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Forum Markt: Der Omnikanal-Kunde – und wie die Banken ihn erreichen

Forum Markt Friedrichshafen
BWGV

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97 Prozent der Deutschen sind sich einig: Persönliche Beratung in Finanzthemen ist ihnen weiterhin wichtig. Auf den ersten Blick scheint dies eine erstaunliche Feststellung auf einer Tagung zum Thema Omnikanal-Präsenz zu sein. Sie zeige aber, dass die verschiedenen Vertriebskanäle gleichberechtigt nebeneinander stehen müssten, so BWGV-Präsident Dr. Roman Glaser bei der Eröffnung des Forum Markts im Friedrichshafener Graf-Zeppelin-Haus. Denn der Kunde lasse sich den Kanal nicht vorschreiben. Auch wer persönliche Beratung wichtig finde, wolle auf digitale Kanäle nicht verzichten. KundenFokus 2020 vereint daher zahlreiche Initiativen, die sich auf die Optimierung des gesamten Vertriebs beziehen. Bei aller Komplexität des Themas appellierte Glaser vor rund 300 Teilnehmern allerdings auch an die Agilität der Mitgliedsbanken. Nicht alles müsse bei der Umsetzung schon perfekt ausgefeilt sein: „Es kommt darauf an, die Dinge in Bewegung zu bringen“, so Glaser.

Forum Markt Auditorium
Mehr als 300 Vertreter von Volksbanken, Raiffeisenbanken und Verbundpartnern tauschten sich in Friedrichshafen über Omnikanal-Vertrieb und KundenFokus 2020 aus.

Die technischen Möglichkeiten nutzen Dies wurde auch bei der Keynote des Trendbeobachters Mathias Haas deutlich. Er zeigte, dass es in allen Branchen Akteure gibt, die Trends schnell aufgreifen und so den Markt aufmischen: „Alle Bereiche haben ihre Teslas und Googles.“ Wer die Trends versäume, laufe Gefahr, eines Tages als „nicht mehr normal“ dazustehen. Die Geschwindigkeit von Veränderungen sei in der Genossenschaftlichen FinanzGruppe häufig Diskussionsthema, sagte Dr. Stefan Nabben, Leiter Geschäftsfeld Entwicklung Privatkunden bei der DZ Bank AG, in der anschließenden Talkrunde. Er gab allerdings zu bedenken, dass viele technische Möglichkeiten bereits vorhanden seien, was auch Jürgen Stiletto, Landesdirektor Baden-Württemberg der Union Investment Privatfonds GmbH, so sah. Nabbens Appell: „Bitte nutzen! Dem schloss sich Frank Erb, Leiter Beratung, Training und Outsourcing bei der Fiducia & GAD IT AG, an. Bei einer Kunden-Nutzungsquote von 50 Prozent beim VR-NetKey und 25 Prozent beim Digitalen Postfach sei eindeutig Luft nach oben. Dazu müssten die Mitarbeiter die Angebote kennen, verstehen – und entsprechend verkaufen. „Wenn man selbst der Meinung ist, eine Banking-App braucht kein Mensch, ist kein Erfolg möglich.“ Wie aber geht man das komplexe Themenbündel KundenFokus 2020 an, ohne von den vielen Inhalten erschlagen zu werden? Lothar Sauter, Bereichsleiter Beratung Genossenschaftsbanken beim BWGV, empfahl, sich auf einzelne Initiativen zu fokussieren. Der BWGV unterstütze gerne bei der Definition der individuell wichtigsten Themen.

Vier Initiativen aus KundenFokus 2020 präsentiert

Forum Markt
KundenFokus 2020 und die digitalen Angebote der Genossenschaftlichen FinanzGruppe standen im Mittelpunkt der Talkrunde mit (v. l.) Frank Erb, Fiducia GAD, Lothar Sauter, BWGV, Jürgen Stiletto, Union Investment Privatfonds, und Dr. Stefan Nabben, DZ Bank, moderiert von Timo Ziegler, BWGV.

Informationen, Impulse und Umsetzungstipps zu vier der Initiativen aus dem KundenFokus 2020 gab es in vier Sessions am ersten Veranstaltungstag. Tobias Brand von der VR-NetWorld GmbH und Anna Steck, Volksbank Bruchsal-Bretten eG, stellten die Pilotierung des Digitalen Netzwerks für Mitglieder vor. Bei der Volksbank Bruchsal-Bretten umfasst diese unter anderem einen Co-Creation-Prozess für den Foto-Kalender der Bank. Den Kunden etwas selbst machen zu lassen ist auch Leitgedanke der Initiative „One and done“. Damit sind Prozesse gemeint, die der Kunde selbst abschließend bearbeitet und bei denen Folgeprozesse ohne Zutun des Beraters angestoßen werden – Kundenbegeisterung und Kostensenkung inklusive. Als Beispiele nannten Frank Erb von der Fiducia GAD sowie Andreas Sperlich und Dominique Jost vom BWGV eine Adressänderung inklusive Weiterleitung an die Verbundpartner, die Einrichtung eines Freistellungsauftrags und eine Dispo-Anfrage. Mindestens vier Prozesse pro Jahr will die Fiducia GAD zwischen 2018 und 2020 neu konzipieren.

Beim Thema Filialnetzoptimierung machten Stephan Klockner vom BWGV und Dr. Alexander Schlegel vom DG Verlag deutlich, dass im Omnikanal-Modell alle Vertriebskanäle, auch die rein digitalen, bei einer Optimierung zu berücksichtigen sind. Ein Leitfaden dafür wird im Herbst bereitgestellt. Dem Thema Omnikanal-Fitness näherten sich Vertreter des BWGV und der EnoCom GmbH von drei Seiten. Die Teilnehmer erhielten erstens Impulse für organisatorische Veränderungsprozesse in den Banken. Zweitens wurde der Blick auf die Bankmitarbeiter gelenkt. Mit einem Online-Tool, das im Sommer pilotiert wird, lassen sich die Kriterien erfassen, die Einfluss auf das Mitarbeiterverhalten haben. Es erleichtert die konkrete Einzelfallplanung etwa hinsichtlich Schulungsbedarf. Schließlich wurden mit den GenoFon-Produkten Mobilfunk und WLAN Möglichkeiten vorgestellt, die Grundlage für einen Digitalisierungsprozess einfach und rechtssicher mit Produkten aus der genossenschaftlichen Organisation zu legen.

Blick über den Tellerrand: wie andere Branchen Online- und stationären Vertrieb vereinen

Forum Markt
Jenseits bekannter Management-Pfade zeigte Niels Pfläging auf, wie Arbeit wieder lebendig wird.

Am zweiten Tag stand die Frage im Vordergrund: Wie gehen Akteure aus anderen Branchen mit der Herausforderung Omnikanal-Präsenz um? Der „Finanz-Philosoph“ Josef Bertl eröffnete den Tag mit einem pointierten und humorvollen Beitrag über „Omni-Channel-Champions“. Niels Pfläging, Co-Autor des Buchs „Komplexithoden“, sprach über die Organisation für Komplexität und zeigte auf, wie Arbeit lebendig wird und Höchstleistung entsteht. Denn bei der Umsetzung komplexer Themen, wie es auch die Omnikanal-Präsenz ist, trägt jeder einzelne Mitarbeiter in seiner Bank eine hohe Verantwortung. Was wirklich relevant ist bei einem sich kontinuierlich verändernden Kundenverhalten, fragte Stefan Grünzner vom IT-Dienstleister infinIT.cx. Bei seiner Omnikanal-Standortbestimmung kam er zu dem Ergebnis, dass künstliche Intelligenz (Artificial Intelligence, AI) für die Digitalisierung im Omnikanal-Management wegweisend wird. Bereits heute gebe es keine Branche mehr, die sich nicht mit AI beschäftige.

Anschließend gaben Vertreter zweier Warengenossenschaften Einblick in ihre Vorgehensweisen. Thomas Beyl von der Weingärtner Cleebronn-Güglingen eG zeigte auf, mit welcher Strategie seine Genossenschaft den Spagat zwischen Stationär- und Online-Vertrieb meisterte und es aus einer schwierigen Geschäftslage heraus schaffte, äußerst erfolgreich und preisgekrönt zu werden. Bereits am Vorabend konnten sich die Teilnehmer an einem Weinprobierstand von der ausgezeichneten Weinqualität überzeugen. Frank Platzer, Euronics Deutschland eG, machte in seinem Vortrag deutlich: Multikanal und Genossenschaft – das geht! Euronics agiert in allen Vertriebskanälen im harten Wettbewerb sehr erfolgreich. Der in allen Bereichen gelebte Ansatz „online und stationär“ funktioniert durch exzellente Prozesse. „Online“ sei ein Baustein – jedoch nicht der alles entscheidende Faktor, so Platzer. Kundenbegeisterung entstehe nur, wenn der Kunde konsequent im Fokus aller Bemühungen stehe.

Effiziente Organisation und verbesserte Auslastung der Mitarbeiter durch digitale Vertriebswege

Mit den Umsetzungsbeispielen der VR Bank Südpfalz eG ging der Blick wieder zurück in die genossenschaftliche Bankenwelt. Vorstand Clifford Jordan verdeutlichte, dass die Gesamtbankstrategie seines Hauses auf drei Säulen beruht: „Wachstum“ (schwierig im verteilten Markt), „Prozessoptimierung und Kostensenkung“ sowie „Ertragsoptimierung und neue Ertragsquellen“. Mit der Dienstleistung „VR-PrivatSekretär“ wird der Alltag des Kunden durch schnelle und professionelle Unterstützung erleichtert. Die sehr erfolgreiche Immobilien- und Hausverwaltung hat sich etabliert. Gleichzeitig investiert die Bank in die relevanten digitalen Kanäle und verbindet in einer Strategie zur digitalen Transformation Service- und Beratungsqualität mit persönlicher Kundennähe (virtuell und vor Ort). Die Online-Filiale wurde zwischenzeitlich auf 70 Serviceaufträge und 35 Produkte ausgebaut und erhält sehr positives Kundenfeedback. Durch die digitalen Vertriebswege konnte auch die Auslastung der Mitarbeiter verbessert werden, etwa in kleinen Geschäftsstellen mit wenig Kundenkontaktpunkten mithilfe der „VR-SISy Filiale“ (VR-ServiceInteraktivSystem). Die Integration von Service-Beratern in das KundenServiceCenter ermöglicht eine persönliche Beratung in 19 Filialen über die bisherigen Öffnungszeiten hinaus. Der Kunde spricht in der Filiale über einen Bildschirm mit seinem Berater und kann alle gewohnten Serviceleistungen auf Basis einer Vorgangsstruktur von über 150 Prozessen in Anspruch nehmen – ohne technische Vorkenntnisse oder spezielle Systemanmeldung. Das Angebot wurde sehr gut aufgenommen.

Das Forum Markt hat den Teilnehmern eine Fülle von Anregungen, Tipps, Impulsen und konkreten Handlungsempfehlungen gegeben. Die Möglichkeiten zum Austausch wurden intensiv genutzt – vor der nicht zu überbietenden Kulisse des Bodensees. Das nächste Forum Markt findet am 5. und 6. Juli 2018 ebenfalls im Graf-Zeppelin-Haus in Friedrichshafen statt.

 

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