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„Gemeinsam ins Handeln kommen“ – Umsetzungsreihe Nachhaltigkeit für Genossenschaften

BWGV für Nachhaltigkeit in den Genossenschaften
I-vista / pixelio.de

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Zahlreiche europäische Verordnungen haben das Ziel, die Wirtschaft langfristig nachhaltiger zu gestalten. Die von der EU-Kommission zuletzt beschlossene Taxonomie-Verordnung sieht ein EU-weit einheitliches Klassifikationssystem für nachhaltige Geschäftsaktivitäten vor. Gleichzeitig fordert die Verordnung, dass ab 2022 CSR-berichtspflichtige Banken über Art und Umfang ihrer ökologisch nachhaltigen Wirtschaftsaktivitäten berichten. Die regulatorischen Anforderungen lassen die bedeutende Rolle erkennen, die den Banken bei der Transformation der nachhaltigen Wirtschaft zugeschrieben wird. 

Nicht nur die Aufsicht hat Interesse an Nachhaltigkeit. Unternehmen nutzen das Thema, um im positiven Sinne auf Ihre Produkte und Dienstleistungen aufmerksam zu machen. Beispielweise lenkt die Werbeinitiative eines großen Discounters die Aufmerksamkeit auf dessen Initiativen zur Müllvermeidung und Tierwohl. Die Beispiele lassen sich beliebig fortführen.

Nachhaltigkeit hat es in das Bewusstsein einer breiten Masse unserer Gesellschaft geschafft. Verbraucher fordern von Anbietern eine deutliche  Positionierung nach außen zu ihren nachhaltigen Geschäftsaktivitäten. Diese Erwartungen richten Kunden zunehmend auch an ihre Hausbank. Besonders die Zugehörigen der Altersgruppe unter 25 sind an den nachhaltigen Aktivitäten ihrer Hausbank interessiert.

Stufe um Stufe auf der Reifegrad-Treppe

Die Genossenschaftliche FinanzGruppe (GFG) bekennt sich deutlich zu einer systematischen Ausrichtung im Thema Nachhaltigkeit. Die damit verbundenen, in den Banken umgesetzten Maßnahmen sollen dazu beitragen, dass innerhalb der GFG im Durchschnitt die Stufe 3 des Reifegradfächers („ambitionierte Systematik/Differenzierung im Wettbewerb“), verbunden mit anspruchsvollen Entwicklungszielen, bis zum Jahr 2025 erreicht werden soll. Diese Zielerreichung vollzieht sich idealerweise in Stufen. Dadurch ist gewährleistet, dass die gesamte Bankorganisation sich auf eine veränderte Ausrichtung einstellen kann und gleichzeitig alle Mitarbeitende und Stakeholder in den Veränderungsprozess eingebunden werden können. 

Auf dem Weg zur Zielerreichung ist es ratsam, sich zeitlich befristete Zwischenziele zu setzen. Bis Ende des Jahres 2022 kann das Erreichen der Stufe 2 im Reifegradfächer („durchgängige Grundsystematik in allen Handlungsfeldern“) ein denkbares und sinnvolles Zwischenziel sein. Das Erreichen der Stufe 2 setzt aufeinander abgestimmte Maßnahmen voraus, die zu einer schlüssigen Gesamtsystematik auf Gesamtbankebene zusammengefasst werden.

Frühzeitige Umsetzung ohne regulatorischen Druck

Verbunden mit dem Ziel, bis Ende 2022 die Stufe 2 des Nachhaltigkeit-Reifegradfächers zu erreichen, haben Verantwortliche von BWGV und der Nachhaltigkeitsberatung N-Motion im Sommer 2021 gemeinsam die „Umsetzungsreihe Nachhaltigkeit“ ins Leben gerufen. Diese richtet sich speziell an interessierte Banken, die überzeugt davon sind, sich frühzeitig, ohne regulatorischen Druck, mit der strategischen Zielsetzung in nachhaltigen Themen sowie mit der Ableitung von Maßnahmen zu beschäftigen. Die gemeinsame Umsetzungsreihe erleichtert dabei den strukturierten und zugleich pragmatischen Einstieg in den Prozess zum Thema Nachhaltigkeit.  

Besonders Banken mit wenig komplexen Strukturen verfügen über begrenzte personelle Ressourcen, die im Themenfeld Nachhaltigkeit ihre Wirkung entfalten können. Durch das Format der Umsetzungsreihe können Banken von einem kostengünstigen sowie ressourcenschonenden Weg profitieren. Gleichzeitig haben die Teilnehmer die Möglichkeit, eine Plattform zum Austausch mit Gleichgesinnten zu nutzen, verbunden mit dem Ziel, Erfahrungen zu teilen und gemeinsam neue Ideen zu generieren. Insgesamt zwölf interessierte Banken, die in zwei regionale Gruppen aufgeteilt sind, profitieren von der Berücksichtigung individueller Aspekte in Kombination mit der Erarbeitung und dem Austausch im Gruppenverbund.

Vorgehensweise und Inhalte

Der Einstieg in das Thema erfolgte im Rahmen einer Auftaktveranstaltung, die sich an die Entscheider und Führungskräfte sowie Verantwortliche für das Thema Nachhaltigkeit der einzelnen Banken richtete. In diesem Rahmen konnte die Basis für ein gemeinsames Verständnis zum Thema gelegt werden. Die anschließende individuelle Bestandsaufnahme bot eine objektive Einschätzung der aktuellen Positionierung jeder Bank. Die Einwertung aller deutschen genossenschaftlichen Banken zeigt aktuell im Durchschnitt eine Positionierung auf der Stufe 0,9 des Reifegradfächers (Stufe 1,0 = „lose Einzelmaßnahmen in den Handlungsfeldern“). Entscheidend für den Erfolg bei der Bearbeitung des Themas Nachhaltigkeit sind jedoch nicht die Nuancen der Einwertung bei der aktuellen Positionierung. Vielmehr bilden zukunftsgerichtete strategische Planungen sowie die Konkretisierung der geplanten Umsetzung in verschiedenen Themenbereichen die Grundlagen für eine erfolgreiche Ausrichtung. 

Bewusste strategische Positionierung wichtig

Diese bildeten den Kern der anschließenden Workshops: Im Einklang mit dem Leitbild der Genossenschaftlichen FinanzGruppe sollte vor der Ableitung erster Maßnahmen eine bewusste strategische Positionierung für die nachhaltige Ausrichtung stehen. Daher stand das Thema „Strategie“ im Fokus des ersten Workshops im Herbst 2021. Der Schwerpunkt lag auf einer bewussten Ableitung der Ausrichtung in Verbindung mit der individuellen Ableitung strategischer Formulierungen in den unterschiedlichen Teilstrategien. 

Die Erfahrungen der Praxis zeigen, dass Maßnahmen im bankeigenen Geschäftsbetrieb bereits vereinzelt, jedoch ohne direkten Zusammenhang zueinander, umgesetzt werden sind. Diese betreffen vor allem die Themen Mobilität, die Betriebsökologie sowie Personalthemen. Besonders letztgenannter Punkt zeigt die Wichtigkeit der genossenschaftlichen Werte in der Praxis. Die Erstellung einer Energiebilanz, die Einführungen von Lieferantenrichtlinien oder die Umstellung des Fuhrparks können Quick Wins darstellen, die das Modul „Geschäftsbetrieb“ der Umsetzungsreihe unter anderem aufgreift.

Bei der Bestrebung, die Wirtschaft in Richtung Nachhaltigkeit zu begleiten, kann im Kerngeschäft eine bedeutende Wirkung erzeugt werden. Der Workshop „Kerngeschäft“ fokussiert auf die Ableitung nachhaltigen Kriterien bei der Kreditvergabe im Eigen- sowie im Kundengeschäft sowie die Ausrichtung hin zu einem nachhaltigen Anlagegeschäft. Die Wirkung und Kommunikation nach innen und außen, die Einbindung von Stakeholdern und der Ausblick auf die Berichterstattung runden, voraussichtlich im Sommer 2022, die Umsetzungsreihe inhaltlich ab. Die Inhalte der dargestellten Gruppenmodule können auf Wunsch auch individuell auf einzelne Banken übertragen werden.

Ausblick

Es ist abzusehen, dass die Initiativen der Regulierungsbehörden im Hinblick auf Nachhaltigkeit zukünftig Auswirkungen auf die Eigenmittelbindung von Banken haben werden. Darüber hinaus zeichnet sich ab, dass das Engagement von Banken in nachhaltig agierende und eingestufte Unternehmen sich voraussichtlich in niedrigeren Kapitalanforderungen auswirken wird, im Vergleich zur Kreditvergabe in weniger nachhaltige Engagements. Durch die sukzessive Integration in Ratingsysteme wirken sich ESG-Kriterien zudem in der Risikomessung aus. Nach den Offenlegungskriterien in Säule 3 werden erhöhte Anforderungen an die Banken im Zusammenhang mit dem Umfang von physischen und transitorischen Risiken gestellt.

Es ist abzusehen, dass diese Entwicklungen also unmittelbar Auswirkungen auf die Kreditvergabe haben werden. Zukünftig wird die Kreditfähigkeit und -würdigkeit von Unternehmen aller Voraussicht nach wesentlich durch ihre nachhaltige Ausrichtung beeinflusst. Dies kann sich auch auf die Preisgestaltung auswirken. 

Durch den direkten Einfluss der ESG-Kriterien auf das Kundenrating werden sich insbesondere Firmenkunden mit dem Thema Nachhaltigkeit beschäftigen müssen. Dadurch ergeben sich mögliche weitere Ansätze in der Ausrichtung von Banken. Diese können sich beispielsweise in  einem Dialog über die Möglichkeiten der Transformation hin zu nachhaltigen Geschäftsmodellen, Prozessen und Strukturen mit ihren Firmenkunden niederschlagen. Denn auch diese sind durch entsprechende Gesetzgebungen, etwa durch das in 2023 in Kraft tretende Lieferkettengesetz, gefordert neue  Geschäftsfelder zu erschließen und in Produktinnovationen zu investieren.

Fazit

Das Dialogformat der Umsetzungsbegleitung dient als Plattform zur Vernetzung beim Thema Nachhaltigkeit und dazu, gemeinsam erste Ideen in einzelnen Handlungsfeldern abzuleiten. Diese können als Grundlage für die individuelle Umsetzung herangezogen werden. Für einen weiteren Dialog freuen sich die Autoren über Ihre Kontaktaufnahme.  

BVR Nachhaltigkeitskonzept
Das Nachhaltigkeitsmanagement in Volksbanken und Raiffeisenbanken systematisieren und steuern: NachhaltigkeitsRegelkreis

 

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