Nach dem Rekordsommer 2018 können sich die Winzer in Baden freuen. Die diesjährige genossenschaftliche Lesemenge liegt etwa 10 Prozent über der üblichen Normalernte. „Wir haben eine qualitativ und auch mengenmäßig hervorragende Ernte eingefahren. Unsere Winzer können sehr zufrieden sein“, berichtet Dr. Roman Glaser, der Präsident des Baden-Württembergischen Genossenschaftsverbands (BWGV), in den Räumen der Winzergenossenschaft Wolfenweiler in Schallstadt (Kreis Breisgau-Hochschwarzwald). Knapp 70 Prozent der Rebflächen in Baden werden von Genossenschaften bewirtschaftet. Für Glaser ist und bleibt die eingetragene Genossenschaft ein „Zukunftsmodell“ – gerade in der baden-württembergischen Weinwirtschaft.
Nach derzeitigen Schätzungen dürfte die Erntemenge der 74 Winzergenossenschaften (WG) in Baden dieses Jahr bei etwa 100 Millionen Litern liegen. Im schwachen Vorjahr haben die badischen Winzergenossenschaften 72,4 Millionen Liter in die Keller eingebracht. Der Ertrag 2018 könnte bei rund 100 Hektoliter je Hektar Rebfläche liegen (2017: 70,7). Die guten Erträge sind den optimalen Witterungsbedingungen in Frühjahr und während der Blüte zuzuschreiben. Was die Mostgewichte angeht, haben die sommerlichen Bedingungen während der letzten Wochen nochmals wie ein Turbo gewirkt: Müller-Thurgau über 80 Grad Oechsle, Weißburgunder und Grauburgunder zwischen 90 und 100 Grad Oechsle. Die Spätburgunder liegen zumeist im dreistelligen Bereich. Die Hauptlese der Burgundersorten in Baden läuft vielerorts noch oder befindet sich sogar schon in der Endphase.
Extrem frühe Lese nach außergewöhnlichem Hitzesommer
Die Lese in Baden hat in diesem Jahr rekordverdächtig früh begonnen – etwa drei Wochen früher als üblich und bei sehr warmen Temperaturen. Bereits Ende August wurden erste Frühsorten gelesen, noch im September dürfte die Lese zum größten Teil abgeschlossen sein. Das Vegetationsjahr erwies sich als außergewöhnlich: Nach frostigen Temperaturen im Februar und März hat der Austrieb der Reben zu einem normalen Zeitpunkt Ende April begonnen. Praktisch von April bis in den Herbst hinein herrschten dann hochsommerliche Temperaturen bei extremer Trockenheit. Bereits die Blüte lag etwa zwei Wochen vor dem langjährigen Durchschnitt und verlief bei sehr gutem Wetter optimal. Die enorm vielen Sonnenstunden taten ihr Übriges für eine hervorragende Qualität. „Die Trauben befinden sich in einem hervorragenden Gesundheitszustand“, berichtet Ute Bader, Fachberaterin Wein und stellvertretende Bereichsleiterin Beratung Waren- und Dienstleistungsgenossenschaften beim BWGV. „Die Reben haben die Trockenheit in den Sommermonaten in vielen Fällen gut gemeistert und blieben ausreichend vital“, so Bader weiter. Lediglich Junganlagen, die noch nicht in tiefen Bodenschichten wurzeln, zeigten Trockenschäden. Die Expertin rechnet mit einem sehr guten Jahrgang 2018 in Baden. „Die Qualitäten und Mengen sind außergewöhnlich gut“, berichtet Bader. „Wir können vor allem einen hervorragenden Rotweinjahrgang erwarten.“ Örtlich kam es zu vereinzelten Hagelereignissen, die lokal zum Teil sehr große Schäden verursachten, sich jedoch kaum auf die Gesamtmengen in Baden auswirkten.
Absatz und Umsatz der Genossenschaften steigen deutlich
Der Absatz der badischen Winzergenossenschaften stieg im ersten Halbjahr 2018 im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 3,8 Millionen auf 42,9 Millionen Liter Wein und Sekt (plus 9,1 Prozent). Der Umsatz erhöhte sich um 4,2 Millionen Euro auf 127,1 Millionen Euro (plus 3,4 Prozent). „Das große Engagement unserer Winzer und ihr klarer Qualitätskurs wurden auch von den Kunden honoriert“, sagt Glaser zu den erfreulichen Halbjahreszahlen. 2017 haben die badischen Winzer 85,9 Millionen Liter Wein und Sekt verkauft (plus 3,4 Millionen Liter beziehungsweise 4,1 Prozent im Vergleich zum Vorjahr). Der Umsatz der badischen Winzergenossenschaften stieg im gleichen Zeitraum um 6,3 Millionen Euro (2,4 Prozent) auf 268,8 Millionen Euro.
Auch 2017 setzte sich der Strukturwandel im Weinbau fort. Seit Jahren ist die Zahl der Betriebe in Baden rückläufig – von 25.480 im Jahr 2000 auf 13.250 zum Jahresende 2017. Insbesondere kleine Nebenerwerbsbetriebe geben vermehrt auf, während die Zahl der Betriebe über fünf Hektar kontinuierlich zunimmt – von 571 im Jahr 2000 auf 816 zum Jahresende 2017. In Baden arbeiten derzeit 74 Winzergenossenschaften, darunter 35, die ihre Weine im eigenen Keller ausbauen. Die Zahl der Mitarbeiter liegt bei gut 940. Die genossenschaftliche Rebfläche in Baden ist 2017 leicht auf 10.250 Hektar angestiegen (plus 1 Hektar). Dies entspricht fast 70 Prozent der Gesamtfläche. Fusionen gab es im Jahr 2017 zwei: Die Vogtei Eschbachtal (Vogtsburg) und die Winzergenossenschaft Bickensohl (Vogtsburg) haben sich ebenso zusammengeschlossen wie die Winzergenossenschaft Eichelberg (Sinsheim) und die WG Zeutern (Ubstadt-Weiher). Neu gegründet wurde 2017 die Sonnenwinzer eG in Breisach, eine Vertriebsgenossenschaft des Badischen Winzerkellers, die Weine von rund 4.000 Erzeugern unter dem Label „Sonnenwinzer“ vertreibt. Im laufenden Jahr fusioniert die Baden-Badener Winzergenossenschaft mit den Affentaler Winzern.
Vor dem Hintergrund der zunehmenden Herausforderungen im Weinbau steht der BWGV seinen Winzergenossenschaften als strategischer Partner unterstützend zur Seite und intensiviert sein Engagement in der Beratung. „Eine Genossenschaft hat in ihrer Zukunftsgestaltung immer drei Optionen“, sagt Glaser. „Neben Fusionen sind dies Kooperationen sowie die zukunftsorientierte strategische Neuausrichtung in Eigenregie.“ Bei allen drei Prozessen unterstützt der Verband seine Mitglieder und bietet ihnen umfangreiche Struktur- und Zertifizierungsberatungen, aber auch strategische Unterstützung, Beratungen auf der Kostenseite sowie in Fragen der Oenologie.
Winzergenossenschaft Wolfenweiler setzt auf Qualität
Sehr positiv auf die Weinlese 2018 blickt die Winzergenossenschaft Wolfenweiler eG in Schallstadt. „Die Qualitäten sind gut bis sehr gut“, berichtet Vorstandsvorsitzender Matthias Meier. Er rechnet mit durchschnittlichen Oechsle-Werten von rund 87 Grad über alle Sorten hinweg. Bei der Gastgeber-Genossenschaft der diesjährigen Wein-Pressekonferenz erwartet man eine Erntemenge von knapp 3,2 Millionen Litern (95 Hektoliter je Hektar) – das ist leicht über dem langjährigen Durchschnitt. Nach den Spätfrösten im vergangenen Jahr, startete das Erntejahr 2018 mit einem nahezu perfekten Vegetationsverlauf. Einzig die langen Trockenperioden über den gesamten Sommer hinweg machten gerade den Junganlagen schwer zu schaffen. „In den älteren Anlagen und insbesondere bei den Rotweinsorten rechnen wir mit Spitzenergebnissen“, sagt Geschäftsführer Ernst Nickel. „Der Grundstein der Qualität unserer Weine wird in der täglichen Arbeit unserer Winzerinnen und Winzer gelegt.“ Die 1939 gegründete Winzergenossenschaft zeichnet sich durch drei besonders sonnenverwöhnte Lagen aus: Der Batzenberg ist einer der größten zusammenhängenden Weinberge Deutschlands, der Steinler liegt an den südlichen Hängen Freiburgs und der Dürrenberg erstreckt sich an den westlichen Hängen des Schönbergs. Die Böden reichen von mineralischen Verwitterungsböden in der Lage Steinler über tiefgründige Lehmböden in der Lage Batzenberg sowie leichte Lössböden im Dürrenberg. Insgesamt bewirtschaften die 370 Winzer der Genossenschaft Wolfenweiler eine Rebfläche von 320 Hektar. Weinbau in dem Ort wird bereits seit dem Jahr 716 betrieben.
Gutedel, Spätburgunder und Grauburgunder sind die Klassiker
Zu den gefragten Klassikern der Winzergenossenschaft Wolfenweiler zählen die drei „Leitwölfe“: Gutedel, Spätburgunder und Grauburgunder. Die Genossenschaft mit ihren 19 Mitarbeitern bietet zudem ein breites Sortiment an Bio- und veganen Weinen an. In den Weinbergen rund um Schallstadt werden 70 Prozent Weißwein und 30 Prozent Rotwein angebaut. Die wichtigsten Sorten sind Gutedel mit 34 Prozent, Spätburgunder mit 27 Prozent, Müller-Thurgau mit 16 Prozent sowie Weiß- und Grauburgunder mit je 6 Prozent. Im kommenden Jahr plant die WG Wolfenweiler einen Anbau mit zusätzlicher Gär- und Lagerkapazität von rund 2,1 Millionen Litern. „Damit soll auch in Zukunft die Produktion unserer Weine nach höchsten Qualitätsansprüchen gesichert werden“, erläutert Geschäftsführer Nickel die Investition. Für das Geschäftsjahr 2017/2018 erwartet die Winzergenossenschaft einen Weinabsatz von knapp 3,1 Millionen Litern (2016/2017: 3,25) und einen Umsatz von 7,7 Millionen Euro (2016/2017: 8,1 Millionen Euro). „Aufgrund der kleinen Erntemenge 2017 ist es uns nicht ganz gelungen, die Absatzleistung sowie die für das Unternehmen historische Umsatzmarke von 8 Millionen Euro aus dem Vorjahr zu wiederholen“, sagt Vorstandsvorsitzender Meier. „Trotzdem sind wir mit dem vorläufigen Geschäftsergebnis zufrieden.“