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Hausärztliche Genossenschaft im Schwäbischen Wald ist Teil eines großen Netzwerks

Mediwald eG Gesundheitsversorgungsnetzwerk
BWGV

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Zwölf Gemeinden und acht Ärztinnen und Ärzte schlossen sich zusammen und gründeten die Genossenschaft Medwald eG. Das gemeinsame Ziel: die Verbesserung der hausärztlichen Versorgungssituation im Schwäbischen Wald. Denn der von der Kassenärztlichen Vereinigung Baden-Württemberg definierte hausärztliche Planungsbereich Schwäbischer Wald ist mit einem Versorgungsgrad von 63,2 Prozent der am schlechtesten versorgte Bereich in Baden-Württemberg. Dies bedeutet, dass in der Region, in der etwa 35.000 Menschen leben, zehn Vollzeit tätige Hausärztinnen und -ärzte fehlen.

Dringender Handlungsbedarf

„Spätestens durch die Schließung der Hausarztpraxis von Wolfgang Schlipf Anfang April dieses Jahres wurde deutlich, dass dringender Handlungsbedarf besteht. Viele Bürgerinnen und Bürger in Abtsgmünd und im gesamten Schwäbischen Wald stehen mittlerweile ohne Hausarzt da oder müssen weite Strecken zu Praxen zurücklegen, die noch keinen Patientenaufnahmestopp haben“, erläuterte der Abtsgmünder Bürgermeister Armin Kiemel. Gemeinsam mit dem Durlanger Hausarzt Dr. Heiner Steinat bildet er den Vorstand die Genossenschaft.

Das Konzept, dass sich die örtlichen Ärztinnen und Ärzte mit Kommunen zusammenschließen, um Medizinische Versorgungszentren (MVZ) zu gründen und zu betreiben, stammt vom Beratungs- und Dienstleistungsunternehmen Diomedes. Deren Geschäftsführer Dr. Martin Felger erklärte: „Sehr viele junge Medizinerinnen und Mediziner möchten heute keine Verantwortung für eine eigene Praxis tragen. Sie wollen mehrheitlich im Angestelltenverhältnis, in Teilzeit und im Team arbeiten sowie von Verwaltungsaufgaben entlastet werden.“ Dies wird in den genossenschaftlichen MVZ möglich sein, denn ein Geschäftsführer wird sich um das Management der Praxen kümmern.

Weiterer Vorteil: Finanzinvestoren bleiben außen vor

Auch für ältere Ärztinnen und Ärzte, die bald in den Ruhestand gehen möchten, ist die Möglichkeit, ohne die Last der Verwaltungstätigkeiten in Teilzeit medizinisch tätig zu sein, sehr attraktiv. Zudem wird ihnen die Aufgabe abgenommen, eine Nachfolge für ihre Praxen zu suchen. Dr. Sebastian Hock, Vorstandsvorsitzender der Ärzteschaft Aalen, sieht einen weiteren Vorteil: „Mit dem Betrieb von genossenschaftlichen MVZs wirken wir der Entwicklung entgegen, dass sich vermehrt private und teils ausländische Finanzinvestoren in das deutsche Gesundheitswesen einkaufen, indem sie Praxen als Renditeobjekte übernehmen.“ Landrat Dr. Joachim Bläse, der die Gründungsversammlung der Genossenschaft eröffnete, lobte das gemeinsame Vorgehen von Ärzteschaft und Kommunalpolitik: „Mit der Gründung der Genossenschaft wurde ein weiterer Schritt in Richtung der langfristigen Sicherstellung der ärztlichen Versorgung im Ostalbkreis gegangen.“ Neben dem Aufbau der Genossenschaft setzt der Landkreis in Zusammenarbeit mit den Ärzteschaften und den Kliniken Ostalb schon seit 2020 zahlreiche Maßnahmen um. Dazu zählen beispielsweise die Durchführung von Teilraumkonferenzen, die Gründung des Weiterbildungsverbunds Allgemeinmedizin oder das Aufsetzen eines Stipendienprogramms für Medizinstudierende.

Medwald eG ist Teil des neu gegründeten Gesundheitsnetzes

Auf Initiative des Landratsamts Ostalbkreis und der Ärzteschaften Aalen und Schwäbisch Gmünd haben sich mehrere Gesundheitsakteure zusammengeschlossen, um das „Gesundheitsnetz Schwäbischer Wald“ zu gründen. Mit dem Ziel, die sektorenübergreifende Zusammenarbeit zwischen verschiedenen Gesundheitsberufen zu intensivieren, unterzeichneten im September 2022 insgesamt 13 Gesundheitsakteure und -organisationen eine Kooperationsvereinbarung. Das neu gegründete Gesundheitsnetz hat den Zweck, die wohnortnahe Versorgung von Patientinnen und Patienten im Schwäbischen Wald im Ostalbkreis zu verbessern. Die Mitglieder streben unter anderem eine effizientere Kommunikation sowie die Durchführung von interdisziplinären Fallkonferenzen an. Auf diese Weise soll eine kontinuierliche Versorgung „aus einer Hand“ ermöglicht werden.

Mitglieder des Gesundheitsnetzes sind etwa die hausärztliche Genossenschaft Medwald eG, der Hausarzt Volker Scharffenberg, die Stiftung Haus Lindenhof, die apio-Pflege, der Pflegestützpunkt Ostalbkreis, die Kliniken Ostalb, die Ernährungsberaterin Sabrina Hettich und die Wundmanagerin Ramona König. Unterstützt werden die Netzwerkmitglieder seit November 2022 von zwei Patientenlotsinnen, die als zentrale Ansprechpartnerinnen den Versorgungsprozess von chronisch kranken und multimorbiden Personen koordinieren werden. Sie führen Hausbesuche durch, erstellen Hilfepläne, vermitteln gesundheitsbezogene Leistungen und prüfen den Erfolg der Maßnahmen. Alle Gesundheitsakteure im Schwäbischen Wald können die Leistungen der Patientenlotsinnen für ihre Patientinnen und Patienten mit entsprechenden Versorgungsbedarfen kostenfrei in Anspruch nehmen.

Gemeindeschwester fürs Gesundheitsnetz

Seit diesem Jahr ist zudem eine Gemeindeschwester im Gesundheitsnetz tätig. Sie wird Hausbesuche vornehmen, Kontrolluntersuchungen und Routinebehandlungen durchführen wie beispielsweise Blutdruckmessung oder Verbandswechsel sowie bei der Therapie von Bagatellerkrankungen unterstützen. Außerdem wird sie zu den Themen Gesundheitsförderung und Prävention beraten, wie etwa zur Sturzprophylaxe und zu gesunder Ernährung. Auch bei der Medikamenteneinnahme und beim Selbstmanagement chronischer Erkrankungen wird sie den Patientinnen und Patienten im Schwäbischen Wald unterstützend zur Seite stehen.

„Das Besondere an den Patientenlotsinnen und der Gemeindeschwester ist, dass sie sich mehr Zeit für ihre Patientinnen und Patienten nehmen können, weil sie nicht über das Regelsystem finanziert werden“, erläuterte der Durlanger Hausarzt Dr. Heiner Steinat. Das Pilotprojekt wird vom Ministerium für Soziales, Gesundheit und Integration Baden-Württemberg gefördert. Die Region „Schwäbischer Wald“ im Ostalbkreis wurde aufgrund des dortigen geringen hausärztlichen Versorgungsgrads von 58,4 Prozent ausgewählt.

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