Sich auf einen internen Bewerber zu konzentrieren, setzt voraus, dass überhaupt ein für die Vakanz ausreichend qualifizierter Anwärter im Hause tätig ist. Seitens der Personalverantwortlichen gibt es selten Unsicherheiten, was die fachliche Qualifikation wie auch die Leistung der eigenen Mitarbeiter anbelangt. Durch entsprechende Personalentwicklungskonzepte sowie die Nähe zu den Mitarbeitern – wie sie in genossenschaftlichen Unternehmen in jedem Fall üblich ist – existiert meist Klarheit über die grundsätzliche Eignung potenzieller Kandidaten. Dennoch besteht häufig der Wunsch seitens der Gremien – sei es nun im Aufsichtsrat oder im Vorstand – die zu besetzende Position extern auszuschreiben. Was steckt dahinter und welche Vorteile ergeben sich aus dieser Vorgehensweise?
Geringeres Risiko einer Fehlbesetzung bei internen Kandidaten
Grundsätzlich ist das Risiko einer Fehlbesetzung bei einem internen Kandidaten deutlich geringer. Beim internen Bewerber „weiß man, was man hat“, das heißt, man weiß um dessen Stärken und Schwächen in fachlicher wie auch in menschlicher Hinsicht und kann damit auch dessen Passung in die neue Position wie auch die Akzeptanz für diese Entscheidung durch Dritte (Kunden, Kollegen, Mitarbeiter etc.) besser abschätzen.
Ein weiterer Vorteil ist die schnelle Verfügbarkeit der internen Kandidaten: Eine Kündigungsfrist ist nicht zu beachten und auch die Einarbeitungszeit kann sehr viel schneller vonstattengehen, was nicht zuletzt mit geringeren Kosten verbunden ist. Ebenso spricht für eine interne Besetzung die hohe Motivation, die sich auf das ganze Haus auswirken kann: Mit einer internen Beförderung zeigt das Unternehmen, dass sich Leistung lohnt und es ergeben sich zudem neue Chancen für nachrückende Mitarbeiter.
Unternehmerische Verantwortung der Entscheidungsträger
Aber auch wenn man davon überzeugt ist, bereits einen kompetenten Kandidaten im Haus zu haben, macht es Sinn, sich dennoch den externen Bewerbermarkt anzuschauen. Nur so lässt sich ein Vergleich mit anderen, ebenfalls qualifizierten Kandidaten anstellen und dadurch eine Absicherung der eigenen Entscheidungsfindung erreichen. Die Personalbesetzung insbesondere leitender Funktionen ist eine bedeutende unternehmerische Aufgabe und sollte nicht aus einer Emotion oder gar dem Streben nach einer möglichst einfachen Lösung erfolgen. Schließlich werden durch die Stelleninhaber solcher Positionen der Erfolg des Unternehmens und die Kultur eines ganzen Hauses geprägt. Sich hierbei zu vorschnellen Entschlüssen verleiten zu lassen, würde der Verantwortung der Entscheidungsgremien nicht entsprechen.
Für das Entscheidungsgremium ist es daher von besonderer Relevanz, sich bei der Besetzung ein umfassendes Bild über die Bewerbersituation zu machen, was meist auch eine Suche auf dem externen Bewerbermarkt erfordert. Dementsprechend muss auch der interne Kandidat das Bewerbungsprozedere durchlaufen, das heißt, sich gleichsam seiner externen Mitbewerber aktiv bewerben und sich den einzelnen Schritten im Auswahlverfahren (wie zum Beispiel Auswahlgespräche, Management Audit etc.) stellen. Nicht auszuschließen ist hierbei, dass sich letztlich doch noch ein externer Kandidat als qualifizierter und damit für die zu besetzende Position als geeigneter erweist. Das ist wiederum das Risiko, mit dem der interne Kandidat leben, beziehungsweise dessen er sich bewusst sein muss, bevor er seine Bewerbung abgibt. Zu berücksichtigen ist auch, dass sich eine Ablehnung in einem internen Auswahlverfahren auf den Mitarbeiter – zumindest vorübergehend – sehr demotivierend auswirken kann. Die Verantwortlichen sollten sich daher vorher sorgfältig überlegen, wie sie mit dieser möglichen Entscheidung umgehen wollen.
Für einen internen Kandidaten erfordert es deutlich mehr Mut, sich zu bewerben und einem offiziellen Auswahlverfahren zu stellen, denn die Ausschreibung entscheidungsrelevanter Positionen wird immer mit Aufmerksamkeit verfolgt. Häufig werden seitens der Kollegen Erwartungen daran geknüpft, wer sich wohl aus dem eigenen Haus auf die Position bewerben wird und es wird eifrig spekuliert.
Seitens der Belegschaft werden interne Bewerbungen jedoch meistens positiv begleitet: Interne Kandidaten verfügen über Glaubwürdigkeit und Vertrauen, sie passen zur Unternehmenskultur und können dadurch eine höhere Akzeptanz bei ihren Kollegen erzielen als ein unbekannter, neuer Bewerber. Aber gerade auch dann, wenn sich das soziale Umfeld noch nicht ganz im Klaren darüber ist, ob der seitherige Kollege respektive Mitarbeiter tatsächlich die erste Wahl bei der Besetzung darstellen wird, vermag die Teilnahme an einem offiziellen Auswahlverfahren das Standing des internen Kandidaten zu verbessern: Reüssiert ein interner Bewerber schließlich im Auswahlprozess, verschafft er sich dadurch die maximale Akzeptanz und zwar intern wie extern. Deutlich schwieriger wäre es mitunter, wenn derjenige ohne Auswahlverfahren quasi „ins Amt gehoben“ würde.
Vergleich mit externen Kandidaten sichert Entscheidungsfindung
Um eine objektive Entscheidung zu treffen, sollten die Verantwortlichen das Potenzial der vorhandenen Mitarbeiter ausschöpfen, dabei aber auch nicht zögern, sich im Sinne eines Benchmarking einen Überblick am externen Bewerbermarkt zu verschaffen. In jedem Fall sollte die Entscheidung nachhaltig sein und auf die Unternehmenskultur abzielen. Strukturierte Auswahlverfahren, die Anforderungsprofile und notwendige Kompetenzen abfragen, können dazu beitragen, die richtige Entscheidung zu treffen.