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Politik trifft landwirtschaftliche Praxis: Genossenschaften fordern zukunftsgerichtete Agrarpolitik

Teilnehmer der Veranstaltung "Politik trifft landwirtschaftliche Praxis"
BWGV

Massiv gestiegene Betriebskosten, hoher internationaler Wettbewerbsdruck, inflationsbedingte Preissensibilität bei den Verbrauchern, neue gesetzliche Vorgaben sowie die Anstrengungen durch die Transformation belasten die Landwirtschaft und die genossenschaftlichen Unternehmen der Agrar- und Ernährungswirtschaft in Baden-Württemberg enorm. „Die Vielfalt der Herausforderungen ist gewaltig, immer mehr Betriebe sehen keine Zukunftsperspektive mehr“, betont Dr. Roman Glaser, Präsident des Baden-Württembergischen Genossenschaftsverbands (BWGV). Anlässlich einer Diskussionsrunde zwischen Landtagsabgeordneten und Genossenschaften im Stuttgarter Geno-Haus macht er deutlich: „Unsere Genossenschaften stemmen sich auf beeindruckende Weise gegen die multiplen Krisen und werden ihrer Verantwortung uneingeschränkt gerecht: Sie sichern unsere Ernährung. Damit dies auch in Zukunft so bleibt, braucht es eine gestaltende und zukunftsgerichtete Agrarpolitik, die für faire Wettbewerbsbedingungen innerhalb Europas sorgt und mehr auf Innovationen und weniger auf Verbote setzt.“

Insbesondere die Bewirtschaftung im Sonderkulturanbau sowie im Bereich der Tierhaltung sei oft nicht mehr wirtschaftlich tragfähig. Glaser: „Betriebsaufgaben sind die Folge, und die Produktion wird zunehmend ins Ausland verlagert. „Dies kann keiner wollen. Unter den Aspekten der Ernährungssicherung, der regionalen Wertschöpfung, sowie dem Erhalt der Kulturlandschaft und Artenvielfalt muss landwirtschaftliche Produktion und Weiterverarbeitung im Land gestärkt werden.“

Betriebsaufgaben müssen verhindert werden

„Politik trifft landwirtschaftliche Praxis“ war die Veranstaltung des BWGV am Dienstag, 04.07.2023, überschrieben. Mit landwirtschaftlichen Genossenschaften diskutierten die agrarpolitischen Sprecher Martin Hahn MdL, Fraktion GRÜNE, Klaus Burger MdL, CDU-Fraktion, Georg Heitlinger MdL, FDP/DVP-Fraktion und Jan-Peter Röderer MdL, SPD-Fraktion. Tenor aller Beteiligten war: Politik und Praxis müssen stets im engen Austausch bleiben.

Die Teilnehmenden waren sich außerdem einig, dass Bekenntnisse zur regionalen Landwirtschaft und Imagekampagnen alleine nicht ausreichen, um Betriebsaufgaben im großen Stil im Land gerade im Sonderkulturbereich und der Tierhaltung zu verhindern. Vielmehr brauche es verlässliche Partner in Politik und Wirtschaft, Ehrlichkeit und eine klare strategische Ausrichtung. Wie Politik hier unterstützen muss, wurde am Beispiel des offenen EU-Binnenmarkts beleuchtet. Entstehende Wettbewerbsnachteile für regionale Produkte aufgrund der in Deutschland geltenden höheren ökologischen und sozialen Standards müssten kompensiert und Produktionsbedingungen harmonisiert werden. Nur so könnten heimische Produkte im Wettbewerb bestehen. Insbesondere der Verordnungsentwurf über die nachhaltige Verwendung von Pflanzenschutzmitteln (SUR) innerhalb der EU ist bei Genossenschaften und ihren Mitgliedsbetrieben Anlass zu großer Sorge. Wenn Schutzgebiete tatsächlich so betroffen sein werden wie im vorgelegten Entwurf, werden viele Betriebe Flächen nicht mehr bewirtschaften können und aufgeben müssen, gaben die Genossenschaften den Politikern mit auf den Weg. 

Kostensteigerungen belasten enorm

Ein Thema waren auch die Auswirkungen durch den Mindestlohn: Die Lohnkosten machten nach Anhebung des Mindestlohns teilweise mit bis zu 60 Prozent bei Erdbeeren den Löwenanteil der Kosten aus, verdeutlichten einige Genossenschaftsvertreter.

Diskutiert wurde zudem über die Vorhaben zum Umfang der Bio-Produktion im Land, die ohne entsprechende Nachfrage der Verbraucherinnen und Verbraucher so nicht umsetzbar seien. Weitere Nachfragepotenziale regionaler Bio-Produkte beispielsweise in der Außer-Haus- und der Gemeinschaftsverpflegung müssten konsequenter genutzt werden. Dafür sei unter anderem eine einfache und deutliche Kennzeichnung regionaler Bioprodukte in diesem Bereich notwendig. Dann könnten auch entstehende Marktpotenziale von Genossenschaften genutzt werden. Betont wurde zudem, dass die in dem vom Land initiierten Strategiedialog Landwirtschaft entwickelten Handlungsempfehlungen auch zur Anwendung kommen müssen.

von links nach rechts:  Ute Bader (BWGV), Georg Heitlinger MdL, Martin Hahn MdL, Dr. Teresa Walter (BWGV), Klaus Burger MdL, Jan-Peter Röderer MdL, Anja Roth (BWGV)
von links nach rechts: Ute Bader (BWGV), Georg Heitlinger MdL, Martin Hahn MdL, Dr. Teresa Walter (BWGV), Klaus Burger MdL, Jan-Peter Röderer MdL, Anja Roth (BWGV)
Teilnehmende der BWGV-Veranstaltung „Politik trifft landwirtschaftliche Praxis“
Teilnehmende der BWGV-Veranstaltung „Politik trifft landwirtschaftliche Praxis“
Teilnehmende der BWGV-Veranstaltung „Politik trifft landwirtschaftliche Praxis“
Johannes Bliestle (Reichenau-Gemüse eG), Martin Hahn MdL und Ute Bader (BWGV)

 

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