Springe direkt zum Inhalt , zum Menü .

Vom Kopf ins Herz: Veränderungen wirksam kommunizieren – Barcamp

Barcamp des BWGV
BWGV

/

Frontale Vortragsveranstaltungen waren gestern. Heute wollen sich Teilnehmerinnen und Teilnehmer einbringen. So, wie sie es unter anderem von den Sozialen Medien gewohnt sind. Doch wie kann das bei Veranstaltungen mit Mitarbeitern oder Kunden gelingen? Wir haben bereits die Methoden Appreciative Inquiry (AI) und die Werkstatt vorgestellt. Ein weiteres teilnehmerorientiertes Veranstaltungs-Setting ist das Barcamp. Damit ist jedoch kein geselliger Abend an der Bar gemeint, sondern eine Form der Moderation von Großgruppen.

Inhalt und Ablauf erst vor Ort beschlossen

Das Barcamp (BC) ist ein offenes Veranstaltungsformat. Dies bedeutet, sowohl die konkreten Inhalte, als auch der Ablauf der Tagung sind zu Beginn noch nicht bestimmt. Beides wird erst vor Ort von den Teilnehmern festgelegt. Barcamps werden auch „Unkonferenz“, „Mitmach-Konferenz“ oder „Ad-hoc-Konferenz“ genannt. Allen gemeinsam ist: diese „Best-Practice-Treffen“ dienen vor allem dem Austausch und der Diskussion. Zum Teil entstehen während eines Barcamps schon konkrete Arbeitsergebnisse. Da sich die Teilnehmer so stark in das Event-Geschehen einbringen und den anderen etwas von sich mitgeben, werden die Teilnehmer auch Teilgeber genannt.

Wer es gewohnt ist, zu Beginn einer Tagung eine feste Agenda mit minutiöser Planung zu erhalten, für den ist ein Barcamp oft überraschend. Denn neben der Tatsache, dass es keine Agenda, sondern „nur“ ein gemeinsames Oberthema gibt, wird man zu Beginn auch noch keine festgelegten Redner finden. Dennoch ist ein Barcamp eine Veranstaltung mit hohem Mehrwert. Wie das? Zu Beginn können sich die Teilnehmer kurz in einer so genannten „Opening session“ vorstellen. Diese kurze Präsentation erfolgt teilweise mit nur drei selbst gewählten Stichworten, den sogenannten „Hashtags“, zur eigenen Person und/oder dem Thema. Anschließend haben alle, die selbst  einen Vortrag halten oder eine Diskussionsrunde einbringen möchten, die Möglichkeit, ihr Thema vorzustellen. Das kann ein Vortrag oder auch eine offene Frage sein. Die anderen Teilnehmer geben danach per Handzeichen bekannt, ob sie dieser Vorschlag interessiert.

Mit Einzelsessions

Barcamp BWGV
Der sogenannten Grid, eine Art Stundenplan beziehungsweise über den Tag festgelegte Sessions, der an gut sichtbaren Stellen aufgehängt wird.

Der Organisator verteilt anschließend die ausgewählten Sessions über den Tag und die vorhandenen Räume. Damit entsteht wie früher zu Schulzeiten ein Stunden- beziehungsweise ein Sessionplan, der sogenannte „Grid“. Dieser Sessionplan wird an gut sichtbaren Stellen aufgehängt oder digital veröffentlicht. Nach dem Prinzip der Eigenverantwortung organisieren sich die Teilnehmer von hier an selbst.

In der Schlussphase eines Barcamps gibt es häufig eine Feedback-Runde oder eine Zusammenfassung des Tages. Die konkreten Ergebnisse der einzelnen Sessions werden meist nicht präsentiert. Denn häufig verbreitet sich der Inhalt durch die Teilnehmer von ganz allein. Mittlerweile zeichnen manche Veranstalter die Sessions gleich als Video auf und teilen dieses dann in ihrer Community.

Netzwerken im Rahmenprogramm

Viele Organisatoren bieten außerdem am Vorabend oder nach dem Barcamp ein Get-together an. So können die Teilnehmer noch besser networken, vielleicht sogar an einer Bar. „Die offene Methodik, verbunden mit einem professionellen und gleichzeitig respektvollen „Du“ eignet sich aus meiner Erfahrung sowohl für Conventions, welche zu einem festgelegten Anlass zusammenkommen, wie auch für Volksbanken und Raiffeisenbanken, wo beispielsweise verschiedene Abteilungen/Mitarbeiter den aktuellen Stand ihres Tuns vorstellen, um dadurch Transparenz und gegenseitiges Verständnis zu erzeugen“, sagt Jens Becherer, Berater beim BWGV, der dieses Format in zahlreichen internen wie externen Organisationen als Teilnehmer erlebt und auch selbst durchführt.

Der BWGV hat bereits erfolgreich verschiedene Barcamps durchgeführt beziehungsweise in Planung:

BarCamp Wissenschaft

Das vom Bereich Interessenvertretung des BWGV veranstaltete BC hatte das Ziel, Genossenschaften, Hochschulen und Politik zusammen zu bringen.

Mitarbeiter-BarCamp des Bereichs Beratung Genossenschaftsbanken

Transparenz über die unterschiedlichen Erfolgsprojekte des Bereichs zu erhalten, war der Fokus der Veranstaltung. Mitarbeitende durften ihre Best Cases vorstellen, um gegenseitig voneinander zu lernen und Gutes weiterzugeben. Diese Art des Barcamps kann in jedem anderen Unternehmen funktionieren, da es überall wichtig ist, Transparenz zu schaffen und Wissen unter Kollegen weiterzugeben.

BarCamp für ländliche und gewerbliche Genossenschaften

Bei diesem für Februar 2020 geplanten Barcamp tauschten sich Genossenschaften aus dem Waren- und Dienstleistungsbereich sowie Winzer beziehungsweise Weingärtner rund um das Thema „Social Media“ und „E-Commerce“ aus. Die eigenen Erfolgstories können den anderen Genossenschaften präsentiert werden. Barcamps zu anderen Themenpools für die gleiche Zielgruppe sind in Vorbereitung.

GenoBarcamp

Dieses und ähnliche Netzwerktreffen finden mehrfach jährlich statt. Innovationen aus der Genossenschaftlichen Finanzgruppe finden regelmäßig ihre Zuhörer und Mitmacher. Etabliert in über 20 Ausgaben ist dieses Barcamp das Bekannteste bei den Volksbanken und Raiffeisenbanken und Vorreiter für andere Camps bei den Genossenschaften.

Ein Barcamp-Erfahrungsbericht

„Bar? Camp? Wissensvermittlung? Und dann noch alles vom BWGV? Klingt spannend – darauf lass‘ ich mich mal ein ...“ So lässt sich mein erster Gedanke zum Thema Barcamp gut zusammenfassen. Ich hatte zuvor noch an keinem Format wie diesem teilgenommen. Daher war ich darauf gespannt, was auf mich zukommen würde.

Schnell war klar, dass die traditionellen Seminare nichts mit diesem neuen Format zu tun haben. Denn bereits vor Beginn des Barcamps setzt man sich mit dem Leitthema auseinander und ich notierte mir hierzu Gedanken und Fragen. Sowohl die Inhalte als auch der Ablauf des Tages sind zu Beginn noch offen und entwickeln sich erst durch das Mitgestalten und das aktive Einbringen von Themen durch die Teilnehmer. Was mich vor allem an diesem Format überzeugt, sind die Einzelsessions! Hier tritt man mit den Kollegen in den Dialog und tauscht Erfahrungen sowie Do‘s und Dont‘s aus und findet am Ende der Session sogar noch einen Lösungsansatz für das eigene Thema.

Idealerweise ergeben sich durch die Diskussion Synergieeffekte in Kombination mit den Themen anderer Teilnehmer, da die Dialoge nicht nur in die Tiefe, sondern auch in die Breite beziehungsweise die Diagonale gehen.

Gleichzeitig ist ein Auf- und Ausbau des persönlichen Netzwerks mit Kollegen unterschiedlichster Banken möglich. Auch im eigenen Unternehmen ist das Format des Barcamps möglich. Wir leben in einer VUCA-Welt (Volatilität, Unsicherheit, Komplexität, Mehrdeutigkeit), daher ist die frühzeitige und richtige Kommunikation über neue Sachverhalte und Entwicklungen notwendig. Durch das Einbeziehen der betroffenen Kolleginnen und Kollegen wird aus einem „Kennen & Verstehen“ ein „Wollen & Dürfen“. Allein mit der Durchführung eines Barcamps signalisiert das Unternehmen, dass das gewählte Thema als wichtig eingeschätzt wird und es unter Einbeziehung aller Mitarbeiter angegangen werden muss. Entscheidend für den Erfolg eines bankinternen Barcamps ist auf jeden Fall das gemeinschaftliche Wollen. Die Bereitschaft, sich mit Neuem auseinander zu setzen – sowohl in Bezug auf die Thematik als auch auf das Diskussionsformat. Im Idealfall erwächst daraus ein nachhaltiges Konzept, das langfristig nicht zuletzt der Arbeitsplatzsicherung dient.

Das Barcamp setzt als Format neue Maßstäbe und eröffnet die Nutzung von Schwarmwissen – gemäß dem genossenschaftlichen Ansatz: „Was den Einzelnen nicht möglich ist, das vermögen viele.“

Heiko Harzer, VR-Bank Asperg-Markgröningen eG, Digitale Medien/E-Commerce

Artikel versenden