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Wer den Kaffee anbaut, braucht auch das Geld

Oikocredit Peru Bio-Kaffeeanbau Kaffeegenossenschaft
Opmeer Reports

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Zwei Milliarden Tassen Kaffee täglich. 200 Milliarden US-Dollar Umsatz im Jahr. Coffee-to-go überall, Pads, Kapseln, 4.000-Euro-Kaffeemaschinen für die Küche. Das Kaffeegeschäft boomt. Wieso ist Francisco Pintado Luna dann so froh, dass seine acht Söhne mit Kaffeeanbau nichts am Hut haben?

In Peru wird Kaffee in erster Linie in kleinbäuerlichen Betrieben angebaut, wovon die meisten in Kooperativen organisiert sind. So auch in der Gegend um San Ignacio im Norden des Departamentos Cajamarca, wo rund 40.000 Familien vom Kaffeesektor leben. Ihre Einkünfte sind mehr schlecht als recht. Während milliardenschwere Investitionen in den Abbau von Gold und anderen Mineralien getätigt werden, leben 48 Prozent der lokalen Bevölkerung in Armut.

Nur zehn Prozent für die Produzenten

Der Klimawandel und sinkende Weltmarktpreise machen den Kleinbauern das Leben schwer. 2018 fiel der Weltmarktpreis für Arabica-Rohkaffee zum ersten Mal seit zwölf Jahren wieder unter 1 US-Dollar für das Pfund. Vom Megageschäft mit dem Kaffee profitieren vor allem große Handelsgesellschaften, Röstereien und Staaten im globalen Norden. Nur etwa zehn Prozent dessen, was wir an der Kasse durchschnittlich für ein Päckchen Kaffee bezahlen, kommen bei den peruanischen Kaffeebauern an. Laut einer Studie des Forschungsunternehmens Basic hat sich das Realeinkommen der Bäuerinnen und Bauern seit den 1980er Jahren halbiert.

Bescheiden nehmen sich auch die Einkünfte der rund 600 Farmerinnen und Farmer der Kaffeegenossenschaft Aprocassi aus: Im Schnitt erwirtschaften sie 1.500 bis 3.000 Dollar im Jahr. Sie produzieren im nördlichen Teil der Region Cajamarca feinsten Kaffee und arbeiten dafür nicht selten von 4 Uhr morgens bis 22 Uhr, wie Francisco Pintado Luna beim Gang durch seine Plantage erzählt. „Während der Erntezeit muss man nahezu um Helfer betteln“, sagt er. Wenn er nicht, neben Familie und Freunden, die ohnedies mit anpacken, genügend Leute findet, können die überreifen Früchte verderben, Schädlinge und Pflanzenkrankheiten sich ausbreiten. Die Familie hat keine Ersparnisse, das Geld reicht knapp zum Leben und für die Ausbildung der Kinder. Kein Wunder, dass Francisco Pintado Luna beinahe stolz erzählt, dass keiner seiner acht Söhne Kaffeebauer wird.

Höhere Preise für Bio

Er produziert hochwertigen Bio-Kaffee, will seine Plantage weiter diversifizieren, um die Qualität zu verbessern. Dabei helfen die technische Unterstützung und die Darlehen, die er von Aprocassi bekommt. Seine Farm El Cedrillo liegt in Ihuamaca auf 1.750 Metern Höhe am Eingang zum Nebelwald im Naturschutzgebiet Sanctuarío Nacional Tabaconas Namballe. Unglaublich grün und schön und heiß ist es hier. Nicht zuletzt wegen der Schönheit und Biodiversität seien die Menschen sich des ökologischen Aspekts ihrer Arbeit sehr bewusst, sagt der Farmer. Dass er seinen Kaffee organisch anbaut, helfe ihm, besser über die Runden zu kommen. „Ich bekomme höhere Preise und für den agroforstlichen Anbau Unterstützung bei der Bepflanzung mit Schattenbäumen.“

Rund drei Viertel der Mitglieder von Aprocassi produzieren bereits Bio-Kaffee, die anderen sind dabei umzustellen. Die hochwertigen Bio-Produkte mit Fairtrade-Zertifizierung verkauft Aprocassi an eine nationale und internationale Kundschaft, wobei die Siegel den Käufern zusätzliche Sicherheit und den Anbaubetrieben einen höheren Preis bieten. Mit neuen Curricula für Landwirtschaftsschulen versucht Aprocassi, auch den Staat in die Pflicht zu nehmen. Denn wie alle Kaffee-Kooperativen möchte Aprocassi jungen Menschen eine Alternative zur Landflucht eröffnen. „Oikocredit ist seit 2012 ein wichtiger Partner für die Kooperative“, sagt Aprocassis Präsident Warenbahwer Neyra. Das aktuelle Darlehen deckt bis zu 70 Prozent der Kosten für die Jahresernte.

Kredit für eine umweltfreundliche Mühle

Die internationale Kreditgenossenschaft Oikocredit, die rund 15 Prozent ihrer Finanzierungen im Bereich Landwirtschaft investiert, konzentriert sich zunehmend auf den Kaffeesektor, auch in Peru. „Landwirtschaft zu finanzieren ist risikoreich, aber hier können wir ökonomisch und ökologisch wirklich viel erreichen“, sagen Werner Thorne, Leiter des Oikocredit-Büros Peru und seine Kollegin María Del Carmen Gallo, die sich auf Landwirtschaftsprojekte spezialisiert hat.

Neben Besuchen vor Ort lädt das Oikocredit-Büro die Partner in der Landwirtschaft einmal im Jahr zu einem Treffen nach Lima, damit sie Erfahrungen austauschen können und dazulernen. „Zu erleben, wie eine kleine Kaffee-Kooperative, die anfangs 150 Mitglieder hatte, die 7.000 Säcke Kaffee erzeugten, seit der Zusammenarbeit mit Oikocredit wächst und mit 450 Kleinbauern und -bäuerinnen 25.000 Säcke hochwertigen Kaffee im Jahr produziert, ist ermutigend“, sagt Thorne. Dabei ging in den vergangenen Jahren die Kaffeeproduktion in lateinamerikanischen Ländern deutlich zurück. Allein in Peru sank sie um bis zu zwanzig Prozent – hauptsächlich aufgrund klimabedingter Pilzkrankheiten wie Kaffeerost. Damit Partner solchen Problemen begegnen können, unterstützt Oikocredit sie mit Kapital zu besonderen Konditionen, beispielsweise mit variablen Rückzahlungen im Falle von Ernteausfällen. Beratung und Schulungen sollen sie zudem fit machen, um sich auf veränderte klimatische Bedingungen einzustellen. Auch für große Investitionen, wie den Bau einer Trocknungsanlage, ist Oikocredit ein gefragter Finanzierungspartner. So hat Oikocredit 2016 der Kaffeegenossenschaft Cenfrocafe ein Darlehen von 2 Millionen US-Dollar als Betriebskapital und für den Bau einer Trockenmühle gewährt. Die Mühle wird effektiver und umweltschonender arbeiten, sie reinigt die Bohnen mit Luft statt mit Wasser, und kann höhere Mengen verarbeiten. Zudem wird der Abfall der Kaffeehülle als Brennstoff verwendet.

Bio-Siegel und fairer Handel, am besten beides zusammen, führen zu mehr genossenschaftlichen Zusammenschlüssen, umweltbewusstem Anbau und mehr Ertrag für die Produzenten. Das weist die Basic-Studie auch am Beispiel Perus nach. Das allein jedoch reicht nicht, um nachhaltige Wertschöpfungsketten des Kaffees aufzubauen. Dafür braucht es Gesetze, Anreize, Sanktionen. Die Liste ist lang. Vieles von dem aber, was den Anbauländern nützt, ist exakt das, was Oikocredit seit langem leistet. Knapp 60.000 Anlegerinnen und Anleger unterstützen den Weg der Entwicklungsgenossenschaft.

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