Springe direkt zum Inhalt , zum Menü .

Für eine eigenverantwortliche Einlagensicherung in Europa

Sparschwein inmitten von Münzen und Geldscheinen
Tim Reckmann/pixelio

Die Europäische Kommission hat am 24. November 2015 ihren Vorschlag für eine Verordnung zur Errichtung eines Einlagensicherungssystems für die an der Bankenunion teilnehmenden Mitgliedsstaaten der Europäischen Union vorgestellt. Er hat das Ziel, die nationalen Einlagensicherungen in einem Europäischen Einlagensicherungssystem (European Deposit Insurance Scheme – EDIS) zusammenzuführen, um die Bankenunion zu vollenden. Ab 2017 soll in drei Schritten bis 2024 eine vollständige Vergemeinschaftung der Einlagensicherung in der Eurozone über die Schaffung eines zentralisierten Europäischen Einlagensicherungsfonds (DIF) erreicht werden.

Im November 2016 hat die niederländische Berichterstatterin des Europäischen Parlaments, Esther de Lange, ihren Berichtsentwurf veröffentlicht. Er ist ein Schritt in die richtige Richtung. Demnach soll die Vergemeinschaftung der Einlagensicherung innerhalb der Bankenunion an eine Reihe von risikoreduzierenden Bedingungen in den nationalen Bankensystemen geknüpft werden. Die Vergemeinschaftung soll später eintreten als im Kommissionsvorschlag vorgesehen und grundsätzlich weniger weitreichend sein. Allerdings bleiben auch hier wesentliche Kritikpunkte bestehen. Unter anderem fehlen die Belange und Spezifika anerkannter institutsbezogener Sicherungssysteme, während weiterhin eine (Teil-)Vergemeinschaftung angestrebt wird.

Die Volksbanken und Raiffeisenbanken in Baden-Württemberg, vertreten durch den BWGV und den BVR, den Bundesverband der Volksbanken und Raiffeisenbanken, unterstützen die europapolitischen Anstrengungen, die Wirtschafts- und Währungsunion fortzuentwickeln. Jedoch bestehen bei der geplanten Einführung einer Europäischen Einlagensicherung grundsätzliche Vorbehalte. In einem gemeinsamen Positionspapier mit den Spitzenverbänden der Wirtschaft in Baden-Württemberg lehnt der BWGV die Vergemeinschaftung der Einlagensicherung ab. Dies wurde auch bei politischen Gesprächen am 6. und 7. Februar 2017 in Brüssel kommuniziert.

Die vorgeschlagene Einlagensicherung enthält fünf zentrale Problempunkte:

1. Risiken werden europäisiert – Gewinne national realisiert

Stabile und leistungsfähige Bankensysteme und ihre Sicherungsfonds müssten im Rahmen einer europäischen Einlagensicherung für instabile Systeme haften, ohne einen Einfluss auf fremde Risiken zu haben. Dabei müssten auch Fehler in der Wirtschaftspolitik eines Landes, die sich auf die finanzielle Stabilität auswirken, von anderen nationalen Sicherungssystemen getragen werden. Gleichzeitig profitierten andere Länder mit einem höheren Risikoprofil von der guten finanziellen Ausstattung der Sicherungssysteme anderer Länder. In der Konsequenz werden die Risiken von Banken europäisiert. Die Gewinne aus einer europäischen Haftung kommen jedoch nur Banken anderer Länder zu Gute.

2. Vorbehalte aus Sicht der Kunden

Eine deutliche Mehrheit der deutschen Bankkunden möchte keine Europäische Einlagensicherung. Die Bundesbürger stehen dem Vorschlag der EU-Kommission, die Einlagen der Sparer nicht auf nationaler, sondern auf europäischer Ebene zu garantieren, kritisch gegenüber. Fast zwei Drittel der Deutschen (63 Prozent) sagen, dass sie sich mit einer nationalen Einlagensicherung „sicherer“ fühlen, während nur sechs Prozent ein europäisches Schutzsystem bevorzugen. Etwa ein Viertel (24 Prozent) findet „beide gleich gut“. Dies ergab eine repräsentative Studie des Wirtschafts- und Finanzmarktforschungsinstituts Icon. Die Studie wurde im Auftrag des Deutschen Sparkassen- und Giroverbands (DSGV) durchgeführt. Icon befragte 2.000 Verbraucher ab 14 Jahren im gesamten Bundesgebiet. Die Publikation wurde am 23. Oktober 2014 veröffentlicht.

3. Risiken vergemeinschaften bedeutet Vertrauen reduzieren

Parallel zu der bestehenden Einlagensicherungsrichtlinie eine weitere gesetzliche Vorgabe zu schaffen, wird seitens der Europäischen Kommission mit der Notwendigkeit von höherer Stabilität für den Währungsraum und einer steigenden Sicherheit für die Bankkunden begründet. Hierbei wird außer Acht gelassen, dass Bankkunden einer nationalen Einlagensicherung mehr vertrauen als Europäischen Institutionen und unter den Bedingungen einer Vergemeinschaftung Bankkunden im Falle einer Krise eine Gefahr für ihre Einlagen sehen, auch wenn die Krise sich noch nicht auf ihr Land ausgeweitet hat.

4. Europarechtliche Vorbehalte

In einem Gutachten von Prof. Dr. Herdegen, Universität Bonn, welches im Auftrag der Deutschen Kreditwirtschaft (DK)  angefertigt wurde, wird deutlich, dass der mit Blick auf die Vergemeinschaftung der Einlagensicherungssysteme im Kommissionsvorschlag genannte Artikel 114 AEUV als Rechtsgrundlage ungenügend ist. Dies stellt die grundsätzliche Ausrichtung und das politische Zustimmungsverfahren zu  EDIS in Frage. Deutschland bevorzugt eine zwischenstaatliche Vereinbarung und mahnt ein Veto-Recht für Mitgliedstaaten an.

Somit muss es vielmehr in der Verantwortung jedes einzelnen Mitgliedsstaats liegen, seine Sicherungssysteme auf- bzw. auszubauen.

5. Vorbehalte von Finanzinstituten anderer europäischer Länder

Die Ablehnung einer Vergemeinschaftung der Einlagensicherung ist nicht nur eine Forderung der deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken, sondern wird auch von regionalen Instituten anderer Länder der Europäischen Union mitgetragen. Auch sie befürchten, dass eine Haftung für Risiken erfolgt, die nicht bekannt und ersichtlich sind. Die 31 Mitglieder der European Association Of Cooperative Banks (EACB) haben sich gemeinsam gegen eine Vergemeinschaftung der jeweiligen Einlagensicherungen ihrer Länder positioniert.

Der Vorschlag zur Schaffung eines gemeinsamen Europäischen Sicherungssystems wird vom BWGV strikt abgelehnt. Der BWGV setzt sich daher im Sinne seiner Mitglieder und deren Kunden weiterhin für eine Änderung des Kommissionsvorschlags ein.

 

 

Artikel versenden