Die Informationstour mit BWGV-Präsident Dr. Roman Glaser und Dr. Ansgar Horsthemke, Co-Leiter des BWGV-Bereichs MitgliederCenter, startete für Memmert im Breisgau bei der Schwarzwaldmilch GmbH, Freiburg. Der DRV-Geschäftsführer und frühere Referent in der Abteilung „Genossenschaftliche Milchwirtschaft“ des DRV tauschte sich fachkundig mit Andreas Schneider, Schwarzwaldmilch-Geschäftsführer, und Markus Kaiser, Aufsichtsratsvorsitzender der Schwarzwaldmilch GmbH und Vorstandsvorsitzender der MEV Schwarzwaldmilch eG, aus. Im Fokus standen vor allem die aktuellen Herausforderungen im Milchbereich. Der fürchterliche Krieg in der Ukraine hat nicht nur Auswirkungen auf Verbraucherpreise für Diesel und Benzin, sondern auch auf die Milchmärkte in Deutschland und Europa. Insbesondere die Entwicklung bei Energie bereitet den Molkereigenossenschaften Sorgen. Es geht nicht nur um den Preis, sondern auch um die Verfügbarkeit. Das Abdrehen des Gashahns hätte katastrophale Folgen für die gesamte Kette der Milch. Die Lieferketten würden in geschätzten drei Tagen zusammenbrechen, wenn kein Gas mehr zur Verfügung stünde.
Die Schwarzwaldmilch setzt vor dem Hintergrund eines schwieriger werdenden Markts konsequent auf ihre innovative Markenpolitik und ist am Puls der Zeit – mit Influencer-Marketing und dem Mix aus „Bio“ und „Regionalität“. Ein weiteres Thema: die Zentrale Koordination Handel Landwirtschaft (ZKHL). Der Verein Zentrale Koordination Handel-Landwirtschaft e.V. (ZKHL) hat sich zum Ziel gesetzt, die Zusammenarbeit in der Lebensmittelkette nachhaltig zu verbessern. Dabei soll der Zukunfts- und Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Land- und Ernährungswirtschaft – unter Einbeziehung der gesellschaftlich relevanten Themen und Verbraucherwünsche – besondere Beachtung geschenkt werden.
Nach der Schwarzwaldmilch zur Affentaler Winzer eG
Die zweite Besuchsstation war in Bühl-Eisental bei der Affentaler Winzer eG. Dr. Ralf Schäfer, Geschäftsführer der Winzergenossenschaft und Mitglied des BWGV-Fachausschusses Wein, ist promovierter Önologe und selbst Winzer. Er definiert sein Haus vor allem über drei Begriffe, wie Thomas Memmert während der Betriebsführung erfuhr: Tradition, Innovation, Weltoffenheit. Es finden unter anderem Kellereiführungen statt, die von ausgebildeten Wine-Guides gestaltet werden. Derzeit gibt es eine verstärkte Zusammenarbeit der Winzergenossenschaft mit dem BWGV über zwei EIP-Agri-Projekte. Im Rahmen der Europäischen Innovationspartnerschaft „landwirtschaftliche Produktivität und Nachhaltigkeit“ (EIP-Agri) sollen Anreize für die projektbezogene Zusammenarbeit von verschiedenen Akteurinnen und Akteuren aus der Land-, Forst- und Ernährungswirtschaft geschaffen werden. Mit dem BWGV kommt die Affentaler Winzer eG im EIP-Agri-Projekt „legere Weine“ und im EIP-Agri-Projekt „nachhaltiger Wein“ zusammen. Durch die Zusammenarbeit von Wissenschaft und landwirtschaftlicher Praxis sollen im Projekt verschiedene existierende Wege beschritten beziehungsweise neu zu entwickelnde Wege gefunden werden, um eine nachhaltige Produktion von Weinen sowie deren erfolgreiche Vermarktung umzusetzen. Im EIP-Projekt „legere Weine“ liegt der Fokus auf der Förderung und Entwicklung neuer alkoholreduzierter Weinprodukte und die Entwicklung einer Einführungskampagne in den Markt.
Fachlicher Austausch im GENO-Haus
Der zweite Besuchstag stand im Zeichen des fachlichen Austauschs mit den Fachverantwortlichen des BWGV im GENO-Haus Stuttgart. Gemeinsam wurden viele landwirtschaftliche Themen aufgegriffen und diskutiert. Behandelt wurden allerdings auch Querschnittsthemen, wie das Thema Agri-Photovoltaik, zu dem der BWGV neben den landwirtschaftlichen Genossenschaften auch die Energiegenossenschaften noch stärker mit einbinden möchte. Zudem erhielt Dr. Memmert eine Führung durch die moderne Arbeitswelt im 1. OG des GENO-Hauses. Das offene Raumkonzept war schon des Öfteren Beispiel für die Umgestaltung anderer Unternehmen.
Den Abschluss der Besuchsreise bildete ein politisches Hintergrundgespräch mit Mandatsträgern zur aktuellen Situation in der Landwirtschaft. Insbesondere die Situation im Lebensmitteleinzelhandel mit dem Umgang von heimisch erzeugtem Obst und Gemüse stand dabei zur Debatte. BWGV-Präsident Dr. Roman Glaser hatte es in einer Presse-Information des Verbands Ende Mai auf den Punkt gebracht: „Die Mixtur aus hohen Energie- und Betriebskosten, Corona-bedingten Zusatzkosten und dem steigenden Mindestlohn ist explosiv. Die massive Kostenbelastung bringt viele Betriebe an den Rand des Verkraftbaren. Es steht zu befürchten, dass vor diesem Hintergrund zahlreiche Betriebe aufgeben müssen. Dies muss angesichts der Bedeutung der Ernährungssicherheit verhindert werden.“ Deshalb fordert Glaser von der Politik Entlastungen für die heimische Landwirtschaft – aber auch mehr Solidarität und Kooperationsbereitschaft durch den Einzelhandel.
Deutscher Raiffeisentag
Anlässlich des Deutschen Raffeisentags, der Anfang Juni in Berlin stattfand, sagte Franz Josef Holzenkamp, Präsident des Deutschen Raiffeisenverbands (DRV), vor rund 270 Führungskräften genossenschaftlicher Unternehmen: „Unsere Genossenschaften bekennen sich zu Klima- und Artenschutz, zur Energiewende, zu Nachhaltigkeit und Innovationen. Sie sind nicht Bremser, sondern Treiber, Ideen- und Lösungslieferant für die Transformation.“ Auch Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir hob beim Deutschen Raiffeisentag die Bedeutung der Genossenschaften hervor: „Genossenschaften sind unverzichtbarer Stützpfeiler der Landwirtschaft. Die Interessen der Genossenschaften will ich explizit in der Agrarpolitik künftig stärker berücksichtigen.“ Er würdigte die Rolle des DRV bei der Zukunftskommission Landwirtschaft (ZKL) und der Borchert-Kommission und betonte: „Die Ergebnisse jetzt in die Praxis zu überführen ist zentrale Aufgabe, um die Landwirtschaft zukunftsfähig zu machen. Dazu brauchen wir den Deutschen Raiffeisenverband.“
„Zeitenwende – wie weiter mit der Transformation?“ lautete das Motto des Raiffeisentags. Mit Blick auf die zusätzlichen Herausforderungen durch den Krieg in der Ukraine fordert Holzenkamp ein Belastungsmoratorium für die Agrar- und Ernährungsbranche. „Die Kosten für die Unternehmen explodieren, gleichzeitig steigen die Verbraucherpreise. Der Staat darf hier kein zusätzlicher Treiber sein“, erklärt der DRV-Präsident und ergänzt: „Wer in der jetzigen Zeit Verschärfungen von Sorgfaltspflichten entlang der Lieferkette oder die Abkehr von Handelsabkommen fordert, der provoziert Wettbewerbsnachteile und zusätzliche Belastungen der Verbraucherinnen und Verbraucher.“
