühlen und schmecken wollen und haben daher – basierend auf der Killesberger Tradition – ein modernes Besucherkonzept entwickelt. Mit den täglichen Maschinenvorführungen in einer eigenen Halle, praxisbezogenen Verkostungen „Technik schmecken“ und dem Weintreff für den Erfahrungsaustausch unter Kollegen und mit Ausstellern ist die Fachmesse einzigartig. In das Veranstaltungsprogramm fließt die Kompetenz der führenden Wissenschaftler und Forscher aus allen deutschen Lehr- und Forschungsanstalten ein.

Wir sind davon überzeugt, dass diese ab diesem Jahr im zweijährigen Turnus stattfindende Veranstaltung eine einzigartige Chance darstellt, Deutschland als kompetentes „Weinland“ international zu präsentieren: höchste Qualität in Wissenschaft und Forschung, beim innovativen Maschinenbau und bei kreativen Dienstleistungen und nicht zuletzt bei unseren Erzeugnissen. Dies sollten alle Hersteller und Anbieter von Maschinen und Geräten sowie alle Praktiker in unserer Branche nutzen: Wine-Know-how – made in Germany!

Die Fachmesse „Hortitechnica“ für Sonderkulturen wird angedockt. Weswegen?

Weil es gut ist, über den Tellerrand zu blicken. Die übrigen Sonderkulturen stehen doch vor ähnlichen Fragestellungen wie wir im Weinbau. Vom Anbau über die Vermarktung bis zur Logistik. Mit der Deutschen Landwirtschaftsgesellschaft (DLG) haben wir einen sehr kompetenten Partner gefunden, der auch als Messeveranstalter sehr erfolgreich ist. Jeder kennt die „Agritechnica“, die alle zwei Jahre jeweils im November in Hannover stattfindet. Dies war auch ein Grund für uns, in den Zweijahresrhythmus und in den November (27. bis 30. November 2016) zu wechseln, der für die Sonderkulturen ein sehr guter Zeitpunkt ist.

Uns war bewusst, dass der November für Selbstvermarkter auf den ersten Blick kein Wunschtermin ist. Aber wir haben ebenso viele Klagen über den bisherigen Termin im Mai gehört, wo unvorhersehbare Arbeitsspitzen im Weinberg oder Feld anstehen können. Ein Tag Messebesuch im November ist besser planbar, die Ernte ist vorbei, die richtige Zeit, um sich über die Investitionen für das nächste Jahr zu informieren. Im Verbandsgebiet des BWGV gibt es sicher viele Sonderkulturbetriebe, Spezial- und Gemischtbetriebe, die nun eine neue Informationsplattform vor der Haustür haben.

Der Baden-Württembergische Genossenschaftsverband ist bezüglich der „Intervitis“, die in Stuttgart stattfindet, quasi der „Hausverband“. Was dürfen die Mitglieder der baden-württembergischen Winzerund Weingärtnergenossenschaften als potenzielle Besucher der Messe „vor ihrer Haustür“ Besonderes erwarten?

Ich bin sehr dankbar dafür, dass die Mitgliedsverbände des Deutschen Weinbauverbandes sich engagiert für eine erfolgreiche „Intervitis“ einsetzen. Das gilt für den BWGV in besonderer Weise. Jeder Besucher kann sich vorab im Internet über die Ausstellung und das Fachprogramm informieren und seinen Besuch bereits vor der Anreise planen. Die Besucher erwartet ein großes Informationsangebot, gerade auch für die kleinen und mittleren Betriebe. Traditionsgemäß ist das Ausstellungsangebot für die Außentechnik sehr umfangreich und wird durch die Sonderkulturtechnik jetzt noch breiter. In den Rundgang würde ich Zeit für die Maschinenvorführungen und für die Weinverkostung „Technik schmecken“ einplanen. Es werden wieder Aussteller mit Innovationspreisen ausgezeichnet, über sie würde ich mich als Besucher vorab genauer informieren und prüfen, ob sie für meine betrieblichen Anforderungen wichtig sein können.

Sollte ein Besucher bauliche Maßnahmen planen, dann empfehle ich, die ausgestellten Architekturkonzepte zu besichtigen und an der Tagung „Wein, Tourismus und Architektur“ teilzunehmen. Das gesamte Tagungsprogramm findet man auf unserer Internetseite:  www.dwvkongress.de/tagungsprogramm.html.. Empfehlenswert für jeden, der sich auf anspruchsvollen Niveau über die aktuellen Kernfragen unserer Branche informieren will. Kurze, sehr praxisorientierte Informationen wird es auf der Bühne im Weintreff geben. Apropos: Der Weintreff ist täglich zwei Stunden länger als die Messe geöffnet, also bis 20 Uhr. Es ist sehr zu empfehlen, die Öffnungszeit auszunutzen, um noch einen kollegialen Austausch zu pflegen und sich bei entspannter Verkehrssituation auf den Heimweg zu machen. Die Organisatoren von Busreisen beziehungsweise Fahrgelegenheiten sollten die spätere Abfahrtszeit berücksichtigen. Für Fahrer gibt es alkoholfreie Getränke oder man nutzt direkt das Busreiseprogramm, das wir rechtzeitig vorstellen werden.

Die Messe ist mehr als nur Fachmesse, sie ist auch Kongress. Um was wird es gehen?

Auf die sechs technisch-wissenschaftlichen Tagungen habe ich bereits hingewiesen: Die Markt- und Marketing-Tagung dreht sich um „Globale Trends und ihre Auswirkungen auf Märkte und Marketing“. Wichtig für die Geschäftsführer und Vorstände von Winzer- und Weingärtnergenossenschaften, für Selbstvermarkter und alle Marktinteressierte. Die Tagung „Einfluss des Klimawandels auf den Weinbau“ beschäftigt sich mit den Zukunftsfragen des Weinbaus, wie zum Beispiel Digitalisierung, Robotik, aber auch mit weinbaulichen Lösungen für die sich ändernden klimatischen Rahmenbedingungen. Ich darf aber auch auf die Tagung für den ökologischen Weinbau aufmerksam machen. Insbesondere den Kellermeistern empfehle ich die Tagungen „Herausforderungen der Zukunft in der Önologie“ sowie „Mikrobiologie und Analytik im Zeichen veränderter Anforderungen“.

Die Tourismus- und Architekturtagung habe ich bereits erwähnt. Am Messe-Sonntag werden wir mit weinbaupolitischen Veranstaltungen starten. Es wird um einfachere und bessere EU-Regelungen sowie um das Management von geschützten Ursprungsbezeichnungen gehen. Am Sonntag werden sich auch die Obst- und Kleinbrenner treffen, die ja gerade in Baden-Württemberg stark vertreten sind. Wir sind sehr dankbar, dass der Deutsche Raiffeisenverband am Dienstag eine internationale Genossenschaftstagung organisiert, die sicherlich für die Mitglieder des BWGV von größtem Interesse sein wird. Und schließlich möchte ich noch die Veranstaltungen für die Winzerinnen, organisiert durch Vinissima, und für die Jungen in unserer Branche hervorheben, deren Tagung, wie sollte es anders sein, in einer rauschenden (nicht berauschten!) „Young Professionels Party“ enden wird.

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