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Online-Gründung der Schülergenossenschaft „Klamottenkiste“

Schülergenossenschaft Klamottenkiste gewinnt Preis
Werner Klingel

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Die „Klamottenkiste“ ist die Schülerfirma an der Albertville-Realschule in Winnenden. Sie wurde 2009 im Verbund mit der Robert-Boehringer-Hauptschule gegründet. Die Initialzündung für das gemeinsame Projekt stellte die Teilnahme an dem jährlich ausgelobten Bildungspreis des Kompetenzzentrums Ökonomische Bildung der Stiftung Würth dar. Ursprüngliche Geschäftsidee war das Bedrucken von Textilien. Es sollte die Möglichkeit entstehen, bezahlbare und hochwertige Schulkleidung herzustellen und zu verkaufen. 2011 schied die Robert-Boehringer-Hauptschule aus dem gemeinsamen Unternehmen aus.

Erweiterte Produktpalette und eine neue Idee

Über die Jahre wurde die Angebotspalette beständig erweitert und die Schülerfirma um ein Café ergänzt, das Kundschaft anlocken sollte. Zwar wurde fortan begeistert Kaffee getrunken, der schulinterne Absatz der Druckprodukte − ganz im Gegensatz zu den externen Aufträgen − aber nicht angekurbelt. 

Vielleicht war es die Konsequenz aus dem Erfolg des „Kistenkaffees“, jedenfalls stand irgendwann die Idee im Raum, die koffeinhaltigen Gaumenfreuden in Eigenregie zu veredeln. Dieser Schritt wäre zu dem Zeitpunkt nicht möglich gewesen, wenn der Trommelröster als Schlüssel zum Kaffeegenuss nicht von einem Kooperationspartner zur Verfügung gestellt worden wäre. Und weil sich die Belegschaft der „Klamottenkiste“ dachte, dass eine Bewerbung bei dem schon erwähnten Bildungspreis der Stiftung Würth im Zehn-Jahres-Rhythmus nervlich vertretbar sei, bewarb sie sich erneut mit der neuen Geschäftsidee und qualifizierte sich für den Kreis der förderwürdigen Vorhaben.

Genossenschaft? Genossenschaft!

Klamottenkiste eSG

Die Idee einer Genossenschaft wurde den Schülerinnen und Schülern der „Klamottenkiste“ schon mit der Erweiterung um einen weiteren Geschäftsbereich nähergebracht. Dabei blieben Notwendigkeit und Vorteile dieser Wirtschaftsform zunächst recht abstrakt. Bis zu eben diesem Moment, in dem das fleißige Röstglück qualmend seinen Betrieb einstellte und eigene Kaffeekreationen in weite Ferne rückten. Die schnelle Idee: Mit einer Gruppe Gleichgesinnter ein Ziel verfolgen, dessen Realisierung alleine unmöglich gestemmt werden kann. Ein neuer Röster musste her. Angemerkt sein soll hier, dass der Röster glücklicherweise von einem großen Freund der Schülerfirma repariert werden konnte. 

Erste Schritte und eine große Partnerin

Es ging alles ganz schnell. Dietmar Blaß, Beauftragter für Schülergenossenschaften beim BWGV, klärte über die Eckpunkte einer Schülergenossenschaft auf und vermittelte einen Partner, mit dessen Hilfe ein neues Kapitel in der Firmengeschichte der „Klamottenkiste“ aufgeschlagen werden konnte. Norbert Pittelkow von der Südbund eG, dem Einkaufsverband für Heimtextilien in Backnang, stand den Neulingen geduldig, kompetent und rund um die Uhr auch in Corona-geplagter Zeit mit Tat und Rat zur Seite.

Das Kistenteam 2021

„Alleine sind wir schon unglaublich. Aber in der Gruppe wird es fast schon unerträglich.“ Ein Team wie Pech und Schwefel, engagiert bis in die Haarspitzen, Tag und Nacht im Einsatz. Natürlich ist es schwierig, über eine so lange Zeit der Distanz zu allen Beteiligten gleichermaßen Kontakt zu halten. Es kristallisierte sich jedoch schnell eine Gruppe Verantwortlicher heraus, die sich der Zukunft „kistengerecht“ annahmen. Maik bändigte den Röster nach dessen Reparatur, Mika band sich die Barista-Schürze um, Annika wurde zur Königin der Zahlen gekürt, Moritz zum strengen Schatzmeister. Lea zerbrach sich den Kopf über das Erscheinungsbild der Klamottenkiste, Stephan und Simon nahmen sich der „Kulturbühne“ an. Bianca brillierte in einer Doppelrolle aus Designerin und Personalchefin. Gab es ein Problem zu lösen: Lovis stand bereit. Aber alles wäre nicht so gut gelaufen, wenn nicht Nadja alle Fäden souverän und ohne Verknotungen in ihrer Hand gehalten hätte. 

Corona und ein Neustart

Unternehmensgründungen in einer weltweiten Pandemie mit strengen Auflagen und der Verlagerung persönlicher Kontakte ins Digitale stellen bestimmt eine besondere Herausforderung dar. Zudem drängte die Zeit, wollten die Verantwortlichen der Schülerfirma die Umwandlung in eine Genossenschaft unbedingt innerhalb des Zeitraums vollziehen, den die Teilnahme an dem Bildungspreis der Firma Würth definierte. Das Ende der Hygienemaßnahmen abzuwarten schied als Option aus. Somit musste die Gründung der Schülergenossenschaft und alle notwendigen vorgelagerten Prozesse per Videokonferenz stattfinden. Eine Satzung wurde erstellt und zahlreiche Detailfragen mit Norbert Pittelkow geklärt. Die Schülerinnen und Schüler fanden sich in ihre zukünftigen Verantwortungsbereiche ein und wurden nebenbei zu Digitalprofis. 

Der eigentlichen Online-Gründung der Schülergenossenschaft ging eine Informationsveranstaltung voraus, zu der sich alle Interessierte anmelden konnten. Das Kisten-Team präsentierte Struktur und Zielsetzungen der Schülerfirma.

Gründung per Videokonferenz und die vielleicht erste Online-Kaffeeverkostung 

10. Juni 2021, 18.58 Uhr: Durchatmen, Mut zusprechen, Testlauf der Präsentation abschließen und pünktlich um 19 Uhr die digitalen Pforten zur Gründungsversammlung der Klamottenkiste eSG öffnen. Viele helfende Hände lassen die Veranstaltung gelingen. Punkt für Punkt der Tagesordnung wird abgearbeitet. Für die notwendigen Abstimmungen steht ein Tool zur Verfügung,durch das das Votum der Anwesenden online abgerufen werden kann. 

Allen Gründungsmitgliedern wurde im Vorfeld ein Starterpaket zugeschickt, das neben der „Genusslizenz“ – dem Mitgliedsausweis – auch eine Kaffeeprobe der beliebtesten Eigenmischung „Bolly-Bohne“ enthielt. Röstmeister Maik führt durch die Degustation. Der Geruch des Kaffees wird bestimmt und diskutiert. Lautes Schlürfen (gewollt!) lässt das „Cupping“ nicht nur sicht-, sondern auch hörbar werden. Der mit heißem Wasser aufgegossene Kaffee wird auf der Zunge verteilt und stellt die Fähigkeit, Geschmack und Aromen zu erkennen, auf die Probe.

Die „Klamottenkiste“ hat sich der Nachhaltigkeit verschrieben. So konnte, wie schon beim ersten Durchgang vor zehn Jahren, ein wunderbarer zweiter Platz bei dem Würth-Bildungswettbewerb bejubelt werden.

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