Springe direkt zum Inhalt , zum Menü .

VR-InnovationsPreis Mittelstand: Künstliche Intelligenz hilft Landwirtschaft bei Unkrautbekämpfung

Preisträger VR-InnovationsPreis Mittelstand 2023
BWGV

/

Modernste Technik auf dem Acker: Ein vollelektrischer, autonom fahrender Feldroboter – in Baden-Württemberg entwickelt und zur Marktreife gebracht – übernimmt mithilfe Künstlicher Intelligenz (KI) die Unkrautbekämpfung in der Landwirtschaft und hilft somit dabei, den Einsatz von Herbiziden zu reduzieren. Dafür erhält die Firma Farming revolution GmbH aus Ludwigsburg den VR-InnovationsPreis Mittelstand 2023 der baden-württembergischen Volksbanken und Raiffeisenbanken. Überreicht wurde der mit 20.000 Euro dotierte Preis von Dr. Roman Glaser, Präsident des Baden-Württembergischen Genossenschaftsverbands (BWGV), und Dr. Nicole Hoffmeister-Kraut (CDU), Ministerin für Wirtschaft, Arbeit und Tourismus des Landes Baden-Württemberg, beim VR-Mittelstandstag am heutigen Dienstag (20. Juni) in Mannheim. Der zum 23. Mal verliehene VR-InnovationsPreis gehört zu den wichtigsten und höchst dotierten Auszeichnungen für den baden-württembergischen Mittelstand.

Insgesamt wurden drei Preise und 50.000 Euro für zukunftsweisende Innovationen vergeben. Die Falkenstein GmbH & Co. KG aus Bad Schussenried (Landkreis Biberach) macht als Gewinner des ebenfalls mit 20.000 Euro dotierten Preises des Handwerks mit seiner Innovation Gebäude zu Kraftwerken. Das Unternehmen hat ein System entwickelt, das aus der Gebäudehülle inklusive des Dachs den selbst benötigten Energiebedarf (Wärme und Strom) komplett erwirtschaftet.

Der mit 10.000 Euro dotierte Förderpreis der Genossenschaftlichen FinanzGruppe Volksbanken Raiffeisenbanken geht an das Start-up CellForm Hydrogen GmbH & Co. KG aus Baienfurt (Landkreis Ravensburg) für ein neues Verfahren bei der Herstellung und Formung von Bipolarplatten für Brennstoffzellen und Elektrolyseanlagen. Dieses innovative Verfahren macht die Wasserstofftechnologie energieeffizienter und günstiger – und kann ihr damit zum Durchbruch verhelfen.

„Technologischer Fortschritt und moderne Techniken sind der Schlüssel für mehr Umwelt- und Klimaschutz, die Mobilitätswende, die Transformation der Landwirtschaft, das Schaffen von energetisch modernem Wohnraum oder die Stärkung des ländlichen Raums“, betonte Glaser bei der Preisverleihung. Er machte deutlich: „Wir müssen mehr auf Innovationen setzen statt auf eine rückwärtsgewandte Verbotskultur. Nur so können wir die großen Herausforderungen unserer Zeit bewältigen.“ Der BWGV-Präsident sieht daher Politik, Gesellschaft und Wirtschaft gleichermaßen gefordert, ein innovationsfreundliches Klima zu schaffen und den Einsatz von Innovationen zu unterstützen.

Ebenso brauche es verlässliche Finanzpartner und passgenaue Fördermöglichkeiten, damit die Ideen von kleinen und mittelständischen Unternehmen nicht am notwendigen Kapital scheitern. Glaser: „Die Volksbanken und Raiffeisenbanken kennen ihre Kunden und werden ihrer Rolle als Innovationsförderer und Transformationsbegleiter gerecht.“ So haben im vergangenen Jahr die Volksbanken und Raiffeisenbanken in Baden-Württemberg Unternehmen und Betriebe mit Krediten in Höhe von 54,3 Milliarden Euro unterstützt. „Unsere mittelständisch aufgestellten Volksbanken und Raiffeisenbanken im Land finanzieren Innovation und Wachstum und sind damit Garant für Wohlstand“, stellte der BWGV-Präsident bei der Preisverleihung vor mittelständischen Unternehmerinnen und Unternehmern sowie genossenschaftlichen Bankvertretern in der SAP Arena in Mannheim heraus.

Diese Aspekte unterstrich auch Ministerin Hoffmeister-Kraut beim Mittelstandstag: „Die Herausforderungen der Transformation und die multiplen Krisen unserer Gegenwart machen es geradezu erforderlich, dass wieder mehr Menschen Mut zum Unternehmertum haben. Die diesjährigen Preisträger und ihre Innovationen sind leuchtende Vorbilder dafür. Nur mit Innovation wird es uns gelingen, die Herausforderungen der Gegenwart zu meistern und in Chancen zu verwandeln“. Die Ministerin fordert auch ein Umdenken in der Politik, die Rahmenbedingungen für Unternehmen verbessern und Bürokratie abbauen müsse, um den Zukunftsmacherinnen und Zukunftsmachern den Rücken zu stärken. An die Adresse der baden-württembergischen Volksbanken und Raiffeisenbanken gerichtet sagte Hoffmeister-Kraut: „Ich danke Ihnen, dass Sie unserer mittelständischen Wirtschaft – auch und gerade in Krisenzeiten – ein verlässlicher Partner sind.“

Hauptpreis: Künstliche Intelligenz hilft Landwirtschaft

Wie Herausforderungen angepackt und die Landwirtschaft in ihrem Transformationsprozess zu mehr Klima- und Umweltschutz unterstützt werden kann, zeigt die Firma Farming revolution GmbH. Sie hat eine weltweit führende, KI-basierte Pflanzenerkennung entwickelt, die sowohl am Tag als auch in der Nacht mit höchster Präzision (99 Prozent) Nutzpflanzen von Unkräutern unterscheidet und das Unkraut mechanisch bekämpft. Diese Innovation aus Ludwigsburg macht damit aufwändige und mühsame Handarbeit überflüssig und hilft dabei, auf den Einsatz von Herbiziden zur Unkrautregulierung zu verzichten. Der Hackroboter „Farming GT“ befährt dank GPS-Technik autonom die Bestände, unterscheidet mithilfe KI-gestützter Kameratechnik Nutzpflanzen und Unkräuter und bearbeitet die oberste Bodenschicht in und zwischen den Reihen, um Unkräuter mechanisch zu bekämpfen.

Das angewandte Verfahren hebt sich von herkömmlichen Pflanzenerkennungs-Methoden ab, die anhand von Farbton und Größe die Pflanzen erkennen. Diese Methoden tun sich im Normalfall schwer bei gesäten Kulturpflanzen im Keimblattstadium, bei hohem Unkrautdruck mit überlappenden Pflanzen und bei schweren Lichtbedingungen – etwa bei Schatten oder bei direkter Sonneneinstrahlung. Bei den Hackrobotern aus Ludwigsburg ist das anders. Fachleute aus der Branche bescheinigen Farming revolution einen technologischen Vorsprung am Markt von zwei Jahren.

Die vollelektrischen Feldroboter werden von den Landwirten gemietet und in Eigenregie etwa bei Zuckerrüben, Kohl und Eissalat eingesetzt. Künftig sollen Mais, Getreide, Soja, Kartoffeln und Gemüsebau hinzukommen. Weil die Maschinen auch im Winter in Südeuropa vermietet werden, kann das Unternehmen einen ganzjährigen Einsatz der Roboter sicherstellen. Zukunftsperspektiven für seine Innovation sieht das Unternehmen, für das die VR-Bank Ludwigsburg die Patenschaft übernommen hat, bei der gezielten Düngung der Bestände und der Bekämpfung von Pflanzenkrankheiten und -schädlingen sowie bei der automatisierten Bewässerung von Ackerflächen.

Preis des Handwerks: Gebäude als Kraftwerke

Beim Gewinner des Preises des Handwerks, der Firma Falkenstein GmbH & Co. KG, basiert die Innovation namens „equatop“ auf einer witterungsfesten Dacheindeckung ohne Ziegel, die durch die Verbindung von Solarthermie und Photovoltaik Wärme und Strom klimaneutral erwirtschaftet. Die entwickelten Elemente sind hagelstabil, wasserdicht, orkansicher sowie gewichtsarm und können auch an der Außenfassade eines Gebäudes angebracht werden oder diese ersetzen. Damit kann die Gebäudehülle in Kombination mit einer Solar-Wärmepumpe und Erdspeichern den komplett benötigten Energiebedarf (Wärme, Kälte, Strom) bereitstellen. Muss bislang jegliche Form von Energieerzeugung auf Dach und Fassaden zusätzlich aufgebaut werden, wird mit der Innovation aus Bad Schussenried das Gebäude selbst zum Kraftwerk.

Aufgrund der gegenüber herkömmlichen Dachziegeln wesentlich leichteren Bauweise kann ein Gebäudebestand mit dem equatop-System ohne größeren Aufwand statisch um ein Geschoss erhöht werden. So kann neuer Wohnraum auf bereits versiegelter Fläche geschaffen werden, etwa bei einer Innenstadtverdichtung. Projektbeginn war im März 2018, seit August 2022 ist die Firma Falkenstein, deren Pate die Raiffeisenbank Bad Schussenried-Aulendorf ist, mit ihrem Produkt am Markt. Das Unternehmen sieht für sein Produkt noch viel Potenzial in der Zukunft. Allein in Deutschland gibt es derzeit 19 Millionen Gebäude, die energetisch dringend saniert werden müssten.

Förderpreis: Bipolarplatte als Durchbruch für Wasserstofftechnologie

Den Förderpreis der Genossenschaftlichen FinanzGruppe Volksbanken Raiffeisenbanken erhält die CellForm Hydrogen GmbH & Co. KG mit der Volksbank Altshausen als Patin. Das Unternehmen erforscht und produziert in den hoch innovativen Feldern der Brennstoffzellen und Elektrolyseanlagen eine der wesentlichen Schlüsselkomponenten: die Bipolarplatte. Sie hat ein Verfahren entwickelt, das die Herstellung der Platten bedeutend kostengünstiger macht, und deren technischen Gestaltungsmöglichkeiten signifikant erweitert. Damit geht sie die beiden wesentlichen Nachteile der Wasserstofftechnologie – zu hohe Herstellungskosten und zu geringe Gesamtenergieeffizienz – an. Auf diese Weise können die Produkte aus Baienfurt Wegbereiter für den Durchbruch der Wasserstofftechnologie sein.

Im innovativen, komplett neu konzeptionierten CellForm-Prozess werden sehr filigrane Metallbleche in einem mehrstufigen mechanischen Umformungsprozess geprägt und anschließend mittels Lasertechnik verschweißt. CellForm ist in der Lage, wesentlich dünnere Bleche (0,05 Millimeter) und filigranere Geometrien zu formen. Damit werden Effizienzsteigerungen erreicht, die mit bestehenden Technologien nicht möglich waren. Außerdem können durch die angewandte Schweißtechnologie kleinste Kanalabstände prozesssicher und schnell verschweißt werden. Da Bipolarplatten mehrere hundert Mal je Brennstoffzelle verbaut werden, wirken sich schon kleinste Verbesserungen massiv auf die Gesamtbilanz aus. Zur Einordnung: In einem Brennstoffzellen-Auto werden 400 bis 500 Bipolarplatten verbaut.

Ein großer Vorteil des Unternehmens ist, dass alle Kompetenzen zur Herstellung von Bipolarplatten unter einem Dach vereint sind – vom Pressenbau und der dazugehörigen Automation über den Werkzeugbau und die Umformtechnik bis hin zur Laserschweißtechnologie. Dies liegt daran, dass die CellForm Hydrogen GmbH & Co. KG ein sogenanntes Spin-off ist, also eine Ausgründung aus drei familiengeführten mittelständischen Unternehmen aus dem Raum Bodensee-Oberschwaben, die ihr Know-how in der Umformtechnik, Schweißtechnik und Automation gebündelt haben.

VR-Mittelstandstag mit namhaften Gästen und Referenten

Die Preisverleihung war Teil des traditionellen VR-Mittelstandstags der baden-württembergischen Volksbanken und Raiffeisenbanken in der Mannheimer SAP Arena. Unter dem Titel „Chancen statt Chaos – die Welt von morgen“ haben namhafte Referentinnen und Referenten aus Wirtschaft, Forschung, Sport und Musik die Herausforderungen und Chancen beleuchtet, um auch in schwierigen Zeiten erfolgreich zu sein. Hauptredner war der ehemalige Richter des Bundesverfassungsgerichts, Prof. Dr. Dr. Udo Di Fabio, der zum Thema „Soziale Marktwirtschaft – Grenzen von staatlichem Dirigismus?“ sprach und Anstöße für weiterführende Diskussionen gab. Die Gesamtmoderation hatte ZDF-Journalistin Gundula Gause.

Artikel versenden