Die Volksbanken und Raiffeisenbanken in Baden-Württemberg genießen ein immer größeres Vertrauen bei den Menschen und können entsprechend auf ein erfolgreiches Jahr 2014 zurückblicken. Sowohl die Kundeneinlagen als auch die Kredite an Privatpersonen und Unternehmen haben bei den 213 Instituten im Südwesten deutlich zugelegt. Auch der Mitgliederboom setzt sich unvermindert fort: Im abgelaufenen Jahr konnten die Genossenschaftsbanken 61.000 neue Mitglieder hinzugewinnen. Damit sind nun 3,63 Millionen Baden-Württemberger Mitglied einer Volksbank oder Raiffeisenbank. „Dieser enorme Vertrauensbeweis freut uns sehr und bestärkt uns darin, unseren Weg konsequent weiterzugehen“, sagt Präsident Dr. Roman Glaser auf der Jahrespressekonferenz des Baden-Württembergischen Genossenschaftsverbands (BWGV) im Stuttgarter GENO-Haus.
Mehr denn je sind die Volksbanken und Raiffeisenbanken der verlässliche Partner des privaten und gewerblichen Mittelstands in Baden-Württemberg. „Dies steckt praktisch in unserer genossenschaftlichen DNA“, verdeutlicht Glaser. Mit einem Plus von gut 3,7 Milliarden Euro haben die Genossenschaftsbanken 2014 deutlich mehr Kredite zur Verfügung gestellt als noch im Vorjahr. Dadurch kletterten die Kundenforderungen um stolze 4,8 Prozent auf 82,4 Milliarden Euro. Das Wachstum geht gleichermaßen auf private Kredite sowie auf Kredite für die mittelständische Wirtschaft zurück. Insgesamt legte das Kundenkreditvolumen (Kundenforderungen plus Bürgschaften) um 4,2 Prozent auf 87,3 Milliarden Euro zu. „Wir sorgen für Wertschöpfung in der Region und werden unserer realwirtschaftlichen Verantwortung gerecht“, unterstreicht Glaser. Die Kredite an Unternehmen haben um 4,1 Prozent auf 31,8 Milliarden Euro zugelegt, die an Privatpersonen sogar um 4,9 Prozent auf 48,9 Milliarden Euro.
Kunden haben großes Vertrauen in das Geschäftsmodell der Volksbanken und Raiffeisenbanken
Auch an der Entwicklung der Kundeneinlagen ist zu erkennen, wie sehr die Menschen dem genossenschaftlichen Geschäftsmodell vertrauen: Die Einlagen sind mit einem Plus von 3,1 Prozent auf 104,8 Milliarden Euro merklich gestiegen. Während es bei den Termineinlagen (minus 7,5 Prozent auf 9,8 Milliarden Euro) marktbedingt deutliche Rückgänge gab, legten die täglich fälligen Kundeneinlagen (plus 8,5 Prozent auf 57,8 Milliarden Euro) stark zu. Etwa stabil blieben die Spareinlagen (minus 0,8 Prozent auf 35,8 Milliarden Euro). Das außerbilanzielle Kundenanlagevolumen stieg um 2,4 Prozent auf 73,8 Milliarden Euro. Dieser Zuwachs war durch die positive Entwicklung an den Börsen getrieben, vor allem aber auch durch den erhöhten Bestand an Bauspareinlagen. „Genossenschaftsbanken werden geschätzt, weil sie anders sind als andere Kreditinstitute. Wir verbinden wirtschaftlichen Erfolg mit sozialer Verantwortung – und das schon seit mehr als 150 Jahren“, nennt Glaser als Begründung für die sehr ordentlichen Zahlen. Aber auch die enorme Sicherheit der Einlagen bei Genossenschaftsbanken ist zentral: Die bundesweite Sicherungseinrichtung der Volksbanken und Raiffeisenbanken besteht schon seit mehr als 80 Jahren – und in dieser Zeit hat noch nie ein Kunde auch nur einen Cent seiner Einlagen verloren.
„Die Ertragslage der Volksbanken und Raiffeisenbanken im Jahr 2014 war zufriedenstellend“, berichtet Glaser weiter. Das Betriebsergebnis vor Risiko stieg gegenüber dem Vorjahr um 0,7 Prozent auf 1,28 Milliarden Euro. Dahinter standen ein um 2,1 Prozent gestiegener Zinsüberschuss von 2,98 Milliarden Euro sowie ein um 3,1 Prozent höherer Provisionsüberschuss von 918 Millionen Euro. Als Jahresüberschuss erwarten die baden-württembergischen Genossenschaftsbanken 539 Millionen Euro (minus 0,4 Prozent). „Dieser Wert kann sich vor allem in dem aktuellen Niedrigzins-Umfeld mehr als sehen lassen“, sagt der BWGV-Präsident. Die Ertragssteuern, die die genossenschaftlichen Institute in Baden-Württemberg an die öffentliche Hand bezahlen, steigen um 4,1 Prozent auf 358 Millionen Euro.
Niedrige Zinsen sind Herausforderung für die Sparer
Eine große Herausforderung stellt die schon seit Längerem andauernde Niedrigzinsphase dar. „Das gilt vor allem für die Sparer und die sozialen Sicherungssysteme in Deutschland“, betont Glaser. „Die Zinsen sind politisch gewollt, für die Volkswirtschaft aber langfristig äußerst schädlich“, sagt der BWGV-Präsident, der von der EZB ein absehbares Ende dieser Zinspolitik fordert. Vor diesem Hintergrund wird das Thema Beratung immer wichtiger. „In der kompetenten und vertrauensvollen Beratung liegt die Stärke unserer Banken, die traditionell sehr nahe an den Menschen sind“, verdeutlicht Glaser. In der Niedrigzinsphase wird eine breite und sinnvolle Streuung der Anlagen noch wichtiger für die Privatanleger. Die Berater der Volksbanken und Raiffeisenbanken geben hierbei kompetent Hilfestellung.
Regulierung mit Augenmaß zum Wohl der Kunden
Allerdings ist dafür auch erforderlich, betont der BWGV-Präsident, dass die Regulierung in Sachen Verbraucher- und Anlegerschutz mit mehr Augenmaß betrieben wird und nicht zu Übertreibungen zum Schaden der Kunden führt. „Wenn die Dokumentationspflichten bei einem Wertpapiergeschäft solche Ausmaße annehmen, dass der Bankkunde komplett auf ein Beratungsgespräch verzichtet und seine Geschäfte ohne jegliche Unterstützung und unter vollem Risiko selbst im Internet tätigt, ist das mehr als gefährlich“, verdeutlicht Glaser. Ebenso fatal sei es, wenn Kunden aus denselben Gründen generell auf Wertpapiergeschäfte und damit Renditechancen verzichteten – vor allem in der aktuellen Niedrigzinsphase. Von dem sich derzeit in Arbeit befindlichen Kleinanlegerschutzgesetz erwartet der Verbandspräsident, dass private Finanzanlagenvermittler endlich den gleichen aufsichtsrechtlichen Anforderungen unterstellt werden wie Banken.
Insgesamt spricht sich der BWGV für eine Rückkehr zu einer Bankenregulierung mit mehr Augenmaß aus. Gerade die verlässlichen kleinen und mittleren Institute dürften nicht durch übertriebene bürokratische Belastungen in Schwierigkeiten gebracht werden. An die Politik in Berlin und Brüssel gerichtet fordert Glaser, die schon beschlossenen Regelungen noch einmal nach möglichen Ausnahmen und Erleichterungen für kleine und mittlere Banken mit ihren regionalen und bodenständigen Geschäftsmodellen zu durchforsten. „Die Vielfalt des deutschen Bankensektors, die sich schon oft bewährt hat, muss erhalten bleiben“, fordert Glaser.
Kapitalmarktunion: Mittelstand braucht die Banken
Berechtigte Einwände äußert der BWGV-Präsident auch bezüglich der Kapitalmarktunion, die die EU-Kommission plant. Das Vorhaben, das Unternehmen in Europa den Zugang zum Kapitalmarkt erleichtern soll, darf keinesfalls die sichere Bankfinanzierung der mittelständischen Unternehmen in Deutschland gefährden. Wie die Finanzkrise gezeigt hat, kann der Mittelstand nicht auf eine sichere Finanzierung über den Kapitalmarkt vertrauen. Gerade in der Krise habe sich die enorme Bedeutung der Volksbanken und Raiffeisenbanken sowie der Sparkassen gezeigt. Im Gegensatz zu anderen EU-Staaten konnte durch diese beiden wichtigen Banksäulen hierzulande jederzeit eine Kreditklemme verhindert werden. „Ganz entscheidend für uns ist es, dass die Kapitalmarktunion endlich die Schattenbanken und den Grauen Kapitalmarkt an die Leine nimmt. Denn genau dorthin haben sich viele Risiken in den vergangenen Jahren verlagert“, verdeutlicht Glaser.
Genossenschaftsbanken machen sich fit für die Zukunft
„Insgesamt sind unsere Institute mit ihrem nachhaltigen und an der Realwirtschaft orientierten Geschäftsmodell gut für die Zukunft gerüstet“, betont Glaser trotz aller Herausforderungen. Der BWGV-Präsident zeigt sich optimistisch: „Aus einer Position der relativen Stärke heraus beschäftigen sich unsere Banken intensiv und kontinuierlich mit der Zukunft – mit den Themen Marktentwicklung und Marktbearbeitung, Prozess- und Kostenoptimierung, Risikosteuerung und Aufsichtsrecht.“ Der BWGV steht hierbei als strategischer Partner zur Verfügung. „Die Bedürfnisse der Mitglieder stehen für unsere Banken schon immer im Mittelpunkt. Wir geben die Antworten auf ihre Fragen“, so Glaser. „Wenn die Mitglieder zufrieden sind, geht es uns automatisch auch gut. Das ist unser Erfolgsmodell seit mehr als 150 Jahren.“
Wie schon in den Vorjahren haben die Volksbanken und Raiffeisenbanken auch 2014 ihre Kernkapitalquote weiter erhöht. Sie liegt nun im Durchschnitt bei 14 Prozent (plus 23,6 Prozent). In absoluten Zahlen haben die genossenschaftlichen Banken ihr Kernkapital (Geschäftsguthaben der Mitglieder und Rücklagen) um 9,9 Prozent auf 10,8 Milliarden Euro erhöht, das haftende Eigenkapital um 16,4 Prozent auf 14,9 Milliarden Euro. „Die Genossenschaftsbanken sind solide kapitalisiert“, betont Glaser.
Hohe Azubi-Quote – Zahl der Mitarbeiter legt spürbar zu
Die Bilanzsumme der 213 (Vorjahr: 220) Banken erhöhte sich um 3,2 Prozent auf 140 Milliarden Euro. Die Zahl der Bankstellen (inklusive SB-Stellen) hat sich nur leicht auf 3036 (minus 25) verringert. Die Zahl der Mitarbeiter ging um 26 auf 23.961 zurück (umgerechnet auf Vollzeitstellen). Aktuell arbeiten 2430 Auszubildende (minus 20) bei den Volksbanken und Raiffeisenbanken, was einer Auszubildenden-Quote von fast zehn Prozent entspricht. „Dies zeigt nicht nur unsere gesellschaftliche Verantwortung, der wir aus Überzeugung gerecht werden, sondern auch, dass sich unsere Banken frühzeitig und eigenständig um ihren künftigen Bedarf an Fachkräften kümmern“, erläutert BWGV-Präsident Glaser.
Jeder dritte Baden-Württemberger ist Mitglied einer Genossenschaft
Der Baden-Württembergische Genossenschaftsverband repräsentiert neben 213 Volksbanken und Raiffeisenbanken auch rund 630 Waren- und Dienstleistungsgenossenschaften mit einem Umsatz von zirka neun Milliarden Euro. Diese Genossenschaften werden von fast 3,8 Millionen Menschen, also jedem dritten Einwohner Baden-Württembergs, als Einzelmitglieder getragen. Die 850 Genossenschaften beschäftigen mehr als 34.000 Mitarbeiter, davon mehr als 3200 Azubis. Der BWGV zählt zu den bedeutendsten und mitgliederstärksten Wirtschaftsorganisationen im Südwesten.