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Obst und Gemüse: Witterung sorgt für geringere Erntemenge – Ergebnis noch zufriedenstellend

Spargelernte bei Gehrer Spargelwelt, Durmersheim
Gehrer Spargelwelt, Durmersheim

Auf ein Jahr mit großen witterungsbedingten Herausforderungen schaut die genossenschaftliche Obst- und Gemüsewirtschaft in Baden-Württemberg zurück. 224.000 Tonnen Obst und 112.000 Tonnen Gemüse haben die Mitgliedsbetriebe im Jahr 2016 bei den zwölf Genossenschaften beziehungsweise deren Vertriebsgesellschaften zur Vermarktung angeliefert. Dies entspricht einem Rückgang zum Vorjahr um 17 Prozent beim Obst und acht Prozent beim Gemüse. Dies teilte der Baden-Württembergische Genossenschaftsverband (BWGV) auf der Jahrespressekonferenz der baden-württembergischen Obst-, Gemüse- und Gartenbaugenossenschaften mit. „Insbesondere Hagel und Starkregen haben zu teils großen Ernteausfällen geführt“, betonte BWGV-Präsident Dr. Roman Glaser in den Räumen der Obst- und Gemüse-Absatzgenossenschaft (OGA) Nordbaden in Bruchsal. Da die Wetterkapriolen allerdings in ganz Deutschland zu einer geringeren Erntemenge geführt hatten, konnten höhere Preise bei der Vermarktung von Obst und Gemüse erzielt werden.

Der erwirtschaftete Gesamtumsatz der genossenschaftlichen Erzeugergroßmärkte und ihrer Vertriebsgesellschaften belief sich auf 453 Millionen Euro (Vorjahr: 485 Millionen Euro). Dies entspricht einem Rückgang von knapp sieben Prozent. Glaser: „Die höheren Preise konnten die Ernteausfälle zwar nicht gänzlich kompensieren. Im Mehrjahresvergleich können wir aber durchaus mit dem Ergebnis zufrieden sein.“ Mengen- und umsatzstärkstes Produkt waren in 2016 die Äpfel mit rund 80 Millionen Euro Umsatz bei 182.000 Tonnen vermarkteter Ernte. Die Erdbeeren steuerten 26,2 Millionen Euro Umsatz zum Gesamtergebnis bei, gefolgt von Spargel mit 25,6 Millionen Euro und Tomaten mit 24,2 Millionen Euro.

Eine Trendwende ist bei den Gurken zu beobachten: Nachdem in den vergangenen Jahren die Erlöse bei Gurken sehr schwach waren haben sich die Preise im zurückliegenden Jahr deutlich stabilisiert. 75 Cent haben die Erzeuger durchschnittlich pro Kilogramm erzielen können – im Jahr 2014 waren es gerade einmal 56 Cent.

Steigerungen bei den Gartenbaugenossenschaften

Die neun Gartenbaugenossenschaften in Baden-Württemberg erzielten in 2016 einen Gesamtumsatz mit ihren Mitgliedern von rund 30 Millionen Euro, drei Prozent mehr als im Vorjahr. Insgesamt haben die Mitglieder mit dem Verkauf von Blumen und Pflanzen wie im vergangenen Jahr auf baden-württembergischen Blumengroßmärkten einen Gesamtumsatz von rund 100 Millionen Euro erzielt.

Der bundesweite Zierpflanzenmarkt hat sich positiv entwickelt – insbesondere im Südwesten. Der Umsatz stieg über alle Produktgruppen hinweg um rund zwei Prozent, nachdem er im Vorjahr noch um etwa ein Prozent gesunken war. Gewinner waren Beetblumen und Kräuter. Der heimische Markt setzt bei den Beetblumen auf regional erzeugte Ware: 80 Prozent der in Deutschland gekauften Pflanzen stammen aus dem Bundesgebiet. Für das Jahr 2017 erwarten die Erzeuger weiter steigende Umsätze mit Kräutern, vor allem bei den Salat-Kräutern wie Petersilie, Schnittlauch und Basilikum.

Gelungener Start in die neue Apfel-Vermarktungssaison

Uneinheitlich präsentierte sich die Apfelvermarktung im Jahresverlauf: Die Frühjahrsvermarktung 2016 der Ernte aus 2015 gestaltete sich aufgrund hoher Lagerbestände sowie internationalen Konkurrenzdrucks schwierig.

Die Nass-Kalt-Phase im Frühjahr sorgte für einen langen Blühverlauf. Nachtfröste führten Ende April zu Ertragsausfällen und auch zu Qualitätsbeeinträchtigungen. Insgesamt reduzierte sich der genossenschaftliche Gesamt-umsatz bei den Äpfeln um fünf Prozent bei rund zwölf Prozent geringerer Vermarktungsmenge. Dagegen vermelden die genossenschaftlichen Erzeugergroßmärkte einen gelungenen Start in die neue Apfel-Vermarktungssaison, weil die europäische Apfelernte niedriger als im Vorjahr ausfiel. Die Herbstvermarktung der im internationalen Vergleich besseren deutschen Apfelernte profitierte davon.

Gute Mengen und Qualität bei Spargel erwartet

Ebenfalls positiv schauen die Genossenschaften hinsichtlich der zu erwartenden Spargelernte in die Zukunft. „In der vergangenen Woche wurde in Durmersheim im Landkreis Rastatt der erste baden-württembergische Spargel aus dem Sonnentunnel gestochen“, vermeldete Glaser und erläuterte: „Die Kälte im Januar und die nun angezogenen Temperaturen sind gut für den Spargel, sodass wir mit einer guten Erntemenge rechnen.“ Mit 5.550 Tonnen wurde im vergangenen Jahr die Absatzmenge des Jahres 2015 um sechs Prozent nur leicht unterschritten, der Gesamtumsatz blieb dank höherer Kiloerlöse von durchschnittlich 4,48 Euro mit 25,6 Millionen Euro nahezu unverändert. Bundesweit konnte in 2017 der erste deutsche Spargel bereits rund zwei Wochen vor dem Erntebeginn in den Sonnentunneln gestochen werden. Grund dafür sind bodenerwärmte Spargelanlagen, die Abwärmeleitungen von Blockheizkraftwerken nutzen. Diese Technik zur Bodenerwärmung hat im vergangenen Jahr auf noch niedrigem Niveau in Deutschland weiter zugenommen. Verfrühungstechniken und geschützter Anbau gewinnen auch beim Spargel immer mehr an Bedeutung.

Deutlich weniger Erdbeeren im Jahr 2016

Anders bei den Erdbeeren, die besonders stark unter der feuchten Witterung und dem Hagel gelitten haben. Insgesamt wurden 10.300 Tonnen vermarktet – 25 Prozent weniger als im Vorjahr. Da die Erdbeerernte im gesamten Bundesgebiet schwächer ausfiel, konnte der Umsatzrückgang etwas abgeschwächt werden. Insgesamt wurden 2016 mit Erdbeeren 26,2 Millionen Euro umgesetzt – 14 Prozent weniger als im Jahr 2015. Mit einem erzielten Preis von 2,50 Euro lag der Kiloerlös um 30 Cent höher. Die ungünstige Witterung sorgte bei den Strauchbeeren (Johannisbeeren, Himbeeren, Brombeeren, Stachelbeeren und Heidelbeeren) zu Ernteausfällen in Höhe von 15 Prozent: Insgesamt wurden 5.200 Tonnen vermarktet und damit 15,4 Millionen Euro umgesetzt, ein Rückgang von neun Prozent.

Gute Kilopreise bei Zwetschgen

Bei den Zwetschgen konnte trotz guter Preise bei der Vermarktung die um 25 Prozent geringere Erntemenge hinsichtlich des Erlöses nicht kompensiert werden: Mit einem Kilogrammpreis von durchschnittlich 80 Cent über alle Sorten erzielten die genossenschaftlichen Erzeugermärkte einen Gesamt-umsatz in Höhe von 9,7 Millionen Euro  – ein Minus von 21 Prozent. Eine Umsatzsteigerung um neun Prozent auf 5,3 Millionen Euro verbuchen die genossenschaftlich vermarkteten Kirschen – trotz eines Mengenrückgangs um 23 Prozent auf 2.900 Tonnen.

„Das zurückliegende Jahr zeigt deutlich, welchen nicht beeinflussbaren Risiken die heimischen Obst- und Gemüsebauern ausgesetzt sind“, betonte BWGV-Präsident Glaser. „Infolge der kühlen Witterung im Frühjahr begann das Wachstum bei allen Kulturen erst mit zwei Wochen Verspätung. Dann sorgten ergiebige Regenfälle vom Frühjahr bis in die Mitte des Sommers hinein sowie Hagel im Juni für entsprechende Feldverluste. Im Gegenzug war der Spätsommer und Herbst von großer Trockenheit und Hitze geprägt. Hinzu kam, dass im zurückliegenden Jahr auch die Kirschessigfliege wieder für große Schäden sorgte. „In einer feucht-warmen Witterung fühlt sich die Kirschessigfliege wohl und vermehrt sich stark“, so Glaser.

Geschützte Bereiche im Obst- und Gemüseanbau zunehmend wichtig

„Im Sinne einer verlässlichen Versorgung der Bevölkerung mit gesunden heimischen Lebensmitteln werden geschützte Bereiche im Obst- und Gemüseanbau zunehmend wichtig“, betonte der Präsident des BWGV. Gewächshäuser für Gemüse, Verfrühungstunnel für Erdbeeren und Spargel, Hagelschutznetze für Kernobstanlagen und Überdachungen für Kirschbäume – Betriebe, die bereits über geschützte Bereiche verfügen, hatten in 2016 weniger Einbußen zu beklagen. Sie konnten mit einer guten Qualität überzeugen und somit von guten Vermarkungschancen profitieren. „Produktionssicherung ist auch Versorgungssicherung“, stellte Glaser heraus, der daher um mehr Verständnis seitens der Politik und Gesellschaft bei An- und Neubauvorhaben von landwirtschaftlichen Betrieben wirbt.

„Unsere Obst- und Gemüsebauern übernehmen mit der Produktion gesunder regionaler Lebensmittel eine wichtige gesellschaftliche Aufgabe, die viel mehr wertgeschätzt werden muss“, so Glaser. Gerade angesichts der Tatsache, dass die Betriebe nicht nur mit dem Wetter sondern mit weiteren vielfältigen Herausforderungen zu kämpfen haben. Neben dem russischen Einfuhrstopp für Lebensmittel aus der EU stellte Glaser insbesondere die kontinuierlich steigenden Kosten für die Betriebe heraus, nicht zuletzt durch die Anforderungen des Mindestlohngesetzes.

„Genossenschaften sind verlängerter Arm der regionalen Erzeuger“

Glaser machte deutlich, wie wichtig Genossenschaften für die Erzeuger, aber auch für die Endverbraucher sind: „Genossenschaften sind der verlängerte Arm der regionalen Erzeuger zum Lebensmittelhandel. Ein Einkauf bei unseren Partnern des Lebensmittelhandels ist daher wie ein Einkauf beim Bauern“, betonte Glaser und stellte heraus: „Mehr als 80 Prozent des genossenschaftlich vermarkteten Obst und Gemüses gelangt über den Lebensmittelgroß- und Lebensmitteleinzelhandel direkt zu den Verbrauchern.“ Nur über den starken Zusammenschluss vieler eigenständiger Betriebe mithilfe von Genossenschaften sei die sichere und verlässliche Versorgung der Bevölkerung mit gesunden regionalen Produkten zu gewährleisten. Die 21 Obst-, Gemüse- und Gartenbaugenossenschaften sowie genossenschaftlichen Vertriebsorganisationen in Baden-Württemberg werden von rund 7.000 Einzelmitgliedern getragen.

OGA Bruchsal vermarktet Obst und Gemüse von 220 Erzeugern

Gastgeber der diesjährigen Pressekonferenz Obst, Gemüse, Gartenbau des Baden-Württembergischen Genossenschaftsverbands war die Obst- und Gemüse-Absatzgenossenschaft (OGA) Nordbaden eG in Bruchsal. Zusammen mit ihrer Vertriebsorganisation, der OGV Nordbaden, vermarkten sie Obst und Gemüse von rund 220 Erzeugern. Das Erfassungsgebiet in Baden-Württemberg umfasst den Landkreis Rastatt, den Enzkreis, die Landkreise Karlsruhe, Heilbronn, Neckar-Odenwald und Rhein-Neckar. Darüber hinaus zählt die OGA viele leistungsfähige Betriebe in ganz Deutschland zu ihren Mitgliedsbetrieben. Neben Bruchsal sind die OGA und OGV auch in Heidelberg vertreten und verfügen an beiden Standorten über eine Fläche von insgesamt rund 60.000 Quadratmetern. Zu ihren Kunden zählen der Lebensmitteleinzelhandel, der Obst- und Gemüsefachhandel sowie die verarbeitende Industrie. Die OGA gehört deutschland- und europaweit zu den führenden genossenschaftlichen Vermarktungseinrichtungen bei Spargel.

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